Ein Tisch direkt auf der Grenze

Der Eiserne Vorhang ist zwar verschwunden, in den Köpfen der Menschen aber oft noch präsent. Ein Tisch direkt auf der Grenze bei Mitterretzbach (Bezirk Hollabrunn) soll nun die Menschen aus Tschechien und Österreich zusammenführen.

Es ist noch nicht lange her, dass ein Stacheldrahtzaun Europa trennte, vor 27 Jahren ist der Eiserne Vorhang gefallen. Entlang der Linie, wo sich einst der Zaun befand, führt heute eine schmale Straße entlang und verliert sich in den Weingärten. Direkt neben dem ehemaligen Kontrollhäuschen bei Mitterretzbach steht seit geraumer Zeit direkt auf der Grenze ein unaufdringlicher Granittisch, der eine deutliche Botschaft transportiert.

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Ein Tisch für „Grenzgänger“

Seit geraumer Zeit steht direkt auf der Grenze zwischen Österreich und Tschechien ein Tisch, gefertigt aus Waldviertler Granit.

„Begonnen hat es damit, dass ich einen steirischen Sturschädel kennengelernt habe, der mir von der aberwitzigen, tonnenschweren Idee erzählt hat, auf der Grenze einen Tisch aufzustellen“, sagt der Schriftsteller Peter Turrini. „Da ich selbst beruflich von aberwitzigen Ideen leben, war ich begeistert von der seinen. Meine sind allerdings leichter zu realisieren, weil wir hier doch von schwerstem Stein reden.“

Zehn Jahre von der Idee bis zur Fertigstellung

Der Weg bis zur Realisierung des Projekts war allerdings ein langer, weiß Initiator Peter Klug zu berichten. „Ich habe für Peter Turrini in seinem Garten einen Steintisch gebaut und bin beim Bau dieses Tisches auf die Idee gekommen, einen Tisch auf die Staatsgrenze zu stellen. Das ist natürlich nicht so einfach gegangen und hat letzten Endes fast zehn Jahre gedauert, bis er dagestanden ist“, so Klug, der auch in der Südsteiermark zwischen Slowenien und Österreich ein solches Projekt umgesetzt hat.

Links und rechts von der Staatsgrenze gilt etwa ein Bauverbot, eine Kommission musste daher zunächst das Projekt bewilligen. Darüber hinaus brauchte es die Zustimmung des Landes Niederösterreich und der beiden Gemeinden, Retzbach auf der österreichischen Seite und Hnanice auf tschechischer Seite.

Sendungshinweis

„Niederösterreich heute“, 16.6.2016

Symbol der Zusammenarbeit

„Der Tisch ist ein Symbol für die Zusammenarbeit zwischen Retzbach und Hnanice. Viele Touristen nutzen diesen Platz, ich bin selbst auch gerne hier“, sagt der Bürgermeister von Hnanice, Martin Dvorak. Bei der Errichtung pflasterte etwa die tschechische Straßenmeisterei den Untergrund auf der einen Seite, die österreichische Straßenmeisterei war für die andere Seite zuständig. Heute lädt der Tisch dazu ein, die Grenze zu überwinden - eine Grenze, die kaum mehr sichtbar ist.

Thomas Koppensteiner, noe.ORF.at