Erste Konsequenzen gegen „Ungehorsame“

Kardinal Christoph Schönborn greift nun offenbar tatsächlich gegen Mitglieder der Pfarrerinitiative hart durch. Der Dechant des Dekanats Piesting (Bezirk Wiener Neustadt) hat sein Amt abgegeben. Er sei vor die Wahl gestellt worden, sein Amt oder seinen „Ungehorsam“ aufzugeben.

Das Gespräch mit Schönborn sei bereits am 11. Juni erfolgt. „Dabei habe ich die Erkenntnis gewonnen, dass 20 Jahre gediegene Dekanats-, Vikariats- und Diözesanarbeit nicht ausgereicht haben, das Vertrauen des Herrn Erzbischof zu gewinnen“, so Pfarrer Peter Meidinger, Dechant des Dekanats Piesting im südlichen Niederösterreich, in einem Schreiben an seine Mitbrüder.

„Alternativen“ waren nicht vorstellbar

„Vor die Wahl gestellt, Amt oder die Pfarrer-Initiative zu verlassen, habe ich mich für die Initiative entschieden, weil mir dieser Vorschlag unmoralisch erscheint und mit meinem Gewissen nicht vereinbar ist“, so Meidinger. „Der Name muss von der Liste weg“, habe Schönborn in dem Gespräch unmissverständlich klargestellt, so Meidinger.

„Alternativen“ seien für den Pfarrer nicht vorstellbar gewesen: So hätte der Dechant vor dem Priesterrat oder der Dekanatskonferenz klarstellen sollen, Probleme mit dem Wort „Ungehorsam“ zu haben. In seinem Schreiben heißt es: „Ich habe daher für mich die Konsequenzen gezogen und heute Morgen (12. Juni 2012) dem Herrn Erzbischof mitgeteilt, dass ich für das Amt als Dechant nicht mehr zur Verfügung stehe.“

Erzdiözese verteidigt Vorgehen bei Dechant

Die Erzdiözese Wien hat ihr Vorgehen gegen den „ungehorsamen“ Dechant im niederösterreichischen Piesting verteidigt. Bei diesem Amt sei gegenseitiges Vertrauen unerlässlich, sagte der Sprecher von Kardinal Schönborn, Michael Prüller. Zudem müsse ein Dechant darauf schauen, „dass die Ordnung der Kirche im Dekanat eingehalten wird“. Das sei allerdings mit einem Aufruf zum „Ungehorsam“ nicht vereinbar. Es handle sich um den ersten derartigen Fall.

Dechant Peter Meidinger sei auf dem Wahlvorschlag der Dekanatsversammlung an erster Stelle gestanden und sei gleichzeitig Mitglied der Pfarrerinitiative. Daraufhin habe ihn der Erzbischof gebeten, sich zumindest vom Aufruf zum „Ungehorsam“ zu distanzieren, so Prüller. Nur mit diesem expliziten Begriff und nicht mit den kritischen Inhalten der Pfarrerinitiative habe man ein Problem gehabt. Seinen Beruf als Pfarrer übe Meidlinger weiterhin aus, so Prüller.

Schönborns Sprecher verwies auch auf den vergangenen Priesterrat der Erzdiözese Wien am 10. Mai. Laut Protokoll hat Schönborn dabei festgestellt, dass er den Diskurs über die Themen der Pfarrerinitiative weiterhin führt, aber dass ein Aufrufen zum Ungehorsam die innere Einheit der Kirche gefährde. Er werde daher niemanden zum Dechanten ernennen, der am Aufruf zum Ungehorsam festhält. Wenn ein Mitglied der Pfarrerinitiative zur Ernennung vorgeschlagen wird, müsse der Erzbischof daher auf eine Distanzierung vom Ungehorsamsaufruf bestehen.

Pfarrerinitiative zeigt sich nicht überrascht

Bei der Pfarrerinitiative ist man zwar traurig, über das Ultimatum des Kardinals. Sei aber nicht überrascht, sagte Gründungsmitglied Hans Bensdorp. Schon länger würde sich das Gerücht hartnäckig halten, wonach kein Mitglied der Pfarrerinitiative eine höhere kirchliche Position erreichen soll. Es sei aber abgeshen von diesem Fall noch kein Druck auf einzelne Mitglieder der kirchenkritischen Initiave ausgeübt worden, sagte Bensdorp.

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