Zweitwohnsitzer: Dilemma und Hoffnung

Das Thema Zweitwohnsitzer ist seit der Landtagswahl sehr präsent. Ein besonderes Spannungsfeld zwischen Dilemma und Hoffnung gibt es in Raabs an der Thaya (Bezirk Waidhofen). Mehr als jeder Vierte ist hier Zweitwohnsitzer.

Seit Jahrzehnten und aus den unterschiedlichsten Motiven nehmen Menschen in Kauf, Hunderte Kilometer zu pendeln, um ihr Wochenende oder den Ruhestand in Raabs an der Thaya zu verbringen. Der Anteil der Zweitwohnsitzer liegt stabil bei 25 bis 28 Prozent der Einwohner. Deren Zahl hat in den vergangenen Jahren allerdings immer weiter abgenommen. Wurden im Jahr 2010 noch 3.959 Einwohner bei 1.106 Zweitwohnsitzern gezählt, waren es am 1. Jänner 2018 nur noch 3.650 Einwohner bei 994 Zweitwohnsitzern.

Mögliche Trendwende

Ein Trend, der sich aber abflacht, rechnet Bürgermeister Rudolf Mayer (ÖVP) vor. Seit Jänner ist die Zahl erstmals seit vielen Jahren wieder leicht angestiegen. Mayer hofft darauf, den „Turnaround“, also die Trendwende bei der Bevölkerungszahl schaffen zu können. Das soll mit Hilfe der Zweitwohnsitzer passieren, die sehr willkommen seien, so Mayer, auch wenn sie eine Herausforderung für die Gemeinde darstellen würden.

Raabs an der Thaya

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Die Bereitstellung von lebenswichtigen Dienstleistungen ist nicht einfach

Raabs zählt mit seinen 32 Katastralgemeinden auf knapp 135 Quadratkilometern zu den flächenmäßig größten Gemeinden des Waldviertels. Da ist die Infrastruktur - 23 Feuerwehren, Wasserversorgung für jeden Ort oder auch die Abwasserbeseitigung - eine Mammutaufgabe. Diese Dienstleistungen müssen schließlich für alle Einwohner bereitgestellt werden, obwohl viele wochentags gar nicht da sind. Am meisten schmerze, so Bürgermeister Mayer, dass „wir für Zweitwohnsitzer keine Ertragsanteile aus dem Steuertopf des Bundes bekommen. Das sind bei uns 1.000 mal 600 Euro, also ein schöner Brocken, der uns entgeht, weil wir Zweitwohnsitzer nicht rechnen dürfen.“

Das „Beste zweier Welten“

Es sind die Ruhe und die Schönheit der Landschaft, die so viele in dieses Grenzgebiet zu Tschechien locken. Die Zwentendorferin Erika Pascher etwa baute in den vergangenen 30 Jahren einen Naturgarten auf, der seinesgleichen sucht, gespickt mit unzähligen Sammlerstücken aus Küchen früherer Zeiten.

Der Wiener Heinz Malleek pendelt seit 40 Jahren von Wien nach Raabs, verliebt in das Thayatal. Christine Ratzmann schließlich kehrte nach ihrer Pensionierung von Wien in ihre Heimat zurück und genießt nun das „Beste zweier Welten“, wie sie sagt. Sie und Hunderte andere Zweitwohnsitzer sind der beste Beweis, welchen Reiz Raabs auszuüben imstande ist. Und sie verkörpern die Hoffnung, die Abwanderung in dieser Region stoppen zu können.

Robert Salzer, noe.ORF.at