Heidenreichstein: Arbeitswelt im Wandel

Vor 50 Jahren pendelten mehr als 1.000 Arbeiter zu den Textilfabriken in Heidenreichstein (Bezirk Gmünd). Doch heute kämpft die Stadt gegen Abwanderung und Arbeitslosigkeit, in einigen Fällen durchaus erfolgreich.

Bis Ende der 1970er-Jahre war Heidenreichstein eine florierende Stadt. Mehr als 2.000 Menschen fanden Arbeit in der Textilindustrie. 1979 wurde mit der Strickwarenfabrik Patria der größte Arbeitgeber der Region geschlossen. Hunderte Arbeitsplätze gingen verloren. Die Arbeitslosigkeit stieg so sehr, dass vor allem junge Frauen und Männer abwanderten. Heidenreichstein verlor fast ein Drittel seiner Bevölkerung: Wurden bei der Volkszählung 1971 noch 5.773 Einwohner registriert, waren es 2015 nur mehr 4.018 Einwohner.

Drei Textilbetriebe, früher waren es mehr als 100

Von ehemals mehr als 100 Textilbetrieben gibt es heute nur mehr drei. Der größte ist die Frottier-Weberei Framsohn. Der 1908 gegründete Familienbetrieb beschäftigt 60 Weber, Färber und Näher, zwei Drittel davon sind Frauen.

Während die Konkurrenz nach und nach erst nach Osteuropa, dann nach Asien abwanderte, sei Framsohn wegen des weichen Wassers geblieben, das einer Quelle hinter der Fabrik entspringt. Mit Hilfe dieses Wassers könne man besonders hochwertige Handtücher produzieren, erklärt Geschäftsführer Philipp Schulner: „Wir müssen natürlich auch schauen, wie sich der internationale Markt entwickelt, das ist ein täglicher Kampf. Aber dank des sehr weichen Wassers haben wir hier einen Standortvorteil, auf dessen Basis wir uns weiterentwickeln können.“

Obwohl der Bezirk Gmünd mit 11,0 Prozent Arbeitslosenrate (Jahresschnitt 2015) die höchste Arbeitslosenquote Niederösterreichs verzeichnet, ist Bürgermeister Gerhard Kirchmaier (SPÖ) zuversichtlich: "Handwerk und Gewerbe sind bei uns im Kommen.“ Die Zahl der Betriebe in Heidenreichstein ist in den vergangenen zehn Jahren von 217 auf 243 leicht gestiegen.

Ehemalige Badewannenfabrik stellt Emailsolos her

Ein großer Erfolg ist die Neuausrichtung einer ehemaligen Badewannenfabrik. Bei GLS Tanks International werden Emailsilos produziert und weltweit verkauft. Sie haben bis zu 60 Meter Durchmesser und werden unter anderem für Biogasanlagen in Deutschland, als Gülle-Silos in Russland und für Wassertürme in Malaysia verwendet.

In der Fabrik in Heidenreichstein werden die Metallplatten für die Silos mit Glaspulver beschichtet und im Ofen bei 800 Grad Celsius emailliert. In Zukunft will man die Produktion noch ausbauen, erklärt der Geschäftsführer von GLS Tanks, Günther Fuchshuber: "Wir investieren 1,5 Millionen Euro in den Standort und holen Produktionsschritte, die wir früher nach Tschechien vergeben haben, zurück nach Heidenreichstein.“

Hoffnungen in den Tourismus noch nicht erfüllt

Die Versuche, den Tourismus in Heidenreichstein anzukurbeln, waren bislang nicht so erfolgreich wie erhofft. Der Freizeitpark „Anderswelt“, der 2002 in Heidenreichstein eröffnet wurde, musste wegen zu niedriger Besucherzahlen nach zweieinhalb Jahren wieder schließen.

Im Gebäude der ehemaligen „Anderswelt“ ist nun die Schaukäserei „Käsemacherwelt“ eingezogen. Mit deutlich mehr Erfolg: Fast 40.000 Personen besuchten 2015 die „Käsemacherwelt“ und konnten zusehen, wie Schaf- und Ziegenkäsespezialitäten hergestellt werden. Im angrenzenden Restaurant und im Shop der „Käsemacherwelt“ können die Käsespezialitäten verkostet und gekauft werden.

Fabian Fessler, noe.ORF.at

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