4.000 Menschen von Neurofibromatose betroffen

Etwa 4.000 Österreicher leiden an Neurofibromatose, einer genetischen Tumorerkrankung. In der Öffentlichkeit - auch unter Ärzten - ist die Krankheit kaum bekannt, der Verein „NF Kinder“ aus Eichgraben (Bezirk St. Pölten) will das ändern.

Rare Disease Day

Wer an einer seltenen Krankheit leidet, hat auch noch das Problem, dass es nur wenige Spezialisten und Therapiemöglichkeiten gibt. Am „Rare Disease Day“ am 29. Februar soll auf diese Schwierigkeit aufmerksam gemacht werden. In Österreich leiden etwa 400.000 Menschen an einer Erkrankung, die so selten ist, dass ein praktischer Arzt höchstens einmal pro Jahr mit ihr zu tun hat.

Vor zwei Jahren gründete Claas Röhl den Verein „NF Kinder“, der Grund dafür war seine heute sechsjährige Tochter Rhea. In den ersten Lebensmonaten tauchten bei ihr immer mehr braune Flecken auf der Haut auf („Café-au-lait-Flecken“) - ein typischer Hinweis auf Neurofibromatose Typ 1.

Doch bis zur Diagnose war es ein langer Weg. „Die Informationslage ist sehr schlecht. Als Elternteil liest man im Internet Horrorgeschichten und läuft von Arzt zu Arzt“, schildert Claas Röhl seine Erfahrungen, „der eine erzählt dann, dass wir die restliche Zeit mit unserer Tochter noch genießen sollen, der nächste verharmlost die Krankheit - ein Wechselbad der Gefühle.“

Bildung von Tumoren am Nervensystem

Im Allgemeinen Krankenhaus in Wien befindet sich eine der wenigen Anlaufstellen für NF-Patienten. Auch Familie Röhl fand hier Hilfe, vor allem aber Antworten. „Neurofibromatose Typ 1 ist eine genetische Erkrankung, die etwa einen von 2.000 bis 3.000 Menschen betrifft“, erklärt Amedeo Azizi von der Kinder- und Jugendheilkunde am AKH Wien, „es handelt sich dabei um Menschen, die dazu neigen, Tumoren zu entwickeln, vor allem Tumoren am Nervensystem.“

Mädchen, das Neurofibromatose hat

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Vier Operationen und eineinhalb Jahre Chemotherapie: Rhea Röhl

Bei Rhea wurde ein Tumor an ihrem Sehnerv diagnostiziert. Vier Operationen und 18 Monate Chemotherapie waren nötig, damit sie nicht erblindet. „Einer der schlimmsten Momente in dieser Zeit war, als uns dicke Latexhandschuhe gereicht wurden, die wir anziehen sollten, wenn wir unsere zweijährige Tochter wickeln“, erinnert sich ihr Vater Claas, „uns wurde gesagt, dass ihr Kot und Urin durch die Chemotherapie so toxisch sind, dass sie für uns ein gesundheitliches Risiko darstellen.“

Komplexes Krankheitsbild erschwert Diagnose

Auch wenn diese Phase überstanden ist, so kann jeder Arzttermin die nächste Hiobsbotschaft bringen, ein neuer Tumor könnte sich entwickelt haben. Umso wichtiger ist die regelmäßige Kontrolle, Rhea muss alle drei Monate zum Augenarzt, alle sechs Monate zum MRT.

Neurofibromatoseflecken

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„Café-au-lait-Flecken“ sind ein typischer Hinweis auf Neurofibromatose Typ 1

Ab der Pubertät entwickeln viele Patientinnen und Patienten zudem Hautgeschwüre, die weniger ein medizinisches als ein ästhetisches Problem darstellen und damit oft zur Isolation der Betroffenen führen. Psychologische und orthopädische Probleme sind ebenfalls häufige Symptome. Der deutlich seltenere Typ 2 äußert sich wiederum durch gutartige Tumoren an Hör- und Gesichtsnerven und kann zu Hörverlust oder Gleichgewichtsstörungen führen.

Verein setzt sich für Spezialambulanz ein

Aufgrund dieser vielfältigen Ausprägungen der Krankheit wird sie oft nicht richtig diagnostiziert. Ein klares Ziel der „NF Kinder“ ist daher, Neurofibromatose bekannter zu machen - auch unter Ärzten. Dazu wurden unter anderem Aktionen gestartet, um die niederösterreichischen Schulärzte über die Krankheit zu informieren. Demnächst wird es einen entsprechenden Workshop auch im restlichen Österreich geben.

Ein großes Ziel ist zudem eine Spezialambulanz zur besseren medizinischen Versorgung, um Forschungsprojekte umsetzen und Nachwuchsmediziner ausbilden zu können. Um diesen Wunsch zu erreichen, ist der Verein auf Spenden angewiesen.

Birgit Zrost, noe.ORF.at

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