Gefährlicher Pillenmix

Medikamente sind oft eine Notwendigkeit, doch mit jedem zusätzlichen Medikament steigt die Gefahr von Wechselwirkungen deutlich an. Um das Risiko eines gefährlichen Pillenmixes zu senken, wurde nun eine Aufklärungskampagne gestartet.

Wer zum Arzt geht, kommt sehr oft, um sich Medikamente verschreiben zu lassen. Bei vielen Patienten wird die Liste an Präparaten mit den Jahren immer länger und damit das Risiko von Wechselwirkungen. Zudem zeigt die Erfahrung, dass nur ein Bruchteil der Patienten die Tabletten auch korrekt einnimmt.

Tabletten

APA/dpa/Matthias Hiekel

Die sogenannte Polypharmazie ist vor allem bei chronisch kranken und älteren Menschen ein Problem, wie das Beispiel einer 70-jährigen Niederösterreicherin zeigt, die in Summe 16 verschiedene Medikamente nimmt, unter anderem gleich zwei Magensäureblocker.

„Wenn der Patient einen Magenschutz nimmt, wird dadurch die Magensäureproduktion verhindert. Damit wird aber auch bei der Einnahme gewisser Medikamente verhindert, dass der Wirkstoff aufgenommen wird, weil die Gelatinekapsel durch die Magensäure nicht aufgebrochen werden kann und in der Folge das Medikament im Dünndarm nicht aufgenommen wird“, erklärt Dietmar Baumgartner, Vizepräsident der Ärztekammer für Niederösterreich.

Wechselwirkungen vor allem bei Älteren ein Problem

Laut Niederösterreichischer Gebietskrankenkasse nehmen 48.527 Versicherte sechs bis zehn Wirkstoffe ein. Die über 65-Jährigen sind mit 33.686 die größte Gruppe, 11.099 Patienten nehmen sogar mehr als elf Wirkstoffe ein, hier sind 7.882 älter als 65.

„Gerade bei hochbetagten Menschen sind Wechselwirkungen ein großes Problem, weil die Medikamente bei der Zulassung meist an Jüngeren getestet werden“, warnt Robert Sauermann vom Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger. „Hier muss man sich darauf konzentrieren, welche Medikamente dem Patienten wirklich helfen, die seine Funktionalität erhalten, seine kognitiven Fähigkeiten, seine Mobilität, und wo es vielleicht weniger wichtig ist, einzelne kleine Leiden perfekt laut Richtlinien zu behandeln“, sagt Sauermann.

Offener Umgang mit dem Arzt wird empfohlen

Generell empfiehlt er einen offener Umgang mit dem Arzt, da „vor allem ältere Patienten aus Respekt gegenüber dem Arzt sich nicht nachzufragen trauen, und heimlich Tabletten weglassen. Da wäre es viel besser, eine offene Gesprächskultur zu pflegen“, so Sauermann. Von Ärztekammer und Gebietskrankenkasse wurde ein eigener Leitfaden für Mediziner herausgegeben.

„So hat der Arzt die Sicherheit, Medikamente zu verschreiben, die wirken und Patienten helfen, und die der Gebietskrankenkasse Kosten sparen helfen, sagt Gerhard Hutter, Obmann der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse. Und die Patienten haben die Sicherheit, sich nicht mit Medikamenten, die ihnen eigentlich helfen sollen, zusätzlich zu schaden.