Expertin rät zu offenem Umgang mit dem Tod

Obwohl man zu Allerheiligen und Allerseelen der Toten gedenkt, ist der Tod in der Gesellschaft oft ein Tabuthema. Viele Eltern versuchen ihre Kinder vor diesem Thema zu bewahren, eine Expertin rät allerdings zu einem offenen Umgang.

Viele Kinder werden bereits in jungen Jahren mit den Themen Tod und Trauer konfrontiert, sei es, weil die Großeltern sterben oder weil es einen Todesfall im Freundeskreis gibt. Dass Eltern oft versuchen, ihre Kinder vor diesem Thema zu bewahren, ist laut Sandra Pitzl, der Leiterin des AKUTteams Niederösterreich, jedoch der falsche Ansatz. Kinder würden sehr genau spüren, wenn ihnen etwas verheimtlicht wird, so Pitzl. Vielmehr sollte man der Verunsicherung der Kinder entgegnen und ihnen in einfachen Worten erklären, was Sache ist.

Sandra Pitzl Leiterin AKUTteam Niederösterreich Tod Schicksalsschlag

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Sandra Pitzl, Leiterin des AKUTteam Niederösterreich, rät zu einfachen und klaren Sätzen, wenn man Kindern einen Todesfall erklären möchte

noe.ORF.at: Frau Pitzl, das AKUTteam Niederösterreich hilft Menschen, die von Schicksalsschlägen betroffen sind. Ein Thema, das da oft dazugehört, ist der Tod. Wie erklärt man denn Kindern den Tod?

Sandra Pitzl: Das hängt natürlich vom Alter und vom Entwicklungsstand der Kinder ab, aber in erster Linie geht es darum, den Kindern in möglichst einfachen und klaren Sätzen zu sagen, was passiert ist. Ein Beispiel wäre „der Opa ist gestorben“. Man sollte versuchen, keine Metaphern und keine bildhafte Sprache zu verwenden, wie es zum Beispiel bei „der Opa ist eingeschlafen“ der Fall wäre, weil Kinder das oft auch auf andere Situationen beziehen und dann selbst Angst haben, schlafen zu gehen, oder Angst haben, wenn sie die Oma schlafend sehen, dass das wieder zutrifft. Also wirklich bei der Wahrheit bleiben, nicht beschönigen, klare, eindeutige Wörter verwenden, aber Details erst auf Nachfrage liefern.

noe.ORF.at: Ab welchem Alter kann den Kindern denn immer mehr zumuten?

Pitzl: Kinder haben unterschiedliche Vorstellungen und Konzepte vom Tod je nach Alter. Gerade jüngere Kinder verstehen den Tod noch nicht als endgültig und glauben, dass es vorübergehend ist. Viele haben im Vorschul- oder Kindergartenalter eine Art magisches Denken, etwa „der Papa ist gestorben, weil ich schlimm war“. Erst im Volkschulalter verstehen sie dann mehr, wollen auch mehr wissen, sind neugierig und sind vor allem interessiert an sachlichen Informationen. Trotzdem glauben sie aber oft noch, dass der Tod mehr alte und kranke Menschen betrifft und nicht auch manchmal Kinder oder jüngere Erwachsene treffen kann.

noe.ORF.at: Soll man als Eltern Kinder auf das Thema Tod vorbereiten und auch zwischendurch mit ihnen über dieses Themen sprechen oder verängstigt man sie dadurch?

Pitzl: Als Erwachsene haben wir generell die Scheu, Kinder mit den Themen Tod und Trauer zu konfrontieren, weil wir Angst haben, dass sie nicht damit umgehen können. Oft können Kinder aber besser damit umgehen, als wir denken. Wichtig ist hier aus der Sitaution heraus mit Fragen der Kinder umzugehen. Gerade rund um Allerheiligen und Allerseelen, wenn in den Blumengeschäften Kränze aushängen und Kinder fragen, warum da Kränze sind, sollte man sagen, dass man zu Allerheiligen und Allerseelen der Toten gedenkt. Dadurch wissen Kinder möglichst viel darüber, was eigentlich vor sich geht.

noe.ORF.at: Berufsbedingt sind Sie ja permanent mit dem Tod konfrontiert. Wie gehen Sie damit um?

Pitzl: Gerade in einem Bereich, wo man mit dem Thema Tod permanent konfrontiert ist, ist ein Ausgleich umso wichtiger. Das heißt, Zeit mit der Familie verbringen, Hobbies, Natur und sich auch auf die eigenen Ressourcen besinnen. Natürlich sollte man auch regelmäßige Supervisionen und Fortbildungen besuchen, aber ich denke, der Ausgleich ist gerade in diesem Bereich immens wichtig.

Das Interview mit Sandra Pitzl führte Margit Laufer, noe.ORF.at

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