Protest: Asylwerber marschierten nach Wien

Mehr als 200 Asylwerber haben am Samstag mit einem Protestmarsch von Traiskirchen nach Wien gegen die „menschenunwürdigen“ Zustände im Erstaufnahmezentrum aufmerksam gemacht. Laut Polizei verlief der Marsch friedlich.

Der 35 Kilometer lange Marsch startete gegen Mittag. Einige der Asylwerber mussten auf dem langen Weg aufgeben, sie waren ohne Weste oder nur mit Plastikschlapfen unterwegs. Auf der Strecke stießen aber weitere Unterstützer dazu, sodass die Gruppe nicht kleiner wurde.

Der Protestmarsch führte von Traiskirchen entlang der Badner Bahn nach Wien. Am Abend soll der Protestzug den Asylgerichtshof in der Laxenburger Straße erreichen. Nach einer Kundgebung dort will man in die Innere Stadt, konkret in den Sigmund-Freud-Park, weiterwandern. Dort soll ein mehrtägiges Protest-Zeltlager errichtet werden.

Kritik an Bedingungen in Traiskirchen

Die Flüchtlinge kritisieren die Versorgung mit Essen und Kleidung und den Zustand der Sanitäranlagen im Erstaufnahmezentrum - mehr dazu in Traiskirchen: Flüchtlinge planen Protestmarsch. Ein Asylwerber aus Nigeria spricht sogar von menschenunwürdigen Zuständen und ortet Rassismus in der Bevölkerung: „Ich bin ein Schwarzafrikaner und es ist leicht zu merken, dass ich ein Asylwerber bin. Die Leute behandeln uns ohne Respekt. Es ist traurig und ich kann auch sagen, es ist eine Schande.“

Kritik wird auch an den fehlenden Dolmetschern geübt. Viele hätten nicht die Möglichkeit, Deutsch zu lernen, so die Kritik. Manche Asylwerber beklagten auch, dass sie keine passende Winterkleidung zur Verfügung gestellt bekämen. Franz Schabhüttl, der Leiter des Erstaufnahmezentrums: „Wir geben die passende Kleidung gegen Unterschrift aus. Mit unserem Gebrauchtkleidungslager könnten wird eine ganze Armee ausstatten.“

Innenministerium: „Nichts zu befürchten“

Der Marsch hätte um 9.00 Uhr beginnen sollen, verzögerte sich aber wegen einer Anwesenheitskontrolle im Erstaufnahmezentrum, die um 8.30 begann. Es sei völlig ungewöhnlich, dass diese Maßnahme an einem Samstag durchgeführt wird, heißt es von der Organisation „Refugee Protest“. Bei Nichterscheinen drohe den Asylwerbern der Ausschluss aus dem Erstaufnahmezentrum und die Illegalität. „Das ist kein Zufall, sondern ein gezielter Versuch, die Flüchtlinge daran zu hindern, für ihre Rechte auf die Straße zu gehen“, sagt Roman Dietinger, ein Unterstützer des Protests, in einer Aussendung.

Asylwerber-Protestmarsch

ORF/Dreer

Der Leiter der Betreuungsstelle Traiskirchen, Franz Schabhüttl, will aber nichts von einer Schikane wissen: „Wir haben jeden Tag ab 8.30 eine manuelle Standeskontrolle. Das ist derzeit notwendig, um den Stand genau anzuschauen.“ Aus dem Innenministerium hieß es am Samstag, dass bei begründeter Abwesenheit kein Asylwerber abgemeldet werde, und die Ausübung des Demonstrationsrechts sei eine solche. Wer mitmarschiert, habe nichts zu befürchten.

Trotzdem hatten viele Asylwerber Angst, das Zentrum zu verlassen und an dem Marsch teilzunehmen, sagt Hans-Georg Eberl, einer der rund 50 Unterstützer, die sich mit den Asylwerbern solidarisch zeigen.

Knotzer: Marsch in falsche Richtung

Von den in Traiskirchen derzeit 1.400 Flüchtlingen wollen laut den Organisatoren etwa 500 mitmarschieren. Am Weg nach und in Wien könnten dann der Marsch dann noch größer werden.

Der Traiskirchner Bürgermeister Fritz Knotzer (SPÖ) meint dazu, dass die Flüchtlinge in die falsche Richtung marschieren würden. Besser wäre es, wenn sie in die säumigen Bundesländer gehen würden.