Thiem: „Die letzten Wochen waren nicht einfach“

Dominic Thiem ist derzeit die Nummer zehn der Tennis-Weltrangliste. Kommenden Montag macht die ATP-Tour Station in der Wiener Stadthalle. Im Interview erzählt Thiem unter anderem, welche Chancen er sich er da ausrechnet.

Seit er sechs Jahre alt ist, trainiert Dominic Thiem für seinen Lebenstraum einer großen Tenniskarriere. Mittlerweile ist der 23-Jährige nicht nur weltweit als Tennisprofi bekannt, er ist nach Thomas Muster und Jürgen Melzer auch der dritte Österreicher, dem der Sprung unter die Top 10 der Weltrangliste gelang. Zu seinen bislang größten Erfolgen zählen etwa das Erreichen des Halbfinales bei den French Open oder auch Siege bei der ATP-Tour.

Am Montag macht die ATP-Tour Station in der Wiener Stadthalle. ORF Niederösterreich-Redakteurin Anne-Maria Neubauer hat den „Dominator“, wie er von seinen Fans genannt wird, zu einem ganz persönlichen Interview getroffen und ihn unter anderem gefragt, welche Chancen er sich in der Stadthalle ausrechnet.

Dominic Thiem Ganz Persönlich Interview

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Dominic Thiem im Gespräch mit ORF Niederösterreich-Redakteurin Anne-Maria Neubauer

noe.orf.at: Am Montag ist es soweit. Das ATP-Turnier startet in der Wiener Stadthalle. Welche Chancen rechnen Sie sich aus?

Dominic Thiem: Das Turnier ist so stark besetzt wie nie zuvor. Es kann von der ersten Runde an richtig starke Gegner geben. In den letzten zwei Jahren ist es nicht so gut gelaufen, von da her wäre es für mich schon riesig, wenn es einfach besser läuft, als in den vergangenen zwei Jahren.

noe.orf.at: Da sind Sie ja jeweils in der ersten Runde ausgeschieden, dabei hat gerade in der Stadthalle Ihre Karriere mit einem schicksalhaften Match begonnen. Damals haben Sie Thomas Muster geschlagen. Konnten Sie sich darüber freuen? Muster war ja immer Ihr großes Idol.

Dominic Thiem: Ich habe mich schon gefreut, aber es war eine getrübte Freude. Ich glaube, es war Thomas Musters vorletztes Match und das vor 8.000 Leuten. Die Mehrzahl wollte lieber ihn siegen sehen. Damals war ich 18 und ich konnte mit der Situation nicht so gut umgehen. Aber es war eine Riesenerfahrung für mich und meine weitere Karriere.

noe.orf.at: Wie geht es Ihnen denn gesundheitlich? Sie mussten ja erfahren, dass der Körper keine Maschine ist.

Dominic Thiem: Die letzten Wochen waren nicht einfach. Ich habe körperliche Probleme gehabt, die vielleicht schlimmer geklungen haben, als sie im Endeffekt wirklich waren. Aber auf dem Level, wo wir uns bewegen, ist halt jedes Prozent wichtig. Ein paar Prozent haben mir halt gefehlt in den letzten Wochen, aber ich glaube, dass ich wieder auf dem Weg zu den 100 Prozent bin. Und ich bin guter Dinge, dass ich wieder auf voller Höhe bin, wenn ich da die erste Runde spiele.

noe.orf.at: Ihr größter Erfolg war es heuer bei den French Open ins Halbfinale zu kommen. Von Lichtenwörth bis nach Paris ist es schon einer weiter und beschwerlicher Weg. Wie haben Sie den geschafft?

Dominic Thiem: Das ist wirklich ein sehr, sehr langer Weg. Von Kindesbeinen an habe ich jeden Tag hart trainiert und auf viele Dinge verzichtet. Aber der Großteil meines Lebens ist mein absoluter Traum und es wird einem so viel zurück gegeben, dass man da gerne einige Entbehrungen auf sich nimmt.

noe.orf.at: Mittlerweile sind Sie die Nummer 10 der Weltrangliste. Ich nehme an, Sie wollen bis ganz hinauf an die Spitze.

Dominic Thiem: Natürlich! Ich bin keiner, der sagt, ich habe es in die Top-Ten geschafft und jetzt lehne ich mich zurück. Es liegt auch im Naturell eines Sportlers, dass er es immer weiter hinauf schaffen will. Im Tennis ist es das Ziel von jedem, die Nummer Eins zu sein oder ein Grand Slam-Titel zu holen. Das ist verdammt schwer, da gehört extrem viel Glück dazu. Aber es gibt einige sehr gute junge Spieler, die es in ein paar Jahren bis an die Spitze schaffen könnten und ich hoffe, dass ich einer von ihnen bin.

Dominic Thiem Ganz Persönlich Interview

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Dominic Thiem ist derzeit auf Platz 10 der Tennis-Weltrangliste und möchte ganz nach oben

noe.orf.at: Sie verbringen jede freie Minute bei Ihren Eltern in Lichtenwörth. Brauchen Sie das, um vom Rummel herunterzukommen?

Dominic Thiem: Erstens einmal, wenn man so viel unterwegs ist und so viele Länder sieht, dann sieht man, wie schön Österreich ist und wie gut es uns hier geht. Von dem her genieße ich die Zeit, die ich Zuhause verbringe, sehr. Es ist auch eine extreme Entschleutnigung. Dort, wo ich wohne, ist alles wie vor 100 Jahren. Das ist sehr cool. Ich bin extrem gern in Österreich. Ob das in Lichtenwörth oder in Wien ist, ist jetzt nicht so ein großer Unterschied.

noe.orf.at: Ihre Eltern haben für Sie ebenfalls viele Entbehrungen gemacht. Haben Sie das als Kind mitbekommen?

Dominic Thiem: Als Kind noch nicht, später schon. Das Wichtigste bei meinen Eltern war, dass ich immer gesehen habe, dass sie mich nicht weniger gern haben würden, selbst wenn ich es nicht schaffen sollte. Da war immer ein Rückhalt und ich habe nie den Riesendruck gehabt.

noe.orf.at: Wie schaut es eigentlich mit einer eigenen Familie aus? Ist schon die richtige Frau in Sichtweite?

Dominic Thiem: Noch nicht, das lässt sich mit dem Sport extrem schwer vereinbaren. Ich bin 23 und habe noch viel Zeit. Um das kümmere ich mich dann nach der Karriere.

noe.orf.at: Gibt es ein Leben nach der Tennis-Karriere? Haben Sie einen Plan B?

Dominic Thiem: Ich habe keinen Plan B, aber tausende Dinge im Kopf, die ich gerne machen würde. Und bis ich die alle durch habe, sind eh zehn Jahre vergangen. Der volle Fokus liegt jetzt auf der Tenniskarriere. Aber natürlich gibt es ein Leben danach, auf das ich mich auch sehr freue. Ich glaube, das ist normal, dass es in einem Leben sehr viele Abschnitte gibt.

Das Interview führte Anne-Maria Neubauer, noe.ORF.at