Franz Schnabl will SPÖ wieder stärken

Am Donnerstag war Franz Schnabl, Spitzenkandidat der SPÖ, bei Chefredakteur Robert Ziegler zu Gast. Im Interview verrät Schnabl, was er sich von der ungewöhnlichen Plakatkampagne der SPÖ erhofft und auf welche Kernthemen er setzt.

noe.ORF.at: Herr Schnabl, Ihr am deutlichsten formuliertes Wahlziel ist das Brechen der Absoluten Mehrheit der ÖVP. Jetzt sagt die ÖVP selbst, nämlich Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, eine Absolute Mehrheit sei heute gar nicht mehr erreichbar. Ist das dann nicht ein sehr bescheidenes Ziel?

Franz Schnabl: Es ist ein bisschen so wie die ÖVP insgesamt in diesem Land Politik macht – tarnen und täuschen in vielen Bereichen. Natürlich ist die Absolute Mehrheit an Mandaten erreichbar, weil wir wissen, dass selbst mit 46 Prozent der Stimmen, was einen Verlust von fünf Prozent der Stimmen von der Wahl im Jahr 2013 für die ÖVP bedeuten würde, die absolute Mandatsmehrheit noch möglich ist.

Ziegler und Schnabl bei Interview

ORF/Robert Salzer

Franz Schnabl im Gespräch mit Robert Ziegler

noe.ORF.at: Ihre Wahlkampagne ist sehr aufgefallen. Da gibt es hunderte Plakate, auf denen Sie in verschiedenen Posen, teilweise Grimassen schneidend, zu sehen sind. Politik-Experten sagen, da muss man aufpassen, dass man nicht ins Lächerliche abgleitet. Haben Sie sich das auch schon gedacht?

Schnabl: Wir haben 280 verschiedene Sujets und einige davon mit auffälligen Posen, weil wir zeigen wollen, dass wir Spaß verstehen und dass wir Spaß auch an ernsthafter Politik haben. Der überwiegende Teil davon transportiert sehr ernsthafte, wichtige Themen. Beispielsweise das Thema Wohnen, das Thema Gesundheit, beispielsweise das 365-Euro-Jahresticket, oder auch Kindergartenbetreuung ganztags und kostenfrei.

noe.ORF.at: Ihr Geschäftsführer Reinhard Hundsmüller hat beim Wahlkampfauftakt gesagt, er denke jeden Tag darüber nach, ob man mit dieser Kampagne das Richtige tue. Hat es da parteiinterne Diskussionen gegeben – und gibt es die immer noch?

Schnabl: Nun, es gibt natürlich Menschen, die Kritik an der Form der Kampagne üben, das ist überhaupt keine Frage. Aber wir haben das auch abgefragt. 67 Prozent der jungen Menschen in Niederösterreich, der Unter-40-Jährigen, finden die Kampagne interessant, aufregend, stehen ihr sehr positiv gegenüber mit der Bemerkung: „Es ist ’mal was anderes“.

noe.ORF.at: Sie kritisieren im Wahlkampf naheliegenderweise des Öfteren die Bundesregierung, die ÖVP-FPÖ-Regierung dort – soll diese Landtagswahl auch eine Abstimmung über die ÖVP-FPÖ-Regierung sein?

Sendungshinweis

„NÖ heute“, 18.1.2018

Schnabl: Muss es ja natürlich. Arbeitszeit, bedarfsorientierte Mindestsicherung, Aktion 20.000, Verschlechterungen im Wohnungsbereich. Das sind Politikfelder, die sowohl Zuständigkeiten des Bundes als auch Zuständigkeiten der Länder betreffen.

noe.ORF.at: Sie setzen auch auf das Thema Gesundheit. Gesundheit und Soziales umfassen im Landesbudget mehrere Milliarden Euro, fast fünfzig Prozent des gesamten Budgets. Soll jetzt noch mehr Geld ausgegeben werden?

Schnabl: Das Geld muss vor allem effizienter ausgegeben werden. Wir haben eine Konstruktion mit NÖGUS, Holding und den Spitalsorganisationen, wo ich höre aus den Spitälern, von den Ärzten und von den Pflegerinnen und Pflegern, dass Personalknappheit herrscht, dass lange Wartezeiten bei den Ambulanzen da sind. Wo wir wissen, dass wir extrem lange Wartezeiten bei manchen Operationsfeldern haben, sogar die längsten Wartezeiten bei geplanten Operationen aller österreichischen Bundesländer haben mit über 60 Wochen – Neunkirchen, Wr. Neustadt, Horn beispielsweise – da muss sich in der Organisation deutlich etwas verbessern. Und im niedergelassenen und Fachärzte-Bereich brauchen wir einen anderen Lösungsansatz. Unser Lösungsansatz ist hier: es muss Gemeindeärzte geben, die entsprechend honoriert werden, damit dieser Standort und die Tätigkeit in der Gemeinde auch wieder attraktiv sind.

Franz Schnabl

ORF/Robert Salzer

noe.ORF.at: Beim Thema Sicherheit fordern Sie zusätzliche Polizisten. Das tun andere Parteien auch, vor allem ÖVP und FPÖ, und die haben ja im Bund jetzt das Sagen, das heißt, die entscheiden das auch. Was hat es für einen Sinn, dass Sie das auch fordern?

Schnabl: Ich bin skeptisch, was die Realisierung betrifft. Weil meine Erfahrung aus der Vergangenheit als Polizist und Polizeigeneral war die folgende: Die FPÖ hat jahrelang bis zum Ende der Neunziger-Jahre 1.000 Polizisten mehr für Wien verlangt. Das erste, was Sie im Budget 2000 dann zusammen mit der ÖVP beschlossen haben, war die Abschaffung und Reduzierung von 2.000 Planstellen der österreichischen Sicherheitsexekutive, damals noch Polizei und Gendarmerie. Und diesen Stand, den wir 1999 hatten, den haben wir bis heute nicht, und es ist höchste Zeit, dass wir wieder den Dienststellenstand der Exekutive vermehren.

noe.ORF.at: Im Wahlkampf plakatieren Sie auch „Die zweite Meinung“. Jetzt sitzen Sie und Ihre Partei seit Jahr und Tag auch in der Landesregierung und dort werden fast alle Beschlüsse einstimmig gefasst. Was hat diese Forderung für einen Sinn?

Schnabl: Es ist ganz normal, andere Meinungen zu haben und diese anderen Meinungen müssen auch gehört werden. Das hat nichts damit zu tun, dass man sich danach auf einen Kompromiss, auf einen gemeinsamen Weg festlegt, nachdem man es ausdiskutiert hat. Aber zunächst müssen die Fakten auf den Tisch. Und zu Ihrer Frage, was die Regierungsbeschlüsse betrifft: Die Landesregierung ist das Exekutivorgan, das oberste Verwaltungsorgan und keine gesetzgebende Körperschaft. Im Landtag gab es in der vergangenen Legislaturperiode 173 Anträge aller anderen Parteien. Davon wurden von der Mehrheitspartei ÖVP nur 12 unverändert angenommen. Und das erfordert, dass die Stimmen- und Mandatsverhältnisse sich im Landtag verändern, damit eben ernsthaft über andere Meinungen anderer Parteien, über unsere Meinung auch diskutiert wird.

Franz Schnabl im Interview

ORF/Robert Salzer

noe.ORF.at: Kommen wir zurück zum Wahlziel. Da hat die FPÖ zuletzt ja anklingen lassen, dass sie im Rennen um Platz zwei dabei sein möchte. Fürchten Sie, dass die SPÖ in Niederösterreich auf Platz drei abrutschen könnte?

Schnabl: Ich mache mir überhaupt keine Sorgen, einen deutlichen Abstand zur Freiheitlichen Partei zu haben. Dieser Zugang ist deswegen auch begründet, weil ich sehr viel positive Resonanz, sehr viele positive Stimmen aus der Bevölkerung bei meinen Kontakten jetzt erhalte.

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noe.ORF.at: Das letzte Mal ist die SPÖ bei einem historischen Tiefststand gewesen, 21,6 Prozent. Sind Sie mit jedem auch noch so kleinen Plus schon zufrieden?

Schnabl: Grundsätzlich muss man sagen, und das gilt für alle Parteien: Es gibt das Thema „historischer Tiefststand“ nicht, die Wähler entscheiden von Wahl zu Wahl. Es ist schon klar, dass wir Fehler gemacht haben in der Vergangenheit, sonst wären wir nicht bei 21 Prozent sondern bei 75 Prozent. Mir ist klar, dass wir diese Fehler nicht wiederholen dürfen, dass wir neue Angebote, neue inhaltliche Angebote vor allem leisten müssen und kommunizieren müssen und dass wir so auch den Turnaround schaffen müssen. Wie stark der Turnaround ist – ist er 0,1 oder 2 oder 3 oder mehr – das werden wir am Wahltag sehen. Das ist ja nicht meine Entscheidung, ich kann nur das Angebot machen. Das ist die Entscheidung der Wählerinnen und Wähler, welchen Weg sie gehen wollen.

Das Gespräch mit Franz Schnabl führte Robert Ziegler, noe.ORF.at.

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