4.000 Gräber in St. Pölten freigelegt

Seit 2010 wird wegen der geplanten Umgestaltung des Domplatzes in St. Pölten archäologisch gegraben. Während die Forscher bereits 4.000 Gräber freigelegt haben, wollen die St. Pöltener wissen, was künftig aus dem Domplatz wird.

Jeden Tag arbeiten bis zu 25 Forscher und Helfer im Archäologen-Team rund um den Stadtarchäologen Ronald Risy, und das bei nahezu jedem Wetter, auch bei den derzeit hohen Temperaturen. „Ich würde mir wünschen, dass die Temperaturen sinken würden, weil einfach die Leistungsfähigkeit minimiert ist. Aber wir müssen da durch und schauen, dass wir das hinbekommen.“ Risy schaut derzeit genau darauf, dass sein Archäologen-Team immer wieder Pausen im Schatten macht. Keine Pausen machen hingegen die Grabungsarbeiten. Seit drei Jahren wird der Platz Stück für Stück aufgegraben und dabei machte man auch schon so einige Funde.

„Derzeit älteste bekannte Kirche Niederösterreichs“

„Mehrfach, sowohl Befunde- als auch Funde. Einerseits, dass wir Teile des mittelalterlichen Klosters 2010 freigelegt haben - mit dieser Latrine, wo Funde drinnen waren, die in ganz Mitteleuropa derzeit einzigartig sind. Das römische Badegebäude, was im gesamten Römischen Reich vom Grundriss einzigartig ist, dass das Teil eines spätantiken Palastes ist, dass hier offenbar ein ranghoher Beamte gesessen ist, hat man bis jetzt auch nicht gewusst“, so Risy.

Plan

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„Bei dem römischen Badegebäude des 4. Jahrhunderts n. Chr. mit seinem im ganzen römischen Reich singulären Grundriss und dessen partielle Nachnutzung als christliche Kirche im 9. Jahrhundert konnten weit über die Grenzen der Stadt St. Pölten hinaus bedeutende Entdeckungen gemacht werden“, berichtet die Stadt in einer Aussendung. Bei der erwähnten Kirche handle es sich um eine der ältesten, wenn nicht sogar um die derzeit älteste bekannte Kirche Niederösterreichs. „Wir haben mit dieser Kirche sinnbildlich gesprochen den Geburtsort des heutigen St. Pöltens und mit den frühesten Gräbern Bestattungen der ersten St. PöltnerInnen vor uns“, sagt Risy.

Parkplatzverlust „würde Innenstadt gefährden“

Immer wieder bleiben Interessierte stehen und erkundigen sich nach der historischen Bedeutung. Doch es gibt in der Stadt auch viele - die sich die Frage stellen, wie lange hier eigentlich noch gegraben wird. „Grundsätzlich hab ich Verständnis dafür, auf so geschichtsträchtigem Boden, dass man die Vergangenheit sichert. Es ist die Frage, ob es so lange dauern muss“, sagt ein Passant auf dem Domplatz. Ein weiterer ist der Meinung, dass man es nehmen muss wie es kommt, mit dem Nachsatz „leider“.

Dass die aktuelle Parksituation auf dem Domplatz und die Neugestaltung Thema sind, nimmt Innenstadt-Gastronom Erich Stierschneider wahr. „Die Parkplatzsituation durch die Ausgrabungen ist eher schlecht, weil doch die Hälfte der Parkplätze weg ist. Die Gäste kurven sehr lange herum, bis sie etwas finden.“ Seine Wahrnehmug ist, dass die Leute nicht zu viele Parkplätze verlieren wollen, „weil es doch die Innenstadt gefährden würde“. Diskussionen gebe es vor allem, weil viele nicht wissen, was in Zukunft auf dem Domplatz kommt und ob es dann überhaupt noch Parkplätze geben wird.

Bürgermeister verweist auf Herbst

Eine Frage über die sich die Stadt mit einem Architekturbüro Gedanken macht. Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ) konnte darauf am Mittwoch noch keine konkrete Antwort geben. „Das werden wir im Herbst nach Fertigstellung der Planungen wissen, zur Zeit ist das wirklich reine Spekulation.“

Grabungen Domplatz

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Bgm. Stadler und Ronald Risy

Auf die Frage, was das Ziel des Bürgermeisters sei, ob die Hälfte der Parkplätze auf jeden Fall bestehen bleiben müsse, sagt Stadler: „Wenn die Parkmöglichkeit gegeben wird, wird mehr als die Hälfte vorhanden sein. Unsere Zielsetzung ist es und von der sind wir nicht abgegangen, möglichst viele (Anmerkung Parkplätze) zu erhalten.“ Noch im Herbst sollen die Pläne für den „Domplatz NEU“ fertig sein.

Bis 2015 werden die archäologischen Grabungen noch dauern. Ende August will man die Grabungen auf der Nordwest-Seite beenden und an die Südseite übersiedeln, dort wo Autofahrer auf den Domplatz einfahren. Die Zufahrt soll aber zu keinem Zeitpunkt behindert werden, sagen die Verantwortlichen. Pro Jahr kosten die Grabungen 800.000 Euro, insgesamt seien Kosten von sechs Millionen aus heutiger Sicht realistisch, sagt Stadler. Im Jahr 2016 soll die Neugestaltung des Domplatzes abgeschlossen sein.

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