Kremser Fußgängerzone im Wandel

Am 1. Dezember vor 50 Jahren hat die Stadt Krems das erste Teilstück der Fußgängerzone eröffnet - nicht ganz ohne Gegenstimmen. Heute befindet sich die Zone im Wandel: Immer mehr große Handelsketten lassen sich nieder.

Zu viele Autos und der Verkehrslärm waren in Krems bereits Mitte der 1960er Jahre Gegenstand von Diskussionen zwischen Stadtplanern, Kaufleuten und Politik. Am 1. Dezember 1965 war es schließlich soweit: Pünktlich zu Beginn des Weihnachtsgeschäfts wurde der erste Abschnitt der Fußgängerzone zwischen Simandlbrunnen und Mohrenapotheke eröffnet. Am Dreifaltigkeitsplatz wurde ein Kreisverkehr eingerichtet und der Verkehr von dort in einer Einbahn Richtung Täglicher Markt und Obere Landstraße geführt.

„Schwere“ Geschäfte verschwunden

Maria Schiffinger, Senior-Chefin der Glaserei Salomon, war damals eine Jugendliche. „Teilweise war man der Ansicht, dass die Fußgängerzone nicht notwendig ist, weil es damit für Geschäfte schwierig wurde, bei denen man schwer tragen muss, wie zum Beispiel Eisenwaren“, erinnert sie sich. „Diese Geschäfte sind dann mit der Zeit auch verschwunden.“

Der „Salomon“, wie die Kremser das Glas- und Porzellanfachgeschäft nennen, ist jedoch geblieben. 1908 von Schiffingers Großvater gegründet, wird der Familienbetrieb heute in vierter Generation geführt. Sicher kein Nachteil ist, dass er am Rande der Fußgängerzone auf der Unteren Landstraße gelegen, mit dem Auto erreichbar ist. Direkt vor dem Geschäft befinden sich Stellplätze für Kurzparker. „Die Fußgängerzone hat sich sehr bewährt“, meint Senior-Chefin Maria Schiffinger. „Die Leute flanieren, kaufen Gewand und Essen ein - das sind eben jetzt die Hauptpunkte.“

Autofreie Zone in zwei Etappen

Mitte der 1970er Jahre wurde die Fußgängerzone auf die Obere Landstraße mit einer durchgehend einheitlichen Pflasterung erweitert. Konditormeister Thomas Hagmann, heutiger Bezirksobmann der Wirtschaftskammer Krems, war damals ein Kind. „Ich kann mich erinnern, wie die Pflasterarbeiten durchgeführt wurden. Die Arbeiter kamen mit ganz eigenwilligen Hockern, auf denen sie mit einem Bein knieten, und schlugen das Pflaster hinein.“ Hans Frühwirth war zu dieser Zeit Finanzstadtrat in Krems. „Die Kosten waren so hoch, dass man sich entschieden hat, die Fußgängerzone in zwei Etappen zu machen“, erinnert er sich im Gespräch mit noe.ORF.at.

Entlang der heutigen 700 Meter langen Fußgängerzone sowie in den angrenzenden Seitengasse befinden sich laut Auskunft des Magistrats der Stadt Krems aktuell 180 Geschäfte. Die Herausforderungen sind vergleichbar mit jenen von anderen Innenstädten, man spürt die Konkurrenz der Einkaufszentren. „Ich wäre ein Schmähtandler, wenn ich sagen würde, dass wir die Konkurrenz nicht spüren. Dennoch glaube ich, dass das Konzept der Einkaufsstraßen - der in die Breite gezogene Marktplatz - nach wie vor aktuell ist. Daran hat sich auch in den 50 Jahren nichts geändert. Die Touristen kennen beispielsweise die Probleme nicht und sind begeistert von der Fußgängerzone“, sagt Hagmann.

Bioläden und Ketten statt Familienbetrieben

In der Kremser Fußgängerzone stehen derzeit nur einige wenige Geschäfte leer, laut Magistrat sind es derzeit exakt sieben. „Der Kunde sieht natürlich, wenn ein Geschäft leer ist. Das tut im Auge und im Herzen weh. Man hofft und probiert natürlich, dass die Geschäfte wieder gefüllt werden. Das ist aber nicht mehr so leicht wie früher. Es findet überall in Österreich ein Wandel statt - in der Struktur und in den Angeboten“, erklärt Hagmann. Innenstädte würden immer mehr zu einem Ort für Qualität, Genuss und Nachhaltigkeit und heute vermehrt Geschäfte mit Bio- und Fairtradeprodukten anziehen.

Der Strukturwandel in der Kremser Fußgängerzone ist auch den Einheimischen nicht entgangen. „Es gab früher mehr einheimische Geschäfte, heute sind es großteils Ketten“, sagt ein Passant. „Es war früher heimeliger, aber so ändern sich eben die Zeiten.“ Die Entscheidung vor 50 Jahren, eine autofreie Zone einzurichten, sieht die Stadt heute dennoch positiv: Mit einer Frequenz von 65.000 Besuchern pro Woche sei die Kremser Fußgängerzone unter den zehn am meisten frequentierten Einkaufsstraßen in Österreich.