Industrie sucht dringend HTL-Absolventen

Neben den internationalen Unsicherheiten hat die heimische Industrie mit einem weiteren Problem zu kämpfen, dem anhaltenden Fachkräftemangel. Vor allem HTL-Absolventen werden derzeit von Unternehmen dringend gesucht.

Jede sechste Stelle könne derzeit wegen eines Mangels im MINT-Bereich nicht besetzt werden. MINT bedeutet technische Fächer, das Wort setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der Studienfachbereiche Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik zusammen. MINT-Absolventen - auch aus dem schulischen Bereich (HTL) - sind derzeit sehr gefragt, heißt es. „Das konjunkturelle Umfeld ist an sich sehr gut, aber wir haben immer den Dämpfer mit der Zukunftsaussicht“, sagt Thomas Salzer, Präsident der Industriellenvereinigung Niederösterreich (IV NÖ). „Die aktuelle Konjukturumfrage zeigt, dass die Unternehmen kritischer sind, was die zukünftige Beschäftigung betrifft“, so Salzer gegenüber noe.ORF.at.

High-Tech-Lehrlinge St. Pölten

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11.166 Schülerinnen und Schüler besuchen in Niederösterreich nach Angaben der IV NÖ eine der 14 Höheren Technischen Lehranstalten und Fachschulen. Mehr als 1.000 werden pro Jahr auch mit der Schule fertig. Trotzdem fehlen den Industriebetrieben hunderte HTL-Absolventen, sagt Salzer, „momentan kommt zu wenig nach“.

Die Ursache dafür sieht Salzer im Bildungssystem. „Österreich hat seit Jahren versäumt, die Ausbildung von jungen Leuten in Richtung MINT-Fächer zu bringen. Wir wissen schon seit Jahren, dass wir am Bedarf vorbei ausbilden“, so der IV-NÖ-Präsident.

IV will HTL-Angebote ausbauen

Um dem Mangel entgegenzuwirken, will die Industrie die HTL-Angebote ausbauen und den Schultyp verstärkt fördern. Die IV formulierte dazu eine Reihe von Handlungsempfehlungen: Eine Bildungs- und Berufsberatung müsse als eigener, expliziter Unterrichtsgegenstand in allen Schultypen verankert werden. Es brauche eine Verdreifachung der Zahl der MINT-Schulen und MINT-Kindergärten bis 2022. Auch sollten regionale Plattformen eingerichtet werden, um den Bedarf an beruflichen Ausbildungen zu erheben und in schulische Entwicklungspläne einzubeziehen. Da es tendenziell auch einen Pädagogenmangel an HTL gebe, fordert die IV die Gewährleistung eines attraktiven Quereinstiegs für fachtheoretische und fachpraktische Pädagoginnen und Pädagogen an HTL.

Zudem soll die Industrie mit Schulen und Universitäten, aber auch mit Kindergärten kooperieren. Es gehe darum, über attraktive Berufsmöglichkeiten und Karrierewege in den MINT-Berufen zu informieren. Einer IV-Erhebung zu den MINT-Fächern aus dem Vorjahr zufolge gibt es in den Bereichen Technik/Produktion (inkl. IT) große unternehmensseitige Rekrutierungsprobleme bei Hochqualifizierten (57 Prozent), gefolgt von Forschung/Entwicklung (44 Prozent) und Management/Personalführung bzw. Verkauf/Marketing (je 19 Prozent). Wenig Probleme gibt es bei Administration/Büro (sieben Prozent).

Dämpfer für Wirtschaftsaufschwung

Nicht zuletzt durch den Fachkräftemangel erlitt der Wirtschaftsaufschwung in den Monaten April, Mai und Juni einen Dämpfer. Das Konjunkturbarometer der IV NÖ sackte im zweiten Quartal deutlich nach unten. Die Unternehmer schätzen die künftige Wirtschaftsentwicklung nun weniger gut ein als zuletzt - mehr dazu in Konjunkturbarometer: Es geht bergauf (noe.ORF.at; 1.2.2018).

Neben dem Fachkräftemangel sind es auch die internationalen Handelskonflikte, die für Verunsicherung bei den Unternehmen sorgen. Die Umfrage zeigt laut IV NÖ aber immerhin auch, dass die aktuelle Geschäftslage von 78 Prozent der Unternehmen als gut bewertet wird. Mehr als drei Viertel sind mit dem Auftragsbestand und auch mit ihren Auslandsaufträgen zufrieden.

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