Asyl: „Aufgaben um 180 Grad gedreht“

Zwei Jahre nach dem großen Flüchtlingsandrang hat sich die Situation in Niederösterreich entspannt. Containerdörfer werden nach und nach geschlossen. Die Aufgaben der Quartiergeber haben sich „um 180 Grad gedreht“.

Vor zwei Jahren kam der 20-jährige Omid Mohammadi mit seiner damals schwangeren Frau nach Österreich. Seine Reise ging von Afghanistan über den Iran bis in die Türkei und weiter nach Österreich. Seit einigen Monaten lebt er im „Gästehaus“ in St. Georgen am Reith (Bezirk Amstetten).

Flüchtlinge Situation 2018 Asylwerber

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Omid Mohammadi lernt derzeit für seine Prüfungen in der Hotelfachschule

Seit August wartet Mohammadi auf einen Asylbescheid. Bis dahin darf er eine Ausbildung in der Hotelfachschule machen. „Die Lerninhalte sind sehr schwierig, aber der Unterricht macht Spaß“, erklärte der 20-Jährige.

„Große Skepsis und Ablehnung“

Mohammadi und seine Familie sind drei von nur noch 27 Bewohnern des Gästehauses, zu Spitzenzeiten waren 50 Asylwerber untergebracht. Keine einfache Situation, erinnert sich der örtliche Flüchtlingskoordinator Andreas Rautter: „Meines Wissens nach hatten wir damals eine der höchsten Flüchtlingsquoten in ganz Österreich, das rief bei vielen Bewohnern große Skepsis und Ablehnung hervor.“

Flüchtlinge Situation 2018 Asylwerber

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Im Gästehaus in St. Georgen am Reith wohnen nur noch 27 Bewohner, vor zwei Jahren waren es noch 50 Asylwerber

Allerdings hätten sich vom ersten Tag an auch viele Leute aktiv eingebracht. Etwa 30 Freiwillige organisieren seither Deutschkurse und Kontakttreffen, sortieren Sachspenden und begleiten die Flüchtlinge zu Behördenterminen. Die große Skepsis habe sich größtenteils gelegt, meinte Rautter.

Aufgaben um 180 Grad gedreht

Das „Gästehaus“ in St. Georgen am Reith ist eines von 60 Quartieren, die Niederösterreichs größter Quartiergeber SLC Asylcare noch betreut. Deren Aufgaben hätten sich inzwischen um 180 Grad gewendet, meint Geschäftsführer Christian Kogler: „Heute geht es zunehmend darum, Flüchtlingsquartiere wieder zu schließen, doch das geht nicht von einem Tag auf den anderen, schließlich besuchen die Kinder die Schule, zudem gibt es gewisse Kontakte zu den Bewohnern.“

Flüchtlinge Situation 2018 Asylwerber

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Weil nun weniger Asylwerber kamen als zum Höhepunkt des Flüchtlingsandrangs, ließ SLC Asylcare inzwischen 90 Unterkünfte auf. Im Mai 2016 wurden in Niederösterreich noch mehr als 15.000 Asylwerber betreut. Anfang Jänner waren nur noch 8.528 Personen in der Grundversorgung. Untergebracht sind sie in etwa 590 Unterkünften, zwei Drittel in organisierten Quartieren, ein Drittel in privaten Wohnungen.

Im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen (Bezirk Baden) sind derzeit übrigens etwa 500 Personen untergebracht. Vom Chaos vor zwei Jahren, mit knapp 4.000 Personen, sei man weit entfernt, heißt es.

Bessere Integration durch kleinere Unterkünfte

SLC Asylcare betreut die Asylwerber vorzugsweise in kleineren Quartieren. Großquartiere - wie sie von der neuen Regierung überlegt werden - seien nicht erstrebenswert, ist Kogler überzeugt: „Aus meiner persönlichen Erfahrung kann ich nur sagen, dass kleine Quartiere zwischen 20 und 50 Personen die unproblematischsten waren und auch eine gute Verbindung zur Bevölkerung brachten.“

In St. Georgen am Reith soll das „Gästehaus“ - wenn auch nicht voll belegt - trotzdem bleiben. Die Kinder besuchen die Schule, der Großteil der Bewohner hat sich an die Flüchtlinge gewöhnt, freut sich Rautter: „Die Stimmung hat sich langsam beruhigt, wobei man sagen muss, dass jene, die Flüchtlingen negativ gegenüberstehen, ihre Meinung auch künftig wohl nicht ändern werden.“

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