Flüchtlinge sorgen für Taufboom

Die Zahl der Taufwerber, die über 14 Jahre sind, hat sich im Vorjahr mehr als verdoppelt. Das Interesse dürfte sich auch heuer fortsetzen. Der Grund dafür sind vor allem Flüchtlinge. Der Großteil wird in der Osternacht getauft.

An den Weg in die Stadtkirche Mödling hat sich Elisabeth mittlerweile gewöhnt. Vor einem Jahr wurde sie hier in der Osternacht getauft. Für die junge Frau sei das ein Höhepunkt gewesen, immerhin musste sie ihren Glauben in ihrer Heimat Iran streng geheim halten.

Taufen Erwachsene Flüchtlinge

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Im Iran ist ein Wechsel der Religion verboten. Deshalb kann sich Elisabeth nicht öffentlich zum Christentum bekennen

„Im Iran werden alle Bürger als Muslime geboren, und als Moslem darf man nicht in zu einer anderen Religion wechseln. Jenen Personen, die trotzdem konvertieren, droht sogar die Todesstrafe.“ Elisabeth war dennoch fest entschlossen, sich nach ihrer Flucht taufen zu lassen.

„Familie versteht meine Entscheidung nicht“

Über ihren Schritt Bescheid wissen allerdings nur wenige ihrer Familie Bescheid. „Meine Familie ist sehr streng und jene die es wissen, verstehen nicht, warum ich diesen Schritt gemacht habe. Sollte die Regierung von Elisabeths Religionswechsel erfahren, wäre es für ihre Familie sehr gefährlich.“

Andere Taufwerber lernen die Religion hingegen erst kennen und finden dadurch zum Christentum, schildert Frederike Dostal, Referatsleiterin der Erzdiözese Wien für Erwachsenenkatechumenat: „Die Leute beschäftigen sich mit verschiedenen Religionen, wobei ihnen das Christentum dann am meisten zusagt.“ Aber auch persönliche Gotteserfahrungen seien sehr häufig.

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Laut Dostal müssen die Taufwerber vor allem selbst zu Gott finden

Sprunghafter Anstieg

Die Zahl der Erwachsenentaufen war in Niederösterreich über Jahre ziemlich konstant. Im Vorjahr haben sich die Zahlen auf 126 Personen mehr als verdoppelt. Heuer dürften die Zahlen laut Erzdiözese ähnlich hoch bleiben. Seit Jahresbeginn wurden in Niederösterreich schon 60 Personen zur Taufe zugelassen. Die meisten kommen aus dem Iran und Afghanistan, Österreich folgt erst auf Platz drei.

Dass Flüchtlinge durch die Taufe nur ihre Chancen auf Asyl erhöhen wollen, werde praktisch ausgeschlossen, versichert Dostal: „Wir fragen sehr genau nach den Motiven, weil uns das sehr wichtig ist. Die Taufwerber sollen ja auch wirklich Christen werden wollen und nicht, sobald sie Asyl haben aus der Kirche wieder austreten.“ Außerdem muss jeder Taufwerber eine einjährige Vorbereitung absolvieren, in der sie die Bibel und Sakramente kennenlernen und selbst auch zu Gott finden sollen.

Taufwerber sollen „Gott spüren“

Die Kirche begleitet diese Vorbereitung - einerseits durch Vorbereitungsgespräche mit dem Katecheten, andererseits durch die verschiedenen, kirchlichen Feiern. „Diese Riten sind für die Leute sehr hilfreich, weil sie die Gegenwart Gottes spüren und auch die Unterstützung der Gemeinde“, hält Dostal fest.

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Etwa die Hälfte der heuer zugelassenen Täuflinge wurde am Samstag in der Osternacht in die katholische Kirche aufgenommen. Elisabeth, die vor zwei Monaten Asyl erhielt und somit in Österreich bleiben darf, bereute ihre Entscheidung bisher nicht. Durch die Taufe sei sie dem Glauben - trotz aller Herausforderungen - noch ein Stück nähergekommen.

Stefan Sailer, noe.ORF.at

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