Hainburg ’84: Aktivisten erinnern sich

Der geplante Bau des Donaukraftwerks bei Hainburg (Bezirk Bruck a.d. Leitha) vor 30 Jahren hatte die heftigsten Zusammenstöße der Nachkriegszeit zur Folge. Umweltaktivisten verhinderten durch die Besetzung der Au das Projekt.

Nachdem das Atomkraftwerk Zwentendorf nicht in Betrieb gegangen war, drängten die damaligen Donaukraftwerke, die Industrie und die Gewerkschaft Bau Holz auf die Errichtung des Donaukraftwerks bei Hainburg, um den steigenden Strombedarf abzudecken. Umweltaktivisten versuchten das Projekt allerdings mit allen Mitteln zu verhindern. Zwei Wochen - von 8. bis zum 21. Dezember 1984 - dauerten die Auseinandersetzungen der Aktivisten mit der Exekutive.

3.000 Besetzer gegen 900 Polizisten

Am 19. Dezember eskalierte die Situation in den Donau-Auen. 900 Polizisten und Gendarmen standen 3.000 Besetzern gegenüber. Die Polizei hatte an diesem Tag einen Räumungsbefehl erhalten und griff durch. „Es ist durch Knochen und Mark gefahren“, erinnert sich Gerhard Heilingbrunner, damals einer der Au-Besetzer. „Ich möchte nicht sagen, dass es kriegerische Zustände gewesen sind, aber es war kurz davor, dass es kippen hätte können.“ Die Auseinandersetzung endet mit 40 verletzten Au-Besetzern und 19 verletzten Polizistien und Gendarmen.

Zwölf Tage zuvor waren Umweltaktivisten - an ihrer Spitze Günther Nenning - in die Donau-Auen gezogen, um sie zu besetzen. Auf die Protestaktion hatte man sich gut vorbereitet, erzählt der heutige Nationalpark-Ranger Manfred Rosenberger. „Wir haben das Aneinanderklammern und Unterhaken trainiert, wie man mit den Beamten umgeht, sie in Gespräche verwickelt und auf keinen Fall aggressiv reagiert.“

Demonstranten aus fast allen Schichten

Der Widerstand wuchs: 4.000 Demonstranten zogen bei Eiseskälte in die Au und hielten sie zwei Wochen lang besetzt. Aus Stein und Holz wurden Barrikaden errichtet. Freda Meissner-Blau, eine der Aktivisten und spätere Politikerin der Grünen, erinnert sich an eine gute Stimmung in den Lagern. „Da war dieses Gemeinschaftsgefühl, dass wir alle an einem Strang ziehen. Das ging quer durch alle Schichten, durch alle politischen Meinungen. Von rechts außen war niemand da, aber sonst waren von Punks bis Lodenmäntelkinder alle da“, so Meissner-Blau, die damals federführend bei der Protestaktion war.

Auch der heutige EU-Abgeordnete Othmar Karas (ÖVP) war damals bei der Au-Besetzung aktiv. „Ich war gleichzeitig beim Bundesheer in der Dabsch-Kaserne in Leobendorf. In der Nacht bin ich in die Au gefahren, in der Früh war ich wieder bei der Stellung“, so Karas.

Unternehmer Roman Kral war zu dieser Zeit Gendarmeriebeamter in Ausbildung. Als Exekutivbeamter war er im Einsatz gegen die Demonstranten in der Au, am Wochenende demonstrierte er in seiner Freizeit gegen den geplanten Kraftwerksbau. „Indem ich hergekommen bin, habe ich ein klares Bekenntnis abgegeben“, so Kral. „Ich habe gezeigt, wo ich privat stehe, was meine persönliche Meinung ist und wo mein Herz daheim ist.“

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In den sechs Lagern rund um die Hainburger Au bereiteten sich die Besetzer auf ein langes Ausharren vor. Es war eiskalt, mittlerweile hatte es geschneit. Vierzehn Tage blieb die Au besetzt, es war aber eine Patt-Stellung. Nachdem allerdings zu diesem Zeitpunkt eine gesetzliche Grundlage für die Rodungen vorlag, wuchs der Druck der Gewerkschaft, die eine Räumung verlangte.

30.000 demonstrieren vor Bundeskanzleramt

Am 17. Dezember - zwei Tage bevor die Situation eskalierte - hielt die Gewerkschaft eine Versammlung in Hainburg ab. „Dort wurde ultimativ gedroht, dass wenn die Regierung nicht imstande ist, mit der Polizei die Besetzer aus der Au hinauszutreiben, die Gewerkschafter das selber machen werden“, so Gerhard Heilingbrunner, damals Au-Besetzer.

Sendungshinweis

„Radio NÖ Mittagsmagazin“, 18.12.2014

Diese Drohung löste schließlich den Polizeieinsatz am 19. Dezember aus, der zugleich die letzte Auseinandersetzung zwischen der Exekutive und den Umweltaktivisten darstellte. In den Medien wurde intensiv berichtet. Noch am selben Abend demonstrierten mehr als 30.000 Menschen in Wien vor dem Bundeskanzleramt gegen das Vorgehen der Exekutive. Zwei Tage später rief der damalige Bundeskanzler Fred Sinowatz den Weihnachtsfrieden aus. Kurz darauf wurden die Schlägerungsversuche in der Au gestoppt.

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