Kindesmisshandlung: Hilfe für überforderte Eltern

Nach einem schweren Fall von mutmaßlicher Kindesmisshandlung in St. Pölten spricht Psychotherapeut Georg Hauer darüber, wie man als Betroffener richtig reagiert. Rat von Außen kann helfen, Schlimmeres zu verhindern.

Nachdem in St.Pölten ein dreieinhalb Monate altes Baby von seinem Vater so schwer verletzt worden sein soll, dass der Bub an den Folgen gestorben ist, ermittelt nun die Staatsanwaltschaft. Im Gespräch mit noe.ORF.at erklärt Georg Hauer, Psychotherapeut und Sozialarbeiter von der Kinderschutzorganisation „Die Möwe“, wie es zu solchen Zwischenfällen kommen kann und wie man in Ausnahmesituationen richtig reagieren sollte.

Georg Hauer und Nadja Mader

ORF

Georg Hauer im Gespräch mit Nadja Mader

noe.ORF.at: Herr Hauer, haben Sie eine Erklärung dafür, wie es zu so einem Vorfall wie dem aktuellen kommen kann?

Georg Hauer: Gott sei Dank ist es sehr selten, dass soetwas vorkommt. Wir gehen davon aus, dass die Eltern ihre Aggressionen in solchen Fällen nicht mehr in Griff haben. Die Impulse gehen zu weit, Eltern kommen mit ihrem Kind nicht mehr zurecht. Dazu kommen Überforderung, wenig Erfahrung mit Kindern und vielleicht gibt es wenig Unterstützung bei der Erziehung der Kinder.

noe.ORF.at: Wie reagiert man als Elternteil, wenn man von diesem Gefühl der Überforderung übermannt wird?

Hauer: Wichtig ist, mit den Gefühlen, die in mir sind, aus der Situation herauszugehen und nicht das Kind mit dem Gefühl in Kontakt treten zu lassen. Ich nehme Abstand, ich versuche das Kind so zu lassen, wie es ist. Es kann auch sein, dass man einen anderen Raum aufsucht. Wichtig ist auch, dass die Eltern, wenn sie diese Situation von sich kennen, damit nicht alleine bleiben und sich Rat suchen.

noe.ORF.at: Das bedeutet also, dass man sich nicht schämen sollte, sondern Hilfe suchen sollte. Wo bekommt man diese Hilfe?

Hauer: Wir im Kinderschutzzentrum bieten Eltern, die mit der Erziehung überfordert sind, telefonisch Hilfe an. Es gibt auch andere Einrichtungen des Vertrauens oder Beratungsstellen, bei denen man sich nicht scheuen sollte, Hilfe zu suchen. Ganz wichtig ist, dass man das eigene Schamgefühl auch kennt und man sich Personen sucht, bei denen dieses Gefühl vorhanden sein darf und man nicht verurteilt wird.

noe.ORF.at: Was sollen Außenstehende unternehmen, wenn sie mitbekommen, dass andere Eltern mit ihrer Situation überfordert sind?

Hauer: Da ist es das gleiche Thema: ich muss mir auch selber Hilfe holen, um konstruktiv helfen zu können. Alle Situationen sind verschieden, daher ist es am besten, wenn sich Außenstehende Rat holen, wie sie die Betroffenen unterstützen können.

Das Gespräch führte Nadja Mader, noe.ORF.at

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