Terrorprozess: Zwei Angeklagte verurteilt

Beim Terrorprozess in St. Pölten hat es Schuldsprüche für zwei Angeklagte gegeben. Sieben Männer standen am Donnerstag vor Gericht. Sie sollen Propagandamaterial der Terrormiliz „IS“ verbreitet haben. Der Prozess wurde vertagt.

Im Beisein zahlreicher vermummter Justizwachebeamter nahmen die sieben Männer im Alter von 19 bis 24 Jahren Donnerstagfrüh im Schwurgerichtssaal auf der Anklagebank Platz. In seinem Eröffnungsvortrag warf der Staatsanwalt den Angeklagten die Mitgliedschaft an einer terroristischen Vereinigung vor. Außerdem sollen sie vorgehabt haben, nach Syrien zu reisen, um dort für den Islamischen Staat (IS) zu kämpfen.

Angeklagte sollen sich radikalisiert haben

Ab Sommer 2016 sollen mehrere der Angeklagten begonnen haben, sich für radikalen Islam und den IS zu interessieren. Sie gründeten laut Anklage eine Dawa-Bewegung, die sie als „Ansar“ bezeichneten. Treffen fanden demnach in Moscheen oder im Gebetsraum des Universitätsklinikums St. Pölten statt, die Mitglieder seien aber auch auf offener Straße aktiv gewesen.

Terrorprozess St. Pölten

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Beim Prozessauftakt herrschten erhöhte Sicherheitsvorkehrungen. Die Justizwachebeamte erschienen vermummt.

Offiziell verfolgten sie das Ziel, andere vom Islam zu überzeugen. Laut Staatsanwaltschaft sollen sie die Ansar-Bewegung aber auch als Deckmantel benutzt haben, um andere für den IS anzuwerben und sich untereinander über den IS auszutauschen.

IS-Videos mittels WhatsApp verbreitet

Zur Kommunikation innerhalb der Bewegung soll eine WhatsApp-Gruppe gedient haben. Über den Kurznachrichtendienst sollen beinahe täglich Propagandavideos - unter anderem von IS-Kämpfern mit Fahnen oder Enthauptungen - verbreitet worden sein. Die Gruppe soll auch mit IS-Sympathisanten in Wien in Kontakt gestanden sein.

Der Erstangeklagter soll im Internet außerdem Flugverbindungen nach Aleppo (Syrien) gesucht haben. Dem 20-Jährigen aus St. Pölten lastete der Staatsanwalt an, dass er einen anonymen Zeugen zu einem gemeinsamen Überfall auf ein Waffengeschäft in St. Pölten überreden wollte. Bei dem für 7. März geplanten Coup sollten Waffen für den Jihad oder auch für terroristische Zwecke im Inland erbeutet werden, so der Vorwurf.

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Am 6. März wurde der 20-Jährige bei einem „Cobra“-Einsatz in St. Pölten als einer von mehreren Terrorverdächtigen festgenommen, zudem wurden Datenträger sichergestellt. Am 10. März wurde in St. Pölten ein weiterer mutmaßlicher IS-Anhänger festgenommen. Der 20-jährige Erstangeklagte soll zudem seinen Betreuer in einem Ausbildungszentrum mit dem Kopfabschneiden bedroht haben, weshalb er sich auch wegen versuchter Nötigung verantworten muss.

Sechs Angeklagte bekannten sich nicht schuldig

Die meisten Angeklagten bekannten sich nach Angaben ihrer Verteidiger nicht schuldig. Die Rechtsbeistände bestritten konkrete Pläne ihrer Mandanten für eine Ausreise nach Syrien. Die Beschuldigten hatten laut Staatsanwalt zudem im Ermittlungsverfahren erklärt, keine Propaganda verbreitet, sondern sich kritisch mit den Inhalten auseinandergesetzt zu haben.

Laut Roland Schöndorfer, dem Rechtsanwalt des Erstangeklagten, habe sein Mandant die ihm vorgeworfenen Taten „schlicht nicht begangen“. „Was man natürlich sagen muss, ist, man kann diesen Wahnsinn - sprich terroristische Vereinigungen - in keiner Weise gut heißen oder unterstützen, aber nicht jede Spinnerei und nicht jeder abscheuliche Gedanke, den irgendjemand fasst, kann als Tatplan ausgelegt werden“, so Schöndorfer gegenüber noe.ORF.at.

Seinen Angaben zufolge konvertierte sein Mandant zum Islam, „gab sich voll und ganz dem Glauben hin, betete fünf Mal täglich“ und wollte eine Pilgerreise machen. Dass sich der 20-Jährige dem bewaffneten Kampf in Syrien anschließen wollte, stellte er in Abrede. Sein Mandant habe sich für Führerschein- und Lehrabschlussprüfung sowie für den Zivildienst angemeldet - „das macht doch niemand, der in den Kampf ziehen will, um zu fallen“, so der Rechtsanwalt. Zum Vorwurf rund um Pläne für einen Raubüberfall meinte der Rechtsbeistand, das sei eine „dumme Äußerung im Zuge eines Gespräches“ gewesen.

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Zwei Verdächtige bereits verurteilt

Der Zweitangeklagte aus St. Pölten war zum Prozessauftakt geständig - sein Rechtsanwalt Christian Reiter betonte aber, dass eine konkrete Umsetzung und ein Zeitraum für eine Ausreise nach Syrien „in keinster Weise geplant“ war. „Mein Mandant hat eingesehen, dass das, was er da veranstaltet hat, keine gute Idee gewesen ist. Er befindet sich seit geraumer Zeit in Haft und er hat ausreichend Zeit gehabt, seine Taten und seine Verhaltensweisen zu überlegen“, so Reiter gegenüber noe.ORF.at.

Der 23-Jährige wurde bereits am Donnerstagvormittag schuldig gesprochen. Er wurde zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, davon 16 Monate bedingt, verurteilt. Weil er den unbedingten Teil der Strafe bereits verbüßte, wurde er außerdem enthaftet. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, da die Staatsanwaltschaft keine Erklärung abgab. Ebenso verurteilt wurde inzwischen der Fünftangeklagte. Dem Vernehmen nach erhielt auch er eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren, 16 Monate davon bedingt. Das Urteil soll bereits rechtskräftig sein.

Wie Rechtsanwalt Wolfgang Blaschitz, der drei der Angeklagten vertritt, ausführte, beruhe die Anklage der Staatsanwaltschaft unter anderem auf den Angaben eines anonymen Zeugen. Das betrifft etwa den Vorwurf, dass die Verdächtigen nach Syrien hätten ausreisen wollen. „Das ist eine Erfindung eines anonymen Zeugen. Anonym ist schon einmal damit behaftet, feig zu sein“, kritisierte Blaschitz. Seine Mandanten bekannten sich nicht schuldig, „weil sie keine Terroristen sind und auch keine Mitglieder einer terroristischen Vereinigung.“

Prozess auf März vertagt

Die bisher unbescholtenen jungen Männer - großteils ohne Beschäftigung - wurden in St. Pölten bzw. in Tschetschenien geboren. Drei haben die österreichische Staatsbürgerschaft, zwei sind russische Staatsangehörige, einer ist Mazedonier und einer Bosnier. Fünf der Angeklagten stammen aus St. Pölten, jeweils einer wohnt im Bezirk Lilienfeld und in Wien.

Nach den Vorträgen von Staatsanwaltschaft und Verteidigern wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Dazu hieß es, dass es sich bei einigen der Angeklagten um junge Erwachsene handle und ihr künftiges berufliches Fortkommen nicht beeinträchtigt werden soll. Die Verhandlung wurde mit der Einvernahme der Beschuldigten fortgesetzt. Weitere Urteile gab es am Donnerstag nicht. Die Verhandlung wurde auf den 13. März vertagt.

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