Strafrituale im Museum für Rechtsgeschichte

Geköpft durch das Richtschwert oder gedemütigt durch eine Schandmaske – diese und ähnlich drakonische Strafwerkzeuge gibt es im Schloss Pöggstall (Melk) zu sehen. Dort eröffnete vor kurzem das Museum für Rechtsgeschichte.

Die Rechtsprechung und deren Geschichte bleibt in der Gemeinde Pöggstall im Bezirk Melk weiter Thema. Nach der Landesaustellung „Alles was Recht ist“ im Vorjahr eröffnete nun dauerhaft das erste österreichische Museum für Rechtsgeschichte.

Als Kuratorin konnte mit Elisabeth Vavra eine der führenden Historikerinnen für Rechtsgeschichte in Niederösterreich gewonnen werden. Auf mehr als 200 Quadratmetern Ausstellungsfläche sind seit Anfang Mai ebenso viele Exponate zu sehen.

Fokus auf die wertvollsten Objekte im Fundus

Die Ausstellungsstücke stammen aus den Landessammlungen des Landes Niederösterreich, die insgesamt an die 2.000 Objekte zur Rechtsgeschichte vereinen. Vavra entschied sich jedoch bewusst nur für die seltensten Kostbarkeiten. Zu den Höhepunkten zählt ein Armensünderkreuz aus Stetteldorf am Wagram (Korneuburg). Das aus der Barockzeit stammende Exponat wird auch Vortragekreuze genannt, da es die zum Tode Verurteilten am Weg zur Hinrichtungsstätte trugen.

Der Vollzug der Todesstrafe, die in Österreich 1968 endgültig abgeschafft wurde, fand auch im 18. Jahrhundert noch durch Enthauptung mittels Richtschwert statt. Das Museum stellt gleich drei dieser kunstvoll verzierten Hinrichtungswerkzeuge aus. Auf einem der Schwerter ist eingraviert: „Wann dem Armen sünder wirdt Abgesprochen Dass leben, so wirdt Er Mir unter meine handt gegeben“.

Bei geringeren Vergehen griff das Gesetz auf sogenannte Schandmasken zurück. Diese wurden aus Eisenblech gefertigt. Form und Inschrift nahm auf das Verbrechen Bezug. Durch Schweinsrüssel, Pfeifen oder Glöckchen wurde die Herabwürdigung verstärkt. Die bestrafte Person hatte die Maske, die Teile oder das ganze Gesicht umschloss, in der Öffentlichkeit, am Pranger oder – strafmildernd – zu Hause zu tragen.

Sachlichkeit statt Voyeurismus

Insgesamt deckt die Dauerausstellung die Zeitspanne vom späten Mittelalter bis Hälfte des 19. Jahrhunderts ab. Den Endzeitpunkt wählte die Kuratorin sehr bewusst, da sich das Rechtssystem ab dem Revolutionsjahr 1848 massiv im Wandel befand. Neben der Bauernbefreiung führten frühkonstitutionelle Bestrebungen zur Entstehung der Pillersdorf`schen Verfassung und zur Herausbildung des Parlamentarismus in Österreich.

Durch die zeitliche Begrenzung soll die Entwicklung der Rechtsgeschichte in den gewählten Epochen möglichst umfangreich dargestellt werden. „Es ging uns nicht darum, dass Schaurigste und Grausigste zu zeigen. Wir haben diesen Voyeurismus gezielt vermieden“, so Vavra.

Der Schwerpunkt der Ausstellung liegt zurzeit auf den Sammelbeständen, aber Sonderausstellungen sind bereits ab nächstem Jahr geplant. Diese werden sich vor allem jüngeren Entwicklungen im Rechtsstaat wie dem Nationalsozialismus und dessen Folgen widmen. Laut Vavra soll Pöggstall so zum Kompetenzzentrum für Rechtsprechung in Niederösterreich und über die Grenzen hinaus werden.

Markus Strohmayer, noe.ORF.at

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