Schelling und Kurz: Kampf gegen Steuerflucht

Der Bundesparteiobmann und Spitzenkandidat der ÖVP, Sebastian Kurz, hat am Freitag in Krems mit Finanzminister Hans Jörg Schelling Pläne gegen die Steuerflucht präsentiert. Kurz fordert die Schaffung digitaler Betriebsstätten.

Umringt von Journalisten besuchte Kurz am Freitag Betriebe in der Kremser Innenstadt. Bei einem Pressetermin mit Finanzminister Hans Jörg Schelling bekräftigte er: „Wir haben ein massives Interesse daran, die Steuerlast für Österreicherinnen und Österreicher zu senken, weil wir wissen, dass es immer schwieriger wird, sich etwas aufzubauen.“ Im internationalen Vergleich sei die Steuer- und Abgabenquote in Österreich außerdem zu hoch.

Hans Jörg Schelling und Sebastian Kurz

APA/Hans Punz

Schelling und Kurz präsentierten in Krems ihre Pläne gegen die Steuerflucht

Zwölf bis 14 Milliarden Euro müssen bis 2022 eingespart werden, damit die Pläne von Kurz umgesetzt werden können. Er hofft auf ein stabiles Wirtschaftswachstum von durchschnittlich 3,5 Prozent, will die Ausgaben senken und sagt der Steuerflucht den Kampf an: „weil das ein Bereich ist, wo wir einerseits mehr Geld in die Kassen des Finanzministers spülen können, und auf der anderen Seite es auch eine Frage der Gerechtigkeit ist.“

Forderung nach digitalen Betriebsstätten

Der Spitzenkandidat habe „null Toleranz gegenüber jenen, die versuchen, es sich zu richten oder mit illegalen Tricks an der Steuer vorbeiarbeiten.“ Kurz will gegen Karussellgeschäfte vorgehen und fordert digitale Betriebsstätten, „um digitale Unternehmen, die auf der ganzen Welt aktiv sind, auch dort zu besteuern, wo sie Gewinn erwirtschaften.“ Eine weitere Möglichkeit sei die Neuverhandlung von Doppelbesteuerungsabkommen. In diesem Zusammenhang sei Finanzminister Schelling seit Jahren „ein Treiber auf europäischer Ebene“, so Kurz.

Schelling kritisierte seinerseits den rechtlichen Rahmen: „Die Besteuerung von Unternehmen erfolgt auf Basis einer Betriebsstätte. Dieses Gesetz stammt aus dem Jahr 1899, nun hat sich die Welt aber ein bisschen geändert und ich denke, wir sind dringend aufgefordert, diesen Bereich zu erweitern.“ Im Vorfeld eines Ecofin-Treffens aller Finanzminister in Tallin habe Österreich deshalb eine entsprechende Initiative eingebracht. Ziel sei es, „die digitale Betriebsstätte auf europäischer Ebene rasch zu entwickeln.“

„Mehrwertsteuer ab dem ersten Euro“

Um zu verhindern, dass Betriebe Europa verlassen, verwies der Finanzminister auf das Passporting-System, das es im Bereich der Banken bereits gebe. „Das heißt, du musst in Europa innerhalb des Binnenmarktes eine Betriebsstätte haben, sonst darfst du in Europa nicht agieren.“ Im Bereich des Online-Handels forderte Schelling, dass bereits „ab dem ersten Euro versteuert wird. Derzeit zahlt man für Lieferungen aus Drittstaaten erst ab 22 Euro Mehrwertsteuer.“

Die Steuererleichterungen, die im Wahlprogramm von Sebastian Kurz vorgesehen sind, hält Schelling für „realistisch“ und verweist auf die Tarifentlastung mit 1.1.2016: „Damals haben alle gesagt: ‚Das geht nicht.‘ Aber schauen Sie sich die budgetäre Situation an: Es geht und wir haben mehr Wachstum als in Deutschland. Außerdem müssen wir klarstellen, dass Österreich ein Ausgabenproblem hat, während die Staatseinnahmen in den vergangenen zehn Jahren bei einer Inflation von 23 Prozent um 44 Prozent gestiegen sind. Wir kommen damit nicht aus und das kann es wohl nicht sein.“

Gernot Rohrhofer, noe.ORF.at