Holocaust-Leugner: Haftstrafe und Einweisung

Jener 66-jährige Holocaust-Leugner, der sich am Montag wegen Wiederbetätigung in Krems verantworten musste, ist zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Er wird außerdem in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.

Die Geschworenen entschieden einstimmig für einen Schuldspruch, sieben der acht Laienrichter hielten den in der Justizanstalt Stein inhaftierten 66-Jährigen für zurechnungsfähig. Mildernd bei der Strafbemessung war das Tatsachengeständnis, erschwerend u.a. der rasche Rückfall - während der Haft - und die vielfache Tatbegehung, sagte der vorsitzende Richter. Zudem wurde eine Einweisung nach Paragraf 21 Absatz 2 Strafgesetzbuch ausgesprochen. Die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab. Der Verteidiger meldete Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Damit ist das Urteil nicht rechtskräftig.

Verteidiger: „Wahnhafte Persönlichkeitsstörung“

Im Prozess nach dem Verbotsgesetz am Montag in Krems hatten sich die Geschworenen am späten Vormittag zur Beratung zurückgezogen. Der 66-Jährige leidet laut einem Gutachter an einer wahnhaften Persönlichkeitsstörung und ist nicht zurechnungsfähig. Die Staatsanwältin beantragte die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher. Verteidiger Wolfgang Blaschitz sprach sich dagegen aus.

Der in Stein inhaftierte 66-jährige Mann soll in Briefen unter anderem an den früheren von der ÖVP nominierten Justizminister Wolfgang Brandstetter und Bundespräsident Alexander Van der Bellen die Existenz von Gaskammern in Abrede gestellt haben. Außerdem soll der einstige Wiener FPÖ-Bezirksrat - er wurde 1994 von der Partei ausgeschlossen - behauptet haben, es sei unmöglich, dass das NS-Regime sechs Millionen Juden ermordet habe. Dem Mann drohten ein bis zehn Jahre Haft.

Angeklagter: „Kann nicht passiert sein“

Im Paragraf 3h Verbotsgesetz sei ausdrücklich festgehalten, dass die Freiheit der Wissenschaften gewahrt bleibe, sagte der 66-Jährige: „Ich habe einen akademischen Eid geleistet, und den werde ich nicht brechen.“ Er verwies auf sein Anfang der 1990er Jahre verfasstes Gutachten mit dem Titel „Naturgesetze versus Gaskammern“. Demnach hätten mit dem Gas Zyklon B keine Gaskammern betrieben werden können. „Es ist nicht möglich, also kann es nicht passiert sein“, sagte der Mann und forderte eine Prüfung seines Gutachtens.

„Wenn man einiges infrage stellt, heißt es gleich, man stellt den ganzen Völkermord infrage“, meinte der Akademiker, der seinen Angaben zufolge Physik und Verfahrenstechnik studiert hat. „In Mauthausen ist die Gaskammer nach dem Krieg errichtet worden“, sagte er, trotzdem würde man seit Jahrzehnten Kinder dorthin „schleppen“ und ihnen „falsche Gaskammern“ zeigen. Zu seinen bisherigen fünf einschlägigen Verurteilungen meinte der 66-Jährige: „Man hat die Geschworenen fünf Mal hintereinander falsch informiert.“

Gutachten und Zwischenruf

„Würden Sie sich selbst als Antisemiten bezeichnen?“, wollte Verteidiger Wolfgang Blaschitz von seinem Mandanten wissen. „Natürlich nicht“, lautete die Antwort. Einem Gutachter zufolge ist der 66-Jährige zurechnungsunfähig. Aufgrund einer geistig-seelischen Abartigkeit höheren Grades erlebe er einen inneren Zwang, seine Thesen weiterhin zu vertreten. Der Mann gehe davon aus, dass er seit 25 Jahren verfolgt werde, er spreche von einer „Mauthausen-Clique“, die sich bereichern wolle. Laut dem 66-Jährigen wäre die ganze „Vermarktung“ von Mauthausen hinfällig, wenn es keine Gaskammern gegeben hätte, sagte der Psychiater. Eine Zuhörerin wurde daraufhin aufgrund eines Zwischenrufes des Saales verwiesen.

Der Sachverständige hatte den Mann das erste Mal im Februar 2015 begutachtet. Diese Persönlichkeitsstörung habe sich „psychodynamisch weiterentwickelt“ und betreffe nun den gesamten Lebensvollzug des 66-Jährigen, so dass er „diese Idee mit allen Kräften verfolgt“. Der Mann werde weiterhin derartige Schreiben verfassen, von Gewalttaten sei nicht auszugehen, sagte der Gutachter.

Staatsanwältin: „Er wird immer weitermachen“

Die Staatsanwältin stellte einen Antrag auf Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher. Verteidiger Wolfgang Blaschitz meinte hingegen, die Voraussetzung für eine Einweisung sei nicht gegeben: „Nicht jeder, der eine Wahnvorstellung hat, ist als gefährlich einzuschätzen.“ Nach der Verlesung der Fragen an die Geschworenen meldete sich der 66-Jährige zu Wort. „Keiner dieser Briefe ist ein Verstoß gegen das Verbotsgesetz“, sagte er.

Der Mann habe auch nach dem von der Anklage umfassten Zeitraum weitere derartige Schreiben verfasst, „er macht weiter und wird immer weiter machen“, sagte die Staatsanwältin. „Natürlich ist das, was dem Angeklagten zur Last gelegt wird, eine Anlasstat“, hielt sie fest, und betonte: „Der Rechtsstaat wird massiv erschüttert und gestört, wenn massenhaft derartige Theorien verbreitet werden“, das sei ein „Schlag ins Gesicht für jeden Hinterbliebenen und den Rechtsstaat“. Die Staatsanwältin appellierte an die Geschworenen, „das Andenken, die Menschlichkeit und unseren Rechtsstaat“ zu schützen.

Der Verteidiger meinte, die erste Hauptfrage sei zu verneinen. Eine Verurteilung scheitere an der fehlenden Öffentlichkeit durch die verschickten Schriftstücke. Blaschitz verwies auf das Grundrecht der freien Meinungsäußerung und der Wissenschaft. Die Ausführungen seines Mandanten würden eine wissenschaftliche Befassung mit dem Thema darstellen. Eine Gefährlichkeit liege nicht vor, sprach er sich außerdem gegen eine Einweisung aus. „Ich habe es eingesehen, dass ich so nicht weiterkomme“, sagte der 66-Jährige in seinem Schlusswort: „Ich stoße auf taube Ohren.“ Damit sei die Sache für ihn eigentlich abgeschlossen, meinte er.