Fußball-EM: „Jedes Spiel Blutdruck pur“

Österreich ist das Sensationsteam bei der Frauenfußball-EM in den Niederlanden. Auch für die Angehörigen sind das völlig neue Erfahrungen. noe.ORF.at hat Irene und Ernst Zinsberger, die Eltern der österreichischen Torfrau, besucht.

Niederhollabrunn (Bezirk Korneuburg) mit seinen 1.500 Einwohnern ist die Heimat von Manuela Zinsberger, die sportlich „vorbelastet“ ist. Denn schon ihr Vater war Torwart. Manuelas Eltern sprachen mit noe.ORF.at über die vergangenen Tage und über Manuelas ungewöhnliche Wandlung von der Feldspielerin zur Torfrau.

noe.ORF.at: Was hat sich in den vergangenen Tagen im Hause Zinsberger abgespielt?

Irene Zinsberger: Für uns war das weltbewegend. Wir hätten uns das nie so vorgestellt, was plötzlich mit dem Erfolg ins Rollen gekommen ist. Wir hatten keine großen Erwartungen vor dieser EM. Der Druck wurde dann von Sieg zu Sieg höher. Dazu kommt, dass das Telefon nie still ist. Familie, Freunde und Verwandte gratulieren. Die Medien interessieren sich. Daran muss man sich erst einmal gewöhnen, das ist nicht normal.

Ernst Zinsberger: Bei jedem Spiel war das Blutdruck pur, also auf 1.000. Wenn man selbst im Tor gespielt hat, schaut man das mit anderen Augen an. Was die bisher gehalten hat, ist phantastisch. Dabei ist sie aber noch selbstkritisch. Beim einzigen Tor, das sie bekommen hat, hat sie sich geärgert, weil sie einen falschen Schritt gemacht hat.

Frauen Fußball-EM Manuela Zinsberger Interview Eltern

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Ernst und Irene Zinsberger

noe.ORF.at: Hat Ihre Tochter ihrem Vater nachgeeifert? Sie waren ja selbst Tormann, wollte sie in Ihre „Fußstapfen“ treten?

Ernst Zinsberger: Nein. Sie wollte Torfrau werden, weil ihr das am besten gefallen hat. Sie spielte ursprünglich auf dem Feld – und zwar praktisch jede Position, und das gut. Mit neun Jahren kam sie zu mir und sagte, sie wolle Torfrau werden. Ich war vorerst sogar dagegen, weil die Verletzungsgefahr groß ist. Aber sie hat so lange „gepenzt“, bis ich nachgegeben habe. Ich sagte ihr, sie solle sich einen Trainingsanzug anziehen und mit mir in den Hof kommen. Dort auf dem Betonboden ließ ich sie sich werfen und sie hat es perfekt und ohne zu zögern getan. Daraufhin habe ich zugestimmt.

Irene Zinsberger: Sie war begeistert, und das ist bis heute geblieben. Sie hat jeden Schritt selbstbestimmt gemacht, alles selbst gewollt. Wir haben sie nur unterstützt wie jetzt bei Bayern München. Drei Jahre lang hat sie dort eine Handelslehre gemacht und daneben bei Bayern gespielt. Seit 1. Juli hat sie jetzt einen Profivertrag. Jetzt, wo sie vom Sport leben kann, will sie noch um 30 Prozent besser werden, sagt sie. Da sind wir natürlich stolz.

Frauen Fußball-EM Manuela Zinsberger Interview Eltern

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noe.ORF.at: Niederhollabrunn und München, wie gestaltet sich da der Kontakt?

Irene Zinsberger: Gott sei Dank gibt es „WhatsApp“. Da können wir schreiben oder telefonieren in unserer Familiengruppe - wir beide und ihre Schwester Sandra. Manchmal hören wir zwei Wochen nichts voneinander, dann wieder fünfmal am Tag. Einer hat Verständnis für den anderen.

Ernst Zinsberger: Und wenn es passt und ein Heimspiel in München ist, dann packen wir uns oft auch kurzfristig zusammen und fahren nach München, um das Spiel zu sehen.

noe.ORF.at: Das nächste Spiel ist in den Niederlanden das Viertelfinale. Was haben Sie vor?

Irene Zinsberger: Wenn es irgendwie möglich ist, will ich im Stadion sein. Wir sind gerade noch am Abklären, ob das möglich ist. Aber wenn, dann sind wir sicher dabei. Und wenn nicht, werden wir beim Public Viewing im Traubengarten in Niederhollabrunn dabei sein. Da waren gegen Frankreich schon 100, gegen Island mehr als 200 Fans dabei. Wer weiß, was sich dort am Sonntag tut. Ich bin jedenfalls dankbar für alles, was dort auf die Beine gestellt worden ist, weil das die Wertschätzung für unsere Tochter ausdrückt.

Das Interview führte Robert Salzer, noe.ORF.at

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