Niederösterreich will längere Bahnsteige in Wien

Nach der Citymaut-Debatte lässt nun das Land Niederösterreich mit einer Forderung aufhorchen. Wegen des steigenden Verkehrsaufkommens in der Ostregion sollen bei vier S-Bahnen-Haltestellen in Wien die Bahnsteige verlängert werden.

Etwa 190.000 Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher pendeln derzeit täglich nach Wien. In zehn Jahren sollen es laut Prognosen um die 210.000 Pendler sein. Die Bundeshauptstadt entwickle sich „vom Knotenpunkt immer mehr zum Flaschenhals“, sagte Landesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP) am Freitag bei einem Pressegespräch samt Lokalaugenschein am Handelskai in Wien-Brigittenau.

Bahnhof Handelskai

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Die Haltestelle Handelskai ist eine von vier, die aus Sicht Schleritzkos verlängert werden soll

Gemeinsam mit Werner Pracherstorfer von der Abteilung Gesamtverkehrsangelegenheiten beim Amt der niederösterreichischen Landesregierung sprach er sich dabei für die Verlängerung der Bahnsteige bei den Wiener S-Bahn-Stationen Handelskai, Traisengasse, Rennweg und Matzleinsdorfer Platz auf jeweils 230 Meter aus. Damit wäre es möglich, 250 Sitzplätze mehr pro REX-Zug aus beziehungsweise nach Niederösterreich anzubieten, was ein Plus von 40.000 Sitzplätzen pro Tag bedeuten würde, heißt es.

Forderung als Reaktion auf Citymaut-Debatte

Das Verkehrsaufkommen in der Ostregion ist derzeit ein heftig diskutiertes Thema, seitdem Wiens Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) die Einführung einer Citymaut und damit spezielle Gebühren für jene Autofahrer forderte, die zu gewissen Zeiten nach Wien pendeln. Das sorgte für heftige Kritik aus Niederösterreich.

Mit dem Vorschlag, die Bahnsteige in Wien zu verlängern, reagiert das Land Niederösterreich nun einmal mehr auf die Citymaut-Debatte. Es dürften nicht Mauern in Form einer Maut hochgezogen werden. Vielmehr brauche es „partnerschaftliche Lösungen“, die es etwa im VOR längst gebe, „wenn es um zukunftsweisende Projekte geht“, sagte Schleritzko am Freitag.

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Wien ortet Probleme bei Grundablösungen

Die Verlängerung der Bahnsteige in den genannten Haltestellen wäre technisch möglich, sagte Pracherstorfer. Die praktisch erschöpften Kapazitäten im Wiener öffentlichen Verkehr müssten gesteigert werden. Aus dem Büro von Wiens Verkehrsstadträtin Vassilakou heißt es dazu, grundsätzlich sei das eine gute Idee, es werde aber Probleme bei der Grundablösung geben. Besser seien kürzere Intervalle bei den Zügen, so der grüne Verkehrssprecher Rüdiger Maresch.

Forderung auch nach neuer S-Bahn-Stammstrecke

Thema beim Lokalaugenschein war auch die Umsetzung des European Trail Control System (ETCS). Dieses würde ab 2028 sechs Züge mehr pro Stunde als heute ermöglichen, wodurch die Intervalle auch in Niederösterreich verdichtet werden könnten. Gleichzeitig notwendig wäre der Ausbau der viergleisigen Südbahn Wien-Meidling - Wien-Liesing - Mödling, heißt es aus Niederösterreich. Das Land fordert außerdem einen schnelleren Ausbau als bis 2035.

Als langfristig notwendiges und sehr großes Infrastrukturprojekt bezeichnete Schleritzko eine weitere S-Bahn-Stammstrecke durch Wien. Zielführend wäre laut Pracherstorfer eine Nord-Süd-Verbindung, deren Umsetzung gemeinsam vorangetrieben werden sollte. Generell wurde am Freitag betont, dass das Land Niederösterreich mit der Stadtregierung zusammenarbeiten wolle. Die Wiener müssten allerdings ihre Hausaufgaben machen.

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Nicht zuletzt wird von niederösterreichischer Seite auch eine gerechtere Aufteilung der Bundesmittel von 78 Millionen Euro pro Jahr gefordert, die für den U-Bahn-Ausbau zur Verfügung stünden. Aus diesem von allen Steuerzahlern finanzierten Topf sollten auch Ballungsräume um Wien bedient werden. Weiter in Diskussion bleibt die Verlängerung der U-Bahn über die Stadtgrenze hinaus.

Taktverdichtung statt günstiger Tickets

Das Land Niederösterreich investiert laut Schleritzko jährlich 84 Millionen Euro für die bestellten Leistungen im öffentlichen Verkehr. Damit seien nicht nur Tausende Sitzplätze mehr auf verschiedenen Strecken bereitgestellt, es sei etwa mit der Durchbindung von Zügen im Abschnitt Amstetten - Wien (kein Umsteigen, Anm.) auch die Zahl der Fahrgäste erhöht worden - in diesem Fall um 20 Prozent.

Ein Jahresticket um 365 Euro wie in Wien - und unter anderem von den Grünen auch für Niederösterreich gefordert - sei „auf ein Flächenbundesland nicht anzuwenden“, merkte Schleritzko an. Es gehe dabei auch um die Mittel. Wien finanziere einen Großteil aus der Parkraumbewirtschaftung, erinnerte der Landesrat. Niederösterreich wolle Geld in Verbesserungen, wie zum Beispiel Taktverdichtungen, investieren, ergänzte Pracherstorfer.

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