Der 68er Dieter Haspel wird 70

Der Regisseur Dieter Haspel feiert am Mittwoch seinen 70. Geburtstag. Der in Gloggnitz (Bezirk Neunkirchen) Geborene war 45 Jahre lang in der Wiener Theaterszene präsent und leitete von 1982 bis 2009 das Ensembletheater in Wien.

Dieter Haspels Geburtstag wird schon am Vorabend mit der Derniere seiner letzten Inszenierung an der „Garage X“ am Wiener Petersplatz gefeiert, wo „Haspel ab 1982 mit seinem Ensembletheater den ‚Treffpunkt Petersplatz‘ zu einem der Hotspots der Wiener Mittelbühnenszene machte“, schreibt Wolfgang Huber-Lang in der APA.

Dieter Haspel

APA/Christa Iraschko

„Resignieren wäre das Schlimmste“

„Immer wieder Neues entdecken“

„Vielleicht sind meine besten Jahre dahin. Da noch eine Aussicht auf Glück bestand. Aber ich wünsche sie nicht zurück.“ So endet „Das letzte Band“ von Samuel Beckett, das sich Dieter Haspel - übrigens ebenso wie Klaus Maria Brandauer, der mit demselben Stück am 22. Juni am Burgtheater gastiert - zu seinem 70er ausgesucht hat.

Er selbst fühle sich dagegen keineswegs resignativ, betont Haspel im Gespräch mit der APA: „Resignieren wäre das Schlimmste. Man muss immer wieder Neues entdecken und darf sich nicht verschließen.“

Haspel: Frischer Wind in den verstaubten 60er-Jahren

„Der Petersplatz war Endpunkt eines längeren Vazierens gewesen, das 1968 im ehemaligen Cafe Einfalt (gleich ums Eck der heutigen ‚Garage X‘) begonnen hatte: Mit dem gemeinsam mit Hilde Berger und Götz Fritsch gegründeten Cafetheater brachte Haspel frischen Wind und internationalen Touch in die erstarrte Wiener Theaterszene.

Haspel hatte nach einer kaufmännischen Lehre in der Abendschule die Matura nachgeholt und nach Aufenthalten in Frankreich, Großbritannien und Schweden - wo es zu einer kurzen, aber entscheidenden Begegnung mit Ingmar Bergman kam - in Wien Theaterwissenschaft und Germanistik inskribiert. Im Cafetheater stießen die studentischen Praxisversuche (u.a. mit Stücken von Willi Pevny und Konrad Bayer) von Anfang an auf großen Widerhall bei Publikum und Medien“ (Wolfgang Huber-Lang).

Der Petersplatz: Heimstatt für 27 Jahre

1973 bis 1976 bespielte die in Ensembletheater umbenannte Truppe Haspels das Kärntnertortheater und sorgte mit Brechts „Im Dickicht der Städte“ und „Baal“ oder mit „Germinal“ nach Zola für Aufsehen. Nach Schließung des Theaters und einem Kurzgastspiel als Oberspielleiter in Tübingen (1976/77) bespielte Haspel zunächst das Kleine Theater im Souterrain des Konzerthauses, ehe 1982 der ehemalige „Fatty’s Saloon“ am Petersplatz bezogen wurde.

„Dieter Haspel ist, wie viele 68er, ein ‚man out of time‘“, schrieb der „Falter“ schon 1997 in einem Porträt. Seine Herkunft aus der 68er-Bewegung hat Haspel, der 1976 die legendäre „Proletenpassion“ der Schmetterlinge in der Arena in Szene gesetzt hat, weder ästhetisch noch politisch je verleugnet. Er hat immer an die Veränderbarkeit der Gesellschaft und die Möglichkeit des Theaters, dabei mitzuwirken, geglaubt.

„Das Theater wird immer sein Publikum finden“

Er selbst werde sich in nächster Zeit vor allem auf Lesungen konzentrieren, sagt Haspel. Ein gemeinsam mit Hannes Hawlicek bestrittenes Leseprogramm mit politischen Gedichten von Heinz R. Unger habe unlängst auch im Parlament großen Erfolg gehabt.

Dass politische Gedichte ebenso wenig en vogue sind wie politisches Theater, ist ihm schmerzlich bewusst: „Es stimmt mich traurig, dass die Entpolitisierung so um sich gegriffen hat. Wir leben in einer entsolidarisierten Vergiss-mich-Gesellschaft, in der jeder alles hinnimmt.“ Nur um das Theater an sich ist Haspel nicht bang: „Das Theater wird immer sein Publikum finden.“

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