Novomatic: 300 Anzeigen eingestellt

Die Staatsanwaltschaft St. Pölten hat ein großes Verfahren gegen Novomatic eingestellt. In der Begründung berufe sich die Behörde auf einen Gesetzeskommentar zum Glücksspielgesetz, den ausgerechnet Novomatic-Boss Franz Wohlfahrt und sein Anwalt verfasst hätten, berichtet der „Falter“.

Es ging dem Bericht zufolge um rund 300 Anzeigen, die Stadtpolizeikommandos, Landeskriminalämter, Finanzämter, Staatsanwaltschaften und Spieler gegen den Konzern und dessen Manager erstattet hatten.

Novomatic sei stets vorgeworfen worden, in Österreich verbotenes Glücksspiel zu betreiben und damit ein Vermögen zu verdienen. Mit modernen Spielautomaten werde etwa in Spielhallen und Wirtshäusern das kleine Glücksspiel umgangen. Das - mittlerweile novellierte - Glücksspielgesetz (GSpG) sah einen Höchsteinsatz von 50 Cent pro Spiel und einen Gewinn von maximal zehn Euro vor.

Behörde beruft sich auf Novomatic-Expertise

Novomatic gab in dem Verfahren offenbar an, sich beim Betrieb seiner Automaten auf Gutachten verlassen zu haben - und kam damit bei der Staatsanwaltschaft durch: „Unabhängig davon, ob man der Rechtsmeinung des Rechtsanwalts Dr. (Walter) Schwartz folgt oder nicht, ist damit die Verantwortung des Beschuldigten, er habe sich beim Betrieb der Automaten auf Gutachten verlassen, nicht widerlegbar“, schreibt die Behörde in ihrem Einstellungsbeschluss laut „Falter“. Selbst wenn Novomatic-Manager rechtswidrig gehandelt hätten, sei das nicht strafbar, da ein „allfälliger Rechtsirrtum nicht vorwerfbar ist“.

Die Staatsanwaltschaft schloss sich dem Bericht zufolge der Rechtsmeinung des Glücksspielexperten Walter Schwartz - er habe die Novomatic-Geräte im Gegensatz zu vielen anderen Gutachtern als gesetzeskonform beurteilt - an und begründete das auch: Schwartz’ Expertise komme „erhebliche Bedeutung zu, zumal es sich bei diesem um einen Rechtsexperten des Glücksspielrechts in Österreich handelt“. Er sei Mitherausgeber des vom Manz-Verlag herausgegebenen Gesetzeskommentars zum GSpG, „Hinweise auf ein Gefälligkeitsgutachten“ fänden sich keine.

„Ungewöhnlich, rechtlich nicht zu beanstanden“

Der zweite Herausgeber des Gesetzeskommentars, auf den sich die Justiz beruft, sei Novomatic-Chef Wohlfahrt, schreibt der „Falter“. Und: Schwartz arbeite auch als Anwalt für den beschuldigten Konzern, zeige die Novomatic-Akte. Ein nicht namentlich genannter hoher Staatsanwalt bezeichnete das gegenüber der Zeitung als „ungewöhnlich“, jedoch „rechtlich nicht zu beanstanden“. Ein Novomatic-Sprecher bestätigte der APA am Nachmittag, dass die Verfahren eingestellt wurden.