Symposium über eine gemeinsame Geschichte

Unter dem Titel „Wien und Niederösterreich – eine untrennbare Beziehung?“ findet von Montag bis Mittwoch in Wien das Symposion des NÖ Instituts für Landeskunde statt, das sich auf die Spuren der gemeinsamen Geschichte begibt.

Vor dem Hintergrund, dass Wien und Niederösterreich zwar seit 95 Jahren getrennte Bundesländer sind, die Bundeshauptstadt und das umgebende Land jedoch eine jahrhundertelange wechselvolle Geschichte teilen und bis heute in vielerlei Hinsicht untrennbar verbunden sind, geht die Tagung auf die Suche nach den Spuren dieser Geschichte und spannt dabei den Bogen vom Spätmittelalter bis ins 20. Jahrhundert.

Palais Niederösterreich Innenhof Wien

ORF/Reinhard Linke

Das Palais Niederösterreich in der Wiener Herrengasse

Das Palais Niederösterreich in der Wiener Herrengasse, das frühere Niederösterreichische Landhaus, das bis 1997 Sitz der Niederösterreichischen Landesregierung war, ist über die Trennung von 1922 hinaus bis heute ein Symbol für die lange Verbindung der beiden Länder. Deshalb findet das 37. Symposium des NÖ Instituts für Landeskunde, das gemeinsam mit dem Wiener Stadt- und Landesarchiv veranstaltet wird, im Palais Niederösterreich statt.

Wer nach Wien reist, muss durch Niederösterreich

„Erst in den letzten 20 Jahren kam eine neue Entwicklung in Gang, es entstand neben den ‚alten‘ Landesvierteln rund um St. Pölten die neue Region Niederösterreich-Mitte. Heute pendeln bereits mehr als 30.000 Niederösterreicher in die Landeshauptstadt. Dennoch ist die Bedeutung der alten Hauptstadt für das Land ungebrochen: 85.000 Niederösterreicher pendeln zur Arbeit dorthin“, erklärt Elisabeth Loinig, Leiterin des NÖ Institus für Landeskunde.

Andererseits wurden und werden seit vielen Jahrhunderten Menschen erst über den „Umweg“ Wien zu Niederösterreichern: „Angezogen von der Hauptstadt lernen sie das Umland kennen und schätzen. Davon zeugen etwa die Vielzahl an Schlössern in Niederösterreich, die traditionellen Orte der Sommerfrische am Semmering oder im Kamptal oder die vielen Zweitwohnsitze im Land, in denen die Wiener traditionell Erholung von der Großstadt suchen“, sagt Loinig.

Landkarte Niederösterreich 1784 Alois Groppenberger

NÖ Landesbibliothek

Landkarte von Alois Groppenberger aus dem Jahr 1784

Die als Logo für das Symposion gewählte Landkarte wurde im Jahr 1784 von Alois Groppenberger gezeichnet und zeigt die Hauptverkehrsstraßen Niederösterreichs. Diese führen – wenig überraschend – sternförmig nach Wien. „Daran hat sich bis heute nur wenig verändert. Gerade die Verkehrssituation unterstreicht die enge Verbindung der beiden Länder: wer nach Wien reist, muss Niederösterreich durchqueren, Fluch und Segen zugleich“, sagt Elisabeth Loinig schmunzelnd.

Was verbindet Niederösterreich und Wien?

Nach dem Eröffnungsvortrag am Montagvormittag, bei dem Ernst Bruckmüller vom Institut für Österreichkunde über „Österreich ist gleich Niederösterreich?“ spricht, werden die Vorträge ganz unterschiedliche Aspekte der mannigfaltigen Verflechtungen zwischen Stadt und Land behandeln und dabei Schlaglichter auf Wirtschaft und Gesellschaft, Verwaltung und Verkehr, Begrenzendes und Verbindendes werfen. So spricht etwa Elisabeth Loinig zum Thema „Verbotenes Land - ersehnte Stadt. Juden in Wien und Niederösterreich“.

Ernst Langthaler vom Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität Linz referiert unter dem Titel „Hungernde Stadt, sattes Land?“ über die „Volksernährung" in Wien und Niederösterreich nach dem Ersten Weltkrieg, Stefan Eminger vom Niederösterreichischen Landesarchiv in St. Pölten geht der Frage nach „Wien, das Hamburg des Ostens? Politische Auseinandersetzungen um die Stadterweiterung 1938–1954“ und Rita Garstenauer vom St. Pöltner Zentrum für Migrationsforschung beleuchter unter dem Titel „Mit einem Fuß am Land, mit einem in der Stadt“ Migrationsbiographien in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Reinhard Linke, noe.ORF.at

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