Auf Spurensuche in Gneixendorf

60.000 Kriegsgefangene waren im Zweiten Weltkrieg in Krems-Gneixendorf untergebracht. Heute erinnern nur noch Gedenktafeln an „Stalag XVII B“. Immer wieder begeben sich Angehörige auf Spurensuche. Sie kämpfen gegen das Vergessen.

Während des Zweiten Weltkriegs hat es auf dem Gebiet des heutigen Österreichs elf Kriegsgefangenenlager gegeben. Das größte dieser Kriegsgefangenen-Mannschaftsstammlager - kurz Stalag - war „Stalag XVII B“ in Krems-Gneixendorf. Etwa 60.000 Kriegsgefangene waren dort untergebracht, davon circa 4.000 Unteroffiziere der amerikanischen Luftwaffe.

Manchmal kommen Angehörige von ehemaligen Gefangenen nach Gneixendorf, aber die Erinnerung verblasst, denn die Lagergebäude wurden 1945 abgetragen. Heute findet man dort Felder und Wiesen, und Gedenksteine an der Zufahrt zum Flugplatz Gneixendorf. Im Hauptgebäude des Flugplatzes wurde eine Tafel installiert, mit Fotos von ehemaligen Kriegsgefangenen und deren Angehörigen, die hier auf Spurensuche waren.

„We did return“

„We did return“ („Wir sind zurückgekehrt“) haben ehemalige amerikanische Kriegsgefangene vor zehn Jahren in Granit meißeln lassen. Sie wollten mit diesem steinernen Gedächtnis ein Zeichen gegen das zunehmende Vergessen setzen.

Ed Culpepper aus den USA ist mit seiner Frau nach Gneixendorf gekommen. Sein Vater war von März 1944 bis April 1945 in „Stalag XVII B“. Damals war er 19 Jahre alt, bald wird er 90. Das Jahr in Kriegsgefangenschaft habe seinen Vater stark geprägt. „Jene, die meinen Vater kennen, wissen, dass er nicht jener ist, der als Erster spricht, aber wenn er etwas sagt, dann sollte man sehr aufmerksam sein“, so Culpepper, „weil er mit Weisheit und Mitgefühl spricht, und seine Gedanken sind sehr tiefsinnig.“

Ed Culpepper mit Frau vor Gedenktafel

ORF

Ed Culpeppers Vater wurde ein Jahr lang in Gneixendorf gefangen gehalten

Kein Vernichtungslager

„Stalag XVII B“ war kein Vernichtungslager der Nationalsozialisten, hier war die Arbeitskraft der Gefangenen wichtig. Jeder zehnte der sowjetischen Kriegsgefangenen hat die Haft nicht überlebt, sie wurden auch aus ideolgischen Gründen von den Nazis schlechter behandelt als andere Gefangene.

Sendungshinweis:

„NÖ Heute“, 1.4.2014

Aufgrund der Genfer Konvention durften amerikanische Offiziere nicht zum Arbeitseinsatz herangezogen werden. „Das hat auf der anderen Seite für sie wieder bedeutet, dass der Lageralltag eher von Langeweile geprägt war“, erklärt Barbara Stelzl-Marx vom Ludwig Boltzmann-Institut für Kriegsfolgen-Forschung, „sie mussten sich organisieren, um keinen Lagerkoller zu bekommen: Es hat eine eigene Lager-Universität gegeben, sie haben ein Lager-Theater und eine Bibliothek gegründet, Schach gespielt und Sport betrieben.“

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