Überfall inszeniert: „Hakenkreuz-Opfer“ verurteilt

Im Prozess gegen einen 53-Jährigen, der einen Angriff selbst inszeniert und sich ein Hakenkreuz in die Brust geritzt haben soll, hat es am Mittwochnachmittag einen Schuldspruch gegeben. Auch seine Ehefrau stand vor Gericht.

Der Mann wurde am Landesgericht Wiener Neustadt wegen Vortäuschung einer Straftat zu 18 Monaten bedingt, seine Frau auch wegen Verleumdung zu 20 Monaten bedingt verurteilt. Die Verteidigung, die auf Freispruch plädiert hatte, meldete Berufung an, das Urteil ist somit nicht rechtskräftig.

Richter: „Geschichte wie in einem Hollywood-Film“

Richter Hans Barwitzius bezeichnete die Causa als Geschichte „wie in einem Hollywood-Film“, verwies aber gleichzeitig darauf, dass die Fakten akribisch recherchiert wurden. Besonders auffällig sei, dass der Beschuldigte von einem Schlag auf den Kopf und folgender langer Bewusstlosigkeit gesprochen hatte, es aber aus medizinischer Sicht keine Spuren wie etwa eine Beule gab. Die Erzählungen der Ehefrau über angeblich von den Nachbarn geäußerte Schuldbekenntnisse seien nicht schlüssig. Mildernd auf die Strafbemessung wirkte sich der ordentliche Lebenswandel aus, erschwerend war das Zusammentreffen zweier Vergehen mit einem Verbrechen (Verleumdung).

Opfer einer Hakenkreuzattacke

Sascha Trimmel

Zuvor hatte Barwitzius berichtet, dass das von der Polizei nach dem „Überfall“ sichergestellte Fesselungsmaterial - zwei Stück Mehrfachkabelbinder, die sich wieder öffnen lassen - in gängigen Baumärkten und auch im Fachhandel nicht erhältlich war. Allerdings fand sich im Zuge der von ihm im August beauftragten Ermittlungen am Arbeitsplatz des Angeklagten in Schwechat im Magazin eine 100-Stück-Packung der gleichen Art.

Der Richter demonstrierte schließlich - ohne großen Aufwand - persönlich, dass es möglich ist, sich mit derartigen Kabelbindern selbst an den Handgelenken am Rücken zu fesseln. Es gelang ihm in der Folge auch, diese wieder zu öffnen und sich zu befreien.

Staatsanwältin verwies auf unterschiedliche Aussagen

Er kenne diese Kabelbinder nicht, er habe in der Firma nie damit zu tun gehabt, beteuerte der Beschuldigte. Er sei in dem Industriebetrieb mit niemandem verfeindet, aber natürlich gebe es Konkurrenzdenken, meinte der Schichtleiter. Wenige Tage vor der ersten Verhandlung wurde sein Haus nach einer Anzeige aus der Firma vom EKO-Cobra durchsucht - Waffe wurde aber keine gefunden.

Die Staatsanwältin verwies in ihrem Schlussvortrag auf die unterschiedlichen Angaben und widersprüchlichen Aussagen des Angeklagten zum von ihm behaupteten Tathergang. Auch sei keinerlei Fremd-DNA festgestellt worden.

Ehepaar bekannte sich nicht schuldig

Das Verfahren hatte im August begonnen. Das Ehepaar blieb heute bei seiner Aussage, nicht schuldig zu sein. Der 53-Jährige zeigte dem Richter die Narben auf seinem Oberkörper. Nach seiner Darstellung war er auf der frühmorgendlichen Fahrt zur Arbeit wegen eines - vorgetäuschten - Autounfalls stehengeblieben, sei niedergeschlagen, in einen Wagen verfrachtet worden und erst nach mehreren Bewusstlosigkeiten - gefesselt und verletzt an einem Bachbett liegend - wieder zu sich gekommen.

Eine Zeugin erzählte, dass ihre Freundin damals im Februar ob des „Überfalls“ „völlig aufgelöst“ gewesen sei. Beamte des Landeskriminalamts gaben an, dass die Frau ihnen über den jahrelangen Zwist mit den Nachbarn erzählt und ihre Eintragung über ein mitgehörtes Gespräch auf ihrem Standkalender hergezeigt habe. Es sei unter anderem der Satz „Schade, dass er nicht im Bachbett krepiert ist“ gefallen.

Ein erster gleich gelagerter Vorfall hatte bereits im vergangenen Herbst für Schlagzeilen gesorgt. Damals hatte der Mann von einem in seine Stirn geritzten Hakenkreuz berichtet.

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