Der Mann, der unser Gehirn erforscht

Wie funktioniert unser Gehirn? Diese Frage zu beantworten, ist für Neurowissenschaftler Peter Jonas zur Lebensaufgabe geworden. „Meiner Meinung nach steht die Hirnforschung erst am Anfang“, so der Wittgenstein-Preisträger.

Das Gehirn ist laut Peter Jonas ein „Wunderwerk“: Es enthält rund zehn Milliarden Nervenzellen, die miteinander über Schaltstellen, die sogenannten Synapsen, kommunizieren. Davon gibt es wiederum rund eine Trilliarde im Gehirn. Zahlen, die unsere Vorstellungskraft bei weitem überschreiten. Dazu kommt die Tatsache, dass viele Prozesse auf Zellebene in Millisekunden oder sogar noch kleineren Zeiteinheiten ablaufen.

„Das ist die Herausforderung, hier entsprechende Methoden zu entwickeln“, erzählt der Neurowissenschaftler in der „Nahaufnahme“ mit Alice Herzog über seinen Arbeitsalltag in Klosterneuburg. Hier lebt und arbeitet der gebürtige Deutsche und diesjährige Wittgenstein-Preisträger seit sechs Jahren.

Peter Jonas und Alice Herzog

ORF

Neurowissenschaftler Peter Jonas zu Gast in der „Radio Niederösterreich Nahaufnahme“ bei Alice Herzog. Der 55-Jährige wurde im Juni mit dem Wittgensteinpreis - dem „Austro-Nobelpreis“ - ausgezeichnet.

„In den nächsten 20 bis 30 Jahren nicht fertig“

Zu seinem Team gehören junge Wissenschaftler aus vielen Nationen, die auch den nötigen Enthusiasmus mitbringen. Die Gehirnforschung erfordert einen langen Atem, weiß der langjährige Forscher: „Ich befürchte, dass wir uns erst im ersten Drittel befinden. Es gibt noch viele Aspekte, die noch völlig unzureichend verstanden worden sind. Meine realistische Einschätzung ist, dass wir in den nächsten 20 bis 30 Jahren noch nicht fertig sind.“

Am IST in Klosterneuburg betreibt Peter Jonas Grundlagenforschung. Es geht ihm darum, zu erkennen, wie unser Gehirn funktioniert. Im Grunde bilden diese Forschungsarbeiten die Voraussetzungen für spätere Anwendungen, etwa bei der Entwicklung von Medikamenten gegen neurologische Erkrankungen wie Demenz oder Alzheimer. „Natürlich ist das ein Fernziel, aber man muss auch die Zeitachse sehen. Das sind keine Entwicklungen, die sich in den nächsten fünf Jahren ergeben auch keine, die sich erzwingen lassen. Die werden sich aus der Grundlagenforschung ergeben", bremst Jonas falsche Erwartungshaltungen.

Als „Ausreißer“ bis nach Klosterneuburg

Der am 10. Mai 1961 in Darmstadt geborene Wissenschaftler stammt aus einer Architektenfamilie und bezeichnet seinen beruflichen Weg daher gegenüber der APA als „Ausreißer“. Seine ingenieurswissenschaftliche familiäre Prägung möge zwar auf den ersten Blick wenig mit der Arbeit als Neurowissenschaftler zu tun haben, entpuppe sich allerdings immer wieder als „durchaus nützlicher Hintergrund“.

Sendungshinweis

„Radio Niederösterreich Nahaufnahme“; 24.7.2016

Bei seiner Berufung als Professor an das IST Austria in Klosterneuburg 2010 rühmte das Institut Jonas als „einen der führenden Neurowissenschafter der Welt“. Seine Laufbahn führte ihn nach dem Medizin-Studium an der Universität Gießen 1990 an das Max-Planck-Institut für Medizinische Forschung in Heidelberg, wo er sich an der dortigen Universität 1992 habilitierte. 1994 folgte er einem Ruf an die Technische Universität München und wechselte 1995 an das Physiologische Institut der Universität Freiburg, wo er bis 2010 das physiologische Institut leitete.

Die „Nahaufnahme“ zum Nachhören

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