Arbeiten mit Behinderung: Viele Betriebe säumig

Um Menschen mit Behinderung den Einstieg am Arbeitsmarkt zu erleichtern, gibt es gesetzliche Vorgaben: Je 25 Angestellte muss ein Betrieb eine Person mit Behinderung einstellen. Doch in Niederösterreich erfüllt nur ein Viertel diese Vorgaben.

Bewerbungen schreiben kann David Brandhuber aus Heufurth (Bezirk Hollabrunn) wohl schon im Schlaf. Seit drei Jahren sucht er einen Job, doch bislang gab es immer nur Absagen. „Wenn Betriebe eine Stelle ausschreiben und 50 Bewerbungen zurückkommen, auch wenn man dabei gleich qualifiziert ist wie ein gesunder Mensch, dann hat man mit einem Handicap einfach das Nachsehen“, glaubt Brandhuber.

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Seit drei Jahren schreibt Brandhuber Bewerbungen, bislang ohne Erfolg

Seit dem zweiten Lebensjahr leidet Brandhuber an Muskelschwäche und sitzt seither im Rollstuhl. Dennoch ist der 24-Jährige arbeitswillig und arbeitsfähig, wie er sagt: „Für den Büroalltag bin ich auf jeden Fall geeignet. Problematisch wird es nur, wenn ich mir Akten oder große Mappen holen muss, aber auf der Tastatur schreiben oder telefonieren ist überhaupt kein Problem.“ Dennoch hat er bis jetzt keinen Arbeitgeber gefunden.

Statt Jobs: 20 Millionen Euro Ausgleichszahlungen

Brandhuber ist einer von derzeit 3.000 Menschen mit Behinderung, die beim AMS Niederösterreich als arbeitslos gemeldet sind. Gleichzeitig müssen in Niederösterreich laut Gesetz etwa 2.500 Betriebe einen oder mehrere Menschen mit Behinderung einstellen. Doch mehr als drei Viertel der Betriebe erfüllen ihre gesetzlichen Vorgaben nicht. Stattdessen werden mehr als 20 Millionen Euro als Ausgleich gezahlt.

In der Wirtschaftskammer Niederösterreich heißt es, dass sich die Betriebe damit zwar beschäftigen würden, „manchmal passt aber das Angebot nicht mit der Nachfrage zusammen“, so Franz Wiedersich, Direktor der Wirtschaftskammer Niederösterreich. Als Beispiel nennt er etwa einen fleischverarbeitenden Betrieb, der die Vorgabe habe, Menschen mit Behinderung einzustellen. Diejenigen, die er einstellen oder in seinen Arbeitsprozess einbauen könne, finde der Betrieb nicht auf dem Arbeitsmarkt, so Wiedersich.

Große Hemmschwelle bei Unternehmern

Laut Günther Widy vom Sozialministerium-Service sei die Hemmschwelle, die bei vielen Unternehmen vorhanden ist, die größte Hürde: „Oft sind es Vorstellungen, die wir aber rasch widerlegen können, etwa dass die Fehlzeiten höher sind, vermehrt Krankenstände auftreten oder die Organisationsabläufe gestört werden.“ Auch der Kündigungsschutz sei oft ein Thema, doch dieser sei zuletzt stark gelockert worden, so Widy.

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Die Zahl von erwerbstätigen Menschen mit Behinderung stieg zuletzt an

Anstatt die Ausgleichzahlungen - also Strafen - für die Betriebe zu erhöhen, versucht das Sozialministerium derzeit mit Förderungen und Information gegenzusteuern. „Einerseits mit Zuschüssen zu den Lohnkosten, andererseits mit technischen Arbeitshilfen oder dem Umbau von Arbeitsplätzen, um die bestmögliche Arbeitsumgebung zu schaffen, damit auch Menschen mit gewissen Einschränkungen ihre volle Leistungsfähigkeit erbringen können“, erklärt Widy.

Steigende Beschäftigungszahlen

Diese Strategie hatte zuletzt offenbar Erfolg, denn die Zahl der beschäftigten Personen mit Behinderung stieg in den vergangenen Jahren langsam. David Brandhuber hofft unterdessen auf seine nächste Chance. In zwei Wochen beginnt er in Wien ein Arbeitstraining als Bürokraft und mit etwas Glück soll diesmal ein fixer Job folgen.

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