„Der Sturm“: Es geht um Liebe und Macht

Regisseur Michael Sturminger macht für die Sommerspiele Perchtoldsdorf den Hof der Burg zur Insel und inszeniert William Shakespeares „Der Sturm“: Es geht um Träume und Realität, um Macht und Ohnmacht, um Magie und Zauberei.

"Rätselhaft vieldeutig und mit unzähligen Fäden verwoben sei dieses letzte Stück Shakespeares, meint Regisseur und Intendant Michael Sturminger, der Machtanspruch, Liebe, Rache und Vergebung als die Ingredienzien dieses sinnlichen Werkes bezeichnet. „Obwohl das Stück schon 400 Jahre alt ist, können wir uns alle darin wiederfinden“, so Sturminger.

Die Zeit der Entstehung - die englische Renaissance des späten Elisabethanischen Zeitalters - war von ähnlich großen Veränderungen und Umbrüchen geprägt „wie unsere heutige: Weltumsegelung, Eroberungen, Entdeckung von neuen Räumen, neuen Universen - damals real, heute virtuell“ (Sturminger).

Sturminger: „Die Insel wird zum poetischen Raum“

Shakespeare versuchte, als Vorreiter einer besonders sprach- und theateraffinen Epoche, die rasanten Veränderungen seiner Welt auf der Theaterbühne zu spiegeln. Die Insel wird zum poetischen Raum, zu einem abgeschlossenen Kosmos, in dem Prospero seine „Lebensexperimente“ vollzieht. „Wir spiegeln uns in dieser Zeit, in seinem Stück, in der reichen, vielfarbigen Sprache und Gedankenwelt des Genies Shakespeare.“

Michael Sturmingers Inszenierung will die Magie des Theaters dem Publikum präsentieren. Ein Ensemble musikalischer Schauspieler wird Shakespeares Sprache mit ihren Stimmen und der Begleitung von verschiedenen Musikinstrumenten zum Klingen bringen und mit Windmaschinen und Donnerblechen vor den Zuschauern einen Sturm entfachen, wie man ihn nur im Theater erleben kann. Die Atmosphäre der Perchtoldsdorfer Freiluftbühne wird es dem Regisseur und seinen Schauspielern ermöglichen, mit Wasser und Sand, Wind und Wetter in gewisser Weise die Natur und ihre ungebändigte Kraft mit in die Aufführung zu holen.

Die Schauspieler werden „nicht nur die verschiedenen Rollen übernehmen, sondern als Ensemble die Zauberkräfte und Maschinisten des Theaters sein, sie werden als Chor und Musiker die Szenen begleiten und die für den Zuschauer einsichtige Bühnenmaschinerie bedienen um als Prosperos Geister seinen Zauber zu realisieren“, freut sich Regisseur Sturminger.

„Theater soll zeigen, wie seine Illusionen entstehen“

„Mir geht es im Theater darum, mit offenen Karten zu zaubern und dadurch den Blick der Zuschauer auf die Realität zu schärfen. Denn indem Theater zeigt, wie seine Illusionen entstehen, ermöglicht es dem Publikum ein Bewusstsein für seine Manipulierbarkeit“, sagt Michael Sturminger, der seit 2014 Intendant der Sommerspiele Perchtoldsdorf ist. „Darüber hinaus sollte Kunst die Zuschauer aber vor allem auch berühren und ihnen zeigen, dass sie mit ihrer Not nicht alleine sind“, meint der 52-Jährige im Gespräch mit noe.ORF.at.

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Ausschnitt aus „Der Sturm“

Shakespeares Stück ist noch bis 1. August in Perchtoldsdorf zu sehen.

noe.ORF.at: Warum haben Sie sich für dieses Stück entschieden?

Intendant und Regisseur Michael Sturminger: Für „Der Sturm“ von William Shakespeare habe ich mich entschieden, weil es der Regisseur unbedingt so wollte. Es ist die zauberhafte Atmosphäre von Perchtoldsdorf, die mich dazu bewogen hat, dieses Stück zu wählen. Shakespeares Opus Magnum „Der Sturm“ ist ein unvergleichliches Stück Weltliteratur, in dem es um Träume und Realität, um Macht und Ohnmacht, um Magie und Zauberei geht. Obwohl das Stück schon 400 Jahre alt ist, können wir uns alle darin wiederfinden.

noe.ORF.at: Warum soll man gerade heuer zu Ihnen nach Perchtoldsdorf fahren?

Sturminger: Es war meine Verbundenheit zu diesem Ort - nicht zuletzt auch durch die vielen früheren Inszenierungen -, die mich dazu bewogen hat, Intendant bei den Sommerspielen Perchtoldsdorf zu werden. Ich meine, man sollte zu uns fahren, weil wir künstlerisch das Beste vom Besten bieten. Mir geht es darum, das Publikum durch große Bilder mit Herz und Seele zu packen. Wir müssen unser Publikum im Freilufttheater ja im Fall von kühlerem Wetter auch von innen heraus wärmen.

Allerdings macht eine Kombination aus Open-Air und Neuem Saal den Veranstaltungsort der Sommerspiele Perchtoldsdorf regensicher und dadurch auch sehr attraktiv!

noe.ORF.at: Wie sehen Sie Ihren Spielort in drei Jahren? Wie wollen Sie ihn entwickeln?

Sturminger: Gerade in schwierigen Zeiten haben Theater und Kunst eine besonders wichtige Funktion für die Gesellschaft und wir dürfen sie keineswegs zur Disposition stellen.

Ich meine, dass die Zukunft des Sommertheaters in der bedingungslosen Entscheidung zur Qualität liegt. Das Publikum der Sommerspiele Perchtoldsdorf, ob es aus der Stadt kommt oder aus der Umgebung, ob sie Liebhaber oder Kenner sind, soll durch klassische Stoffe begeistert werden. Mir geht es hier um die Magie des Theaters – dorthin will ich die Sommerspiele Perchtoldsdorf weiterhin entwickeln. Als Mekka einer hochqualitativen Theaterkunst für Menschen, die auch im Sommer nicht auf gutes Theater verzichten möchten.

Ich meine, Perchtoldsdorf ist ein guter Boden für Klassiker und ich habe keine Angst vor schwierigen Stücken. Als Intendant möchte ich erstklassige Theaterkunst mit zeitgenössischem Anspruch zeigen.

noe.ORF.at: Worin sehen Sie die gesellschaftliche Aufgabe des Theaters, im speziellen die Aufgabe des Sommertheaters?

Sturminger: Hier kann ich nur von meinem eigenen Anspruch sprechen... Mir geht es im Theater darum, mit offenen Karten zu zaubern und dadurch den Blick der Zuschauer auf die Realität zu schärfen. Denn indem Theater zeigt, wie seine Illusionen entstehen, ermöglicht es dem Publikum ein Bewusstsein für seine Manipulierbarkeit. Darüber hinaus sollte Kunst die Zuschauer aber vor allem auch berühren und ihnen zeigen, dass sie mit ihrer Not nicht alleine sind.

Um Schülerinnen und Schülern Lust auf Theater zu machen und im Bewusstsein, in ihnen unser zukünftiges Publikum heranwachsen zu sehen, habe ich mit meinem Team heuer erstmals ein besonderes Paket für Schulklassen entwickelt.

Michael Sturminger

Michael Sturminger

Intendant und Regisseur Michael Sturminger

Erstens ein Besuch des Regisseurs/ Dramaturgin in der Schulklasse und ein erstes Gespräch über den Inhalt des Stückes und Theater im Allgemeinen, eventuell auch über Shakespeares Theater im Speziellen. Zweitens ein Probenbesuch im Burghof. Dabei besteht für die Schüler die Möglichkeit, mit Schauspielern, Regisseur und Dramaturgin vertiefend zu sprechen und Theaterarbeit hautnah zu erleben. Und drittens einen Vorstellungsbesuch zu günstigen Konditionen. Die ersten Schulklassen besuchen die Proben im Burghof am 17. Juni. Ich freue mich schon auf den Austausch mit der Jugend, die liegt mir sehr am Herzen.

noe.ORF.at: Was ist die Botschaft des Stücks?

Sturminger: Die Botschaft in „Der Sturm“ ist eine von Vergebung und wie schwierig es ist, schweres Unrecht zu vergeben. Es handelt sich um den Versuch eines Mannes (Prospero), mit seiner Macht das Richtige zu tun und wie es ihm letztlich auch gelingt.

Der „Sturm“ ist ein wildes Stück und wir werden diese Wildheit auch zeigen. Es gilt die ungebändigte innere Naturgewalt des Menschen sichtbar zu machen, die unter einer dünnen zivilisatorischen Schminke verborgen liegt.<<

noe.ORF.at: Welche Inszenierungsmöglichkeiten bietet der Spielort und wie nützen Sie diese?

Sturminger: Der „Sturm“ ist großes Welttheater – das ist ideal für unsere weitläufige Freiluftbühne. In meiner Inszenierung machen wir die mittelalterliche Burg Perchtoldsdorf zur Insel... Wie Prosperos Geister verkörpern die Schauspieler nicht nur ihre vielfältigen Rollen, als Ensemble beschwören sie Shakespeares Zauberkräfte mit ihren Stimmen und Instrumenten und entfachen seinen Sturm mit Donnerblechen und Instrumenten offen vor den Augen der Zuschauer.

Sendungshinweis

„NÖ heute“, 2.7.2015

„Der Sturm“

Die Premiere von Shakespeares „Der Sturm“ in der Burg Perchtoldsdorf war am 1. Juli. Die Beginnzeit ist an allen Aufführungstagen 20.00 Uhr, eine Einführung in das Stück gibt es jeweils um 19.15 Uhr. Weitere Aufführungen: 2., 3., 4., 5., 9., 10., 11., 16., 17., 18., 23., 24., 25., 30. und 31. Juli sowie am 1. August.

Mitwirkende: Andreas Patton, Veronika Glatzner, Nadine Zeintl, Beatrix Doderer, Karl Walter Sprungala, Markus Kofler, Roman Blumenschein, Michael Masula, Nikolaus Barton, Josephine Bloeb, Aaron Friesz, Raphael Nicholas und Petra Staduan
Intendanz und Regie: Michael Sturminger
Bühne und Kostüm: Renate Martin und Andreas Donhauser
Musik: Michael Pogo Kreiner

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