St. Pöltens Kreativszene im Steigflug

St. Pölten war für junge Kreative ein eher unattraktives Pflaster: Es gab zu wenig künstlerische Ausbildungsmöglichkeiten und Betätigungsfelder - das hat sich geändert. Die Kreativszene in der Stadt wächst.

Die Designerin Doris Zichtl war eine der ersten Absolventinnen der New Design University in St. Pölten. Heute ist die Privatuniversität eine wichtige Ausbildungsstätte für Kreative. Davon hat die St. Pöltnerin später profitiert. "Die Kulturverwaltung des Magistrats ist damals mit einem kleinen Studentenwettbewerb an die Universität herangetreten. Dadurch hatten wir sehr früh die Möglichkeit, mit realen Gegebenheiten zu arbeiten, und das war auch der Erstkontakt zu meinen späteren Auftraggebern – etwa dem Stadtmuseum St. Pölten“, sagt Zichtl.

Doris Zichtl: „Menschen mit verrückten Ideen“

Neben dem St. Pöltner Stadtmuseum hat Zichtl unter anderem das Diözesanmuseum St. Pölten oder die Schatzkammer des Stifts Zwettl neu gestaltet. Aber auch bei privaten Auftraggebern plant sie ganze Dachausbauten, entwirft Wohnräume mit raffinierten Details oder zum Beispiel Küchen mit ausziehbaren Elementen.

Doris Zichtl Designerin Kreativszene Sankt Pölten

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Doris Zichtl

Vor allem dort, wo Einschränkungen offensichtlich sind, findet Zichtl kreative Lösungen. Doris Zichtl: „Es ist Absicht, dass ich mir immer unterschiedliche Dinge suche, um dann wieder neue Wege beschreiten zu können. Gerade bei Dingen, wo es viele Einschränkungen gibt und offenbar nicht viel geht, ist es wichtig zu schauen, was trotzdem möglich ist. Diese Grenzgänge sind sehr spannend für mich."

Die junge St. Pöltnerin bekommt von ihren Auftraggebern viel positive Resonanz: „Sobald die Leute sehen, dass es da Potenzial gibt, dass es Leute mit verrückten Ideen gibt und auch mit Ideen, die neue Wege beschreiten, kommen sie darauf auch gerne zurück und fragen schließlich so Menschen wie mich an."

Florian Nährer: „Es gibt hier viele neue Kreative“

Ein heute leer stehendes Autohaus dient dem St. Pöltner Künstler Florian Nährer als Schauraum für seine Bilder. In dem riesigen Raum reihen sich Arbeiten aus Nährers neuer Bilderserie aneinander. Seine Werke haben einen theologischen und einen starken regionalen Bezug. Auf die Bildende Kunst ist er zufällig gekommen: „Der Besuch einer Ausstellung nach der Matura hat mich so fasziniert, dass ich sehr angetan war von der Bildenden Kunst. Daraufhin habe ich begonnen zu malen."

Florian Nährer Maler Kreativszene Sankt Pölten

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Florian Nährer

1995 begann der Autodidakt mit dem Malen. Heute zählt er zu den gefragten Nachwuchstalenten in der Szene. „Es gibt viele neue Kreative, die hier arbeiten. Von den Ausstellungsmöglichkeiten ist allerdings noch ein bisschen Luft nach oben. Es gibt noch immer zu wenige Galerien oder Ausstellungsmöglichkeiten für ganz junge Künstler", so Nährer.

In seiner aktuellen Bilderserie widmet sich der Künstler einem ambivalenten Thema: „Es geht um das Thema Paradies und Erwartungen. Die Serie heißt ‚Grace Expectations‘, wo es um Gnadenerwartungen geht, die ganz stark mit Architektur verknüpft sind." Nährer spannt den Bogen von barocken Kirchenräumen wie dem St. Pöltner Dom bis hin zu ländlichen Tanzlokalen, die für ihn auch symbolhaft für paradiesische Erwartungen stehen.

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St. Pölten wird kreativer

Doris Zichtl, Florian Nährer und Lukas Ascher sind drei Beispiele für junge Kreative in den Bereichen Design, Malerei und Musik

Lukas Aschers Musikstil ist „reggaeonal“

An karibische Paradiese wie Jamaika erinnert hingegen die Musik von Lukascher. Die Reggae-Band rund um den St. Pöltner Sänger Lukas Ascher ist geprägt vom Sound der 1990er-Band Roots Vibration. „Es waren auch Bands wie Ballycotton oder Faust und einige andere Partien im Raum St. Pölten, die damals wirklich Gas gegeben haben. Das hat mich als Jugendlicher enorm fasziniert und heute sitze ich bei einem der Masterminds von damals, dem Mastermind von Roots Vibration, und habe mit ihm ein Album gemacht", erzählt Ascher.

Lukas Ascher Musiker Sankt Pölten

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Lukas Ascher

Mundarttexte, volkstümliche Instrumente, aber auch das Umfeld prägen den Stil von Lukascher. „Reggaeonal“ lautet der programmatische Titel des aktuellen Albums. „Wichtig war mir dabei, dass einfach diese Authentizität von Lukascher nicht auf der Strecke bleibt und ich meinen Mundarttexten treu bleibe. Ich kann nicht über das Leben im Ghetto oder über jamaikanische Verhältnisse singen, das wäre nicht ich, ich singe über das, was vor meiner Haustür passiert und deswegen heißt das ganze ‚Reggaeonal‘“, erklärt der Sänger. Mit dem Album bleibt die Band auch ihrer Heimat St. Pölten treu und prägt mit ihrem Sound wohl wieder eine neue Generation von Kreativen in der Region.

Doris Henninger, noe.ORF.at

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