Sobotka hält nichts von Bürgerwehren

Kriminalität könne nur über die Grenzen hinweg bekämpft werden, erklärte Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) am Dienstag gegenüber noe.ORF.at. Aus der Vergangenheit will er beim Thema Sicherheit „die richtigen Schlüsse ziehen“.

noe.ORF.at: Vor allem in den Städten gibt es wieder mehr Einbrüche und Diebstähle, was kann die Polizei tun, um das in Griff zu bekommen?

Wolfgang Sobotka: Es hat jahrelang eine Reduktion gegeben, aber im Jahr 2016 ist die Kriminalität wieder gestiegen. Dafür gibt es mehrere Gründe: Auf der einen Seite ist der Ermittlungsdruck von der Polizei größer geworden. Auf der anderen Seite hat es sich aufgrund der Migration und vieler sozialer Umwälzungen ergeben, dass auch die Kriminalität im Steigen gewesen ist. Um der Kriminalität Herr zu werden, brauchen wir daher ein gutes internationales Netz, da ist Österreich sicherlich Vorreiter, und wir brauchen auf der anderen Seite genügend Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, um diesen Kontrolldruck und Ermittlungsdruck aufrecht zu erhalten.

noe.ORF.at: Man hört immer mehr, dass Bürger selbst aktiv werden. Sie bilden Bürgerpatrouillen, sogar von Bürgerwehren ist die Rede, ist das sinnvoll?

Sobotka: Bürgerpatrouillen, Bürgerwehren oder private Polizei - das ist sicherlich kein Rezept dagegen, wohl aber die Aktion „Gemeinsam sicher“, die in anderen Ländern schon gelaufen ist. Hier geht es um ein Sicherheitsbewusstsein, das nicht nur alleine von der Polizei bedient werden kann, sondern wo auch die Bevölkerung eingeladen ist, mitzuarbeiten. Dabei gibt es einen Beauftragten der Polizei und einen Sicherheitsbeauftragten der Gemeinde. Gemeinsam mit der Bevölkerung und auch der Feuerwehr wird ein Sicherheitsforum gegründet.

noe.ORF.at: Im Ministerrat ist mit dem Sicherheitskabinett ein neues Krisenmanagement beschlossen worden. Warum kommt diese Maßnahme gerade jetzt, wo es doch im Vergleich zum vergangenen Jahr ruhiger zu sein scheint?

Sobotka: Ich glaube es ist logisch, dass man aus den Fehlern oder Mängeln der Vergangenheit die richtigen Schlüsse zieht. Das letzte Jahr ist für Österreich eine vollkommen neue Situation gewesen und gerade meine Vorgängerin Johanna Mikl-Leitner hat massiv darauf gedrängt, dass man die West-Balkan-Route schließt. Die Notwendigkeiten, um der damaligen Migrationsströme Herr zu werden, waren nicht vorhanden, sodass die Kooperation zwischen den Ministerien klaglos funktioniert hätte. Da ging es um die Fragen, wer die Busse bestellt, wer die Flüchtlinge von A nach B bringt oder wer anordnungsbefugt ist. Daher hat es den Beschluss zu einer Sicherheitsvorsorgestrategie gegeben, um hier schnell reagieren zu können.

noe.ORF.at: Sie sind auch für Wahlen verantwortlich, wie zuversichtlich sind Sie, dass am 4. Dezember wirklich alles klappt bei der Bundespräsidentenwahl?

Sobotka: Wir haben alle Prozesse analysiert, wo noch ein Fehler passieren könnte oder was alles zu bedenken ist in Fragen der Produktion, der Auslieferung und schlussendlich des rechtlichen Absicherns. Wir sind dabei, hier eine neue Kette aufzustellen, auch aus der Erfahrung der vergangenen Wahlgänge, um damit den technischen und organisatorischen Ablauf bestmöglich zu garantieren.

noe.ORF.at: Die Bundespräsidentenwahlen finden heuer zum dritten Mal statt, plus eine Verschiebung. Was heißt das aus Ihrer Sicht für die vielen Wahlbeisitzer? Haben Sie Sorge, dass die Freiwilligen irgendwann sagen könnten „Mir reicht’s jetzt“?

Sobotka: Natürlich haben wir Sorgen und zu allererst muss man jenen danken, die schon Jahre im Einsatz sind und freiwillig in den Wahlkommissionen sitzen, vor allem in den Gemeinden und in den Sprengeln, sie trifft keine Schuld. Der Nationalrat muss ein neues Wahlrecht verabschieden, das wirklich praktikabel ist, das die Bevölkerung miteinbezieht und das den modernen Begebenheiten entspricht. Dazu habe ich den Auftrag erhalten, auch hier die Vorschläge zu sammeln, um dann im Jahr 2017 gleich in die gesetzliche Ausformulierung gehen zu können. So soll im Jahr 2017 sehr bald ein neues Wahlrecht beschlossen werden.

Das Gespräch mit Innenminister Wolfgang Sobotka führte ORF NÖ-Chefredakteur Robert Ziegler.