„Boccaccio“ und kein bisschen müde

„Kein bisschen müde“ seien die Herbsttage Blindenmarkt im 27. Jahr, so Michael Garschall, Intendant und Begründer des Festivals, bei der „Boccaccio“-Premiere am Freitag in der neuen, bei dieser Gelegenheit eröffneten Ybbsfeldhalle.

Großzügiger Zuschauerraum, Orchestergraben, Foyer, Parkplätze: Alles neu in Blindenmarkt (Bezirk Melk). Arik Brauers „Sie hab’n a Haus baut“ erklingt zwischendurch in passend adaptierter Textfassung als Einlage. „Es ist wahrlich was G’scheites geworden“, meinte Landeshauptmann-Stellvertreterin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). Der neue Saal sei ein „Leuchtturmprojekt der Region“.

Vor der Premiere bereits zu 97 Prozent ausgelastet

Michael Garschall freut sich, dass die diesjährige Produktion bereits vor der Premiere zu 97 Prozent ausgelastet war. Dabei ist Franz von Suppés Erfolgsstück nicht unbedingt ein automatischer Knaller: Die Story vom verruchten Florentiner Renaissance-Dichter, der als Frauenheld und Schrecken der Ehemänner schließlich in festen Banden landet, wirkt schon etwas anämisch.

Boccaccio bei den Herbsttagen Blindenmarkt

ORF

Inmitten von Damen fühlt sich Alexander Kaimbacher als Boccaccio wohl...

Dagegen arbeitet Regisseurin Isabella Gregor sichtlich an, indem sie um Action-Reichtum und aktuelle Bezüge - etwa durch Couplet-Strophen - bemüht ist. Das funktioniert meist ganz gut, auch wenn sich gelegentlich die Frage stellt, wann die Chose eigentlich spielt angesichts einer stilistisch bunten Kostüm-Mischung im Goldoni-Ambiente mit Klimaanlagen an den Fassaden. „Film ab“ heißt es zu Beginn, wenn die Ouvertüre mit Dreharbeiten illustriert wird: die Zeitebenen sind eben ineinander verschränkt.

Alexander Kaimbacher: „Glücksfall für die Titelrolle“

Da ist es fein, wenn mit Alexander Kaimbacher ein Glücksfall für die Titelrolle zur Verfügung steht, der den Protagonisten als eine Art Popstar verkörpert. Milena Arsovska als seine geliebte Fiametta ist eine bemerkenswerte stimmliche Entdeckung. Als gehörnte Ehemänner finden sich Marcus Ganser und Willi Narowetz knallchargenmäßig im Einsatz, Gabriele Schuchter, Anton Graner, Daniel Serafin, Robert Kolar und Christiana Bruckner (beide jeweils in vier Rollen) zählen zu den weiteren Ensemblestützen. Nicht zu vergessen der Marionettenhund „Fresco“.

Den bewährten instrumentalen Unterbau liefert das neuerdings als Kammerorchester Ybbsfeld bezeichnete Festivalorchester unter der Leitung von Kurt Dlouhy. Neben den weiteren Aufführungen stehen u.a. noch eine Geburtstagsmatinee für Gabriele Schuchter und Benefizkonzerte bevor. 2017 strömt Berliner Luft nach Blindenmarkt, wenn „Frau Luna“ von Paul Lincke mit Katrin Fuchs und Andreas Sauerzapf auf dem Spielplan steht.

Ewald Baringer, Austria Presse Agentur

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