Gurt als Lebensretter seit 40 Jahren

Vor genau 40 Jahren wurde in Österreich die Gurtanlegepflicht im Pkw auf den Vordersitzen eingeführt. Obwohl die Überlebenschance bei einem Unfall deutlich höher ist, wenn man angeschnallt ist, steigt die Zahl der Gurtenmuffel.

Die Überlebenschance ist bei einem Unfall mit Gurt beinahe elf Mal höher als ohne Gurt, teilte das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) mit. Anlass ist, dass in Österreich vor 40 Jahren - konkret am 15. Juli 1976 - die Gurtenanlegepflicht auf den Vordersitzen eines Pkw eingeführt wurde. Damals war das „Anschnallen“ allerdings noch mit keiner Strafandrohung versehen, erst seit 1984 wird auch tatsächlich gestraft.

Obwohl der Gurt seither tausende Male zum „Lebensretter“ bei Unfällen wurde, sinkt laut KFV die Zahl der Autofahrerinnen und Autofahrer, die sich auch tatsächlich anschnallen. Waren es 2014 noch 95 Prozent, die sich beim Autofahren einen Gurt angelegt hatten, reduzierte sich diese Zahl im Jahr 2015 auf 93 Prozent, heißt es in der Aussendung. Laut KFV könnten jährlich fast 60 Menschenleben gerettet werden, wenn Gurte konsequent verwendet würden.

Sicherheitsgurt

APA

Viele Unfälle ereignen sich jährlich naturgemäß in Niederösterreich, wo man im Bundesländervergleich über das größte Straßennetz verfügt. Bei der Landesverkehrsabteilung Niederösterreich kennt man das Problem, dass Autofahrerinnen und Autofahrer hin und wieder ohne Gurt unterwegs sind. Im Interview mit noe.ORF.at ortet Willy Konrath von der Landesverkehrsabteilung Verbesserungspotential.

noe.ORF.at: Herr Konrath, obwohl Gurte regelmäßig Leben retten, schnallen sich trotzdem einige Autofahrer und Autofahrerinnen nicht an. Welche Gründe hat das?

Willy Konrath: Wir haben derzeit eine Gurtenanlegequote von etwa 90 Prozent, das heißt umgekehrt circa zehn Prozent sind nicht angegurtet. Die Gurtenanlegequote hat sehr viel mit der Art der Straße zu tun, also wo gefahren wird. Auf autobahnen und auf Landestraßen ist die Anlegequote höher als im Ortsgebiet. Interessant ist auch, dass Frauen öfter angeschnallt sind als Männer.

noe.ORF.at: Was wird von den Gurtenmuffeln meistens als Rechtfertigung genannt?

Konrath: Diejenigen, die wir ohne Gurt erwischen, sagen meistens, dass sie vergessen hätten sich anzuschnallen, dass die Geschwindigkeiten im Ortsgebiet ohnehin gering seien und sie nur ein kurzes Stück fahren würden oder auch dass sie der Gurt störe und sie sich deshalb eingeengt fühlen.

noe.ORF.at: Wie hoch ist die Strafe, wenn man ohne Gurt von der Polizei erwischt wird?

Konrath: Wenn es im Bereich des Organmandats ist, dann sind es 35 Euro. Wenn es sich dabei um Kinder handelt, die nicht vorschriftsgemäß in einem Kindersitz gesichert sind, dann bedeutet das eine Anzeige und mindestens 70 Euro bis maximal 5.000 Euro. Und gleichzeitig wird auch im Führerscheinvormerksystem ein Eintrag gemacht.

noe.ORF.at: Das Kuratorium für Verkehrssicherheit fordert immer wieder, dass der Exekutive der Vollzug von Gurtdelikten erleichtert werden soll, weil man nur strafen kann, wenn der Fahrer auch angehalten wurde. Ist das ein Problem für die Polizei?

Konrath: Der Gesetzgeber hat sich dazu entschlossen, die Nichteinhaltung der Gurtenpflicht nur dann zu ahnden, wenn man angehalten wird. Es reicht also nicht aus, wenn man im Vorbeifahren merkt, dass jemand nicht angeschnallt ist, und den Lenker dann aufgrund des Kennzeichens und einer Lenkererhebung anzeigt. Nur, wenn man als Polizeibeamter den Autofahrer tatsächlich anhalten kann, kann die Missachtung der Gurtenpflicht auch mit einem Organmandat bestraft werden.

noe.ORF.at: Sollte das geändert werden?

Konrath: Wenn dadurch die Verkehrssicherheit noch weiter erhöht werden kann, dann ist es uns natürlich sehr recht.

noe.ORF.at: Gibt es - abgesehen von gesetzlichen Änderungen - von Ihrer Seite Vorschläge, wie man mehr Menschen dazu bringen kann, sich anzuschnallen?

Konrath: Es geht grundsätzlich um das eigene Leben, wenn man sich anschnallt. Ich denke, das ist eine Eigenverantwortung, und diese Eigenverantwortung gehört geschärft. Bei Unfällen oder Ereignissen sage ich immer wieder, dass die Lenker oder die Insassen für sich selbst verantwortlich sind. Da führt überhaupt kein Weg daran vorbei. Interessant ist, dass auf den Rücksitzen die Anlegequote wesentlich geringer ist als auf den Vordersitzen, nämlich nur bei 67 Prozent. Das regt natürlich auch zum Nachdenken an. Wir tun jedenfalls alles, damit die Gurtanlegequote erhöht wird, aber grundsätzlich ist, wie gesagt, jeder für sich selbst verantwortlich.

Das Interview führte Katharina Sunk, noe.ORF.at