„Das Leben hat es gut gemeint“

Die Leobendorferin Jazz Gitti ist Niederösterreichs Beitrag zur Unterhaltungsshow „Dancing Stars“. Die Sängerin schlug sich als Kellnerin durch, betrieb dann den ersten Wiener Jazz-Heurigen und schaffte mit „A Wunder“ den Durchbruch.

noe.ORF.at: Jazz Gitti und Willi Gabalier, wer schwitzt mehr beim gemeinsamen Tanztraining?

Jazz Gitti: Der Willi, weil er mich die ganze Zeit hebt.

Willi Gabllier: Man muss sich in die Sache voll reinhauen und das ist manchmal halt ein bisschen schweißtreibend. Aber sie ist eine brave Schülerin.

Jazz Gitti: Wenn er merkt, dass ich müde bin, sagt er „Gitterl, ich bin müde. Machen wir eine Pause.“

noe.ORF.at: Die Jury ist ziemlich streng, aber das Publikum habt ihr voll auf Eurer Seite.

Jazz Gitti: Die machen auch nur ihren Job. Wenn ich mich im Spiegel anschaue, kann ich die Jury verstehen. Es gibt Situationen, die werde ich nie so hinkriegen, wie eine die 50, 40 oder 20 Jahre jünger ist als ich.

Willi Gabalier: Aber das Machbare macht sie mit 1.000 Prozent.

Jazz Gitti: Es schaut bei mir schon durch meine Figur nicht so elegant und super aus. Als ich jünger war, war ich ein wenig wie der Georgij (Makazaria, Anm. der Redaktion), da war ich auch dick, aber ich war geschmeidiger. Es ist halt so. Außerdem habe ich einige Bestandteile in meinem Körper erneuert. Aber das soll keine Entschuldigung sein, wenn ich „A“ sage, muss ich auch „B“ sagen.

noe.ORF.at: 1.000 Prozent ist dein Lebensmotto. Du hast schon unglaublich viel gemacht in deinem Leben. Du warst Sängerin, Köchin, Wirtin, Kellnerin, Versicherungsverkäuferin, Eisverkäuferin und hast Bücher geschrieben.

Jazz Gitti: In Israel war ich auch Putzfrau, da habe ich viel Geld verdient. Aber ich habe geputzt wie ein Teufel. Dafür, dass mein Vater, als ich 16 Jahre alt war, zu mir gesagt hat: „Du blöder Trampel kannst nicht einmal einen Besen halten.“ Ich habe darauf „Na und, wer hat es mit gezeigt? Keiner“ gesagt und es mir selbst beigebracht.

Jazz Gitti beim Verteilen des Folders "Frauenvolksbegehren" in Wien am 11. April 1997

APA / Herbert Pfarrhofer

Jazz Gitti beim Verteilen des Folders „Frauenvolksbegehren“ im April 1997

noe.ORF.at: Du wirkst sehr fit, wie geht es dir gesundheitlich?

Jazz Gitti: Jetzt super. Mein Zucker ist gut eingestellt. Ich habe eine Zellreinigungskur gemacht und 15 Kilogramm abgenommen, davon 13 Kilogramm Fett. Ich gehe seit vier Jahren zum Muskelaufbautraining und ich bin vor „Dancing Stars“ zum Jazzdance gegangen - einmal in der Woche eine Stunde. Das hat mir gut getan und ich werde auch weiter hingehen.

noe.ORF.at: Obwohl es einige Fans gibt, die sagen, dass es von dir gar nicht genug geben kann.

Jazz Gitti: Es geht nicht darum, ob ich dick oder dünn bin. Wichtig ist, dass ich gesund bin. Ich werde (im Mai, Anm. der Redaktion) 70 Jahre alt und schaffe das nicht mehr. Der Körper schaut sich das lange Zeit an, aber irgendwann sagt er, dass es nicht mehr geht.

noe.ORF.at: Du warst auch Wirtin, legendär waren deine Musikclubs.

Jazz Gitti: Ja, ich habe schon ein Kommando gehabt. Mein Grundprinzip war: Jeder kann machen, was er will, soll sich wohl fühlen, aber darf niemand anderen stören. In dem Moment, wo er gestört hat oder ungut war, musste er gehen, da hat es drei Verwarnungen gegeben, wenn er nicht gehört hat, habe ich ihn beim Krawattl gepackt und hinausgeschmissen.

noe.ORF.at: Es war nicht immer lustig, auch wenn du den Anschein gibst, weil du ein Sonnenschein bist. Dabei hast du dich schon mit 16 Jahren mit deinem Papa nicht mehr verstanden und bist dann auf und davon.

Jazz Gitti: Er hat eine junge Frau gehabt. Die beiden wollten alleine leben und ich war das fünfte Rad am Wagen. Heute verstehe ich das, damals habe ich es nicht verstanden. Das ist alles vergessen und verziehen.

noe.ORF.at: Du bist nach Israel und hast sogar in einem Kibbuz gelebt.

Jazz Gitti: Das hat mir getaugt und war lässig. Ich wollte auch in Israel bleiben, habe geheiratet, wollte drei, vier Kinder. Aber mit dem Mann war das nicht möglich und dann habe ich mir gedacht, ich will mich scheiden lassen, habe aber nichts davon, wenn mein Mann montags und mittwochs bei mir ist. Dann habe ich mein Kind geschnappt und bin nach Österreich zurück.

noe.ORF.at: Deine Tochter singt ebenfalls.

Jazz Gitti: Ich habe ein tolles Kind. Eine Vollblutschauspielerin und Entertainerin.

noe.ORF.at: Das habt ihr beide offenbar im Blut.

Jazz Gitti: Ich bin ja nur ins Showbusiness gegangen, weil ich mit meinem Club pleitegegangen bin. Ich wäre Wirtin geblieben und habe immer gesagt „Singen macht man zum Spaß, das ist kein Beruf“. Wenn ich gewusst hätte, wie viel Spaß das macht, hätte ich früher damit begonnen. Aber man muss im Leben seinen Weg gehen, das ist vorbestimmt. Ich glaube an das Schicksal.

noe.ORF.at: Und das Schicksal hat es gut mit dir gemeint.

Jazz Gitti: Ja, ich bin ein Katzerl, ich falle immer auf die Pfoten. Ich falle zwar immer in den Topf, aber erfange mich auch immer wieder. Es geht bei jedem im Leben auf und ab, das ist nichts Außergewöhnliches. Und ich kann sagen, dass es das Leben letztendlich gut mit mir gemeint hat. Ich habe eine tolle Karriere geschafft, obwohl ich keine Ausbildung habe. Ich habe nur mein Talent. Ich habe ein tolles Kind, drei tolle Enkelkinder. Und wenn die zufrieden und gesund sind, dann geht es der Mama auch gut. Das andere ist mein Job, mit dem ich sehr viel Freude habe. Aber wichtig ist in Wahrheit die Familie.

Martin R. Niederauer und Jazz Gitti

Verlag Kremayr & Scheriau / APA / Schedl

Jazz Gitti mit dem Verfasser ihrer Autobiografie, Martin Niederauer

noe.ORF.at: Du hast auch eine Autobiografie geschrieben.

Jazz Gitti: Nein, ich bin nur auf der Couch gelegen und Martin Niederauer hat sie geschrieben. Aber es war nicht einfach, alles noch einmal aufzuarbeiten. Ich habe mit Martin sehr gut zusammengearbeitet, er ist Journalist und hat mir die richtigen Fragen gestellt. Wir haben es dann ganz gut hinbekommen und ich habe gesagt „Okay, mein Leben war nicht immer leicht. Aber ich habe mich immer bemüht, dass es lustig ist und ich möchte, dass das rüberkommt.“ Mein Leben war ja auch immer humorvoll. Ich suche mir immer die lustige Seite. Egal, was passiert, es hat immer etwas Positives. Und das muss man suchen.

noe.ORF.at: Wie bekommt man so eine Einstellung?

Jazz Gitti: Indem man lang genug auf der Welt ist.

noe.ORF.at: Was möchtest du deinen Enkeln weitergeben?

Jazz Gitti: Die sehen das Chaos, das ich lebe und sind nicht anders. Aber meine Tochter ist eine bessere Mutter, als ich es war - ich habe ihr immer viel Freiheit gelassen, Schlomit setzt aber Grenzen. Und von mir kann man nur Blödsinn lernen und nichts Gescheites.

noe.ORF.at: Wie geht es dir mit deinem Muskelkater wegen des Trainings für „Dancing Stars“?

Sendungshinweis

„NÖ heute“, 19.3.2016

Jazz Gitti: Mir tut nicht mehr weh als zu der Zeit, in der ich nicht getanzt habe. Ich habe zwei neue Knie, habe eine Nervenwurzelentzündung gehabt und zwei Schrauben im Kreuz. Natürlich habe ich einen Muskelkater, wenn ich tanze, aber dann mache ich ein Basenbad und schmiere mich ein. Seit ich für „Dancing Stars“ trainiere, gehe ich besser.

noe.ORF.at: Worauf dürfen wir uns noch freuen oder gefasst machen? Wie geht es weiter?

Jazz Gitti: Bin ich der liebe Gott? Ich bin ja nur die Gitti. Wenn ich rausgewählt werde, bin ich draußen, dann geht es gar nicht weiter. Wenn ich in Graz wäre, könnte ich zum Willi in die Tanzschule gehen. Aber ich werde mir etwas suchen, ich will weiter tanzen, das taugt mir. Und jetzt habe ich die Tanzschuhe schon eingetanzt.

noe.ORF.at: Wir wünschen dir, dass du noch lange dabei bist.

Jazz Gitti: Schauen wir mal, da müssen die Leute voten. Ich bin ja schon traurig, wenn einer rausfällt. Das mag ich nicht, wir sind eine wirklich liebe Partie.

noe.ORF.at: Du bist so offen und ehrlich und redest über alles in deinem Leben. Gibt es eine Frage, die du nicht beantworten möchtest?

Jazz Gitti: Ja, über mein Privat-Privatleben. In wen ich verliebt bin oder auch nicht verliebt bin oder so einen Blödsinn. Aber momentan bin ich gar nicht verliebt, weil ich single bin.

Das Gespräch führte Anne-Maria Neubauer, noe.ORF.at

Links: