Fußfessel für Sextäter abgelehnt

Der Fall eines verurteilten Vergewaltigers aus Salzburg, der seine Haft mit einer Fußfessel abbüßt, lässt die Wogen hochgehen. In NÖ muss ein Familienvater wegen eines sexuellen Übergriffs für ein Jahr ins Gefängnis. Die Fußfessel wurde abgelehnt.

Bis ins Jahr 2000 lebte der Mann auf einem Bauernhof und teilte sich aus Platzmangel mit seinem minderjährigen Neffen ein Bett. Dabei nahm er an dem Buben regelmäßig und über einen langen Zeitraum hinweg sexuelle Handlungen vor bzw. ließ sich von diesem solche vornehmen.

Der Oberste Gerichtshof (OGH) verhängte dafür im August 2011 in letzter Instanz eine Freiheitsstrafe von drei Jahren, davon ein Jahr unbedingt. Weil die Taten lange zurückliegen und der Mann seither nicht mehr straffällig wurde, wurde vom OGH „mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen, dass der Angeklagte keine weiteren Straftaten begehen wird“, so dass zwei Drittel der Freiheitsstrafe bedingt nachgesehen wurden.

Eigentlicher klassischer Fall für Fußfessel

Damit wäre der Mann an sich ein klassischer Fall für die Fußfessel, zumal er über ein geregeltes Einkommen verfügt und sich in geordneten Lebensverhältnissen befindet. Die Justizanstalt St. Pölten lehnte diese Maßnahme jedoch unter Berufung auf eine Stellungnahme der Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt-und Sexualstraftäter (BEST) ab.

„In dieser Stellungnahme werden die Zustimmung der Ehefrau im Namen ihrer Kinder (zum Hausarrest, Anm.) sowie die Verantwortung des Verurteilten als kritischer Faktor gesehen“, hielt die Anstaltsleitung im Jänner 2012 in ihrem Beschluss fest. Eine „positive Beurteilung des Rückfallrisikos“ sei „nicht möglich“, zumal es „Anhaltspunkte“ gebe, „dass die Gesamtstörung des Verurteilten vom Familiensystem verleugnet wird. Ein derartiges System würde auch weitere Übergriffe verleugnen bzw. sogar begünstigen“.

Anwalt versteht Einschätzung nicht

Für den Wiener Rechtsanwalt Rudolf Mayer, der den 44-Jährigen vertritt, eine „völlig unverständliche“ Einschätzung. Der Mann habe nachweislich seit weit über zehn Jahren keine strafbaren Handlungen mehr begangen und sei auch nie gegenüber den mittlerweile mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Kindern übergriffig geworden. Ihm sei nicht klar, wie die Behörde auf die Idee komme, „wieso er nach all den Jahren plötzlich wieder sexuelle Übergriffe setzen soll, wenn er sich weiterhin zu Hause mit einer elektronischen Fußfessel befindet“, so Mayer gegenüber der APA.

Nein zur Fußfessel rechtskräftig

Dessen ungeachtet wurde auch von der Vollzugskammer am Oberlandesgericht (OLG) Wien der elektronisch überwachte Hausarrest abgelehnt und Mayers Beschwerde am 2. März 2012 abgewiesen. „Bei einer Gesamtbetrachtung und Abwägung des Tatsachensubstrats kann vom Vorliegen einer uneingeschränkt positiven Risikoprognose, wie sie für die Bewilligung der Vollzugsform elektronisch überwachten Hausarrests unabdingbar ist, nicht gesprochen werden“, befand die Vollzugskammer. Da vor kurzem eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH) gegen diese Rechtsansicht gescheitert ist, ist die OLG-Entscheidung inzwischen rechtskräftig.

Kein Kommentar aus dem Justizministerium

Der Mann muss daher demnächst für ein Jahr ins Gefängnis. Das Oberlandesgericht Wien lehnte die Fußfessel ab, im Gegensatz zum Oberlandesgericht Linz, dass im Fall des Salzburger Vergewaltigers die Fußfessel erlaubte. Der Mann darf nun den unbedingten Strafteil von sechs Monaten mit einer Fußfessel zu Hause absitzen. Das Urteil sorgte für heftige politische Diskussionen - mehr dazu in news.ORF.at.

Im Justizministerium will man die unterschiedliche Rechtsauslegung jedenfalls nicht kommentieren. Es handle sich um unabhängige Entscheidungen verschiedener Richter.