40 Jahre AKW: „Nein“ eint heute Bevölkerung

Mit einer knappen Mehrheit sprach sich Österreich am 5. November 1978 in einer Volksabstimmung gegen das AKW Zwentendorf aus. 40 Jahre später spaltet das Thema Atomkraft die Bevölkerung nicht mehr, sondern eint sie.

Am Abend des 5. November 1978 brach für die Mitarbeiter des Atomkraftwerks Zwentendorf (Bezirk Tulln) eine Welt zusammen. Der Traum einer strahlenden Zukunft war geplatzt, die Spezialausbildung im Ausland über Jahre hinweg für den erhofften Job in Österreich war nichts mehr wert.

50,5 Prozent waren dagegen

Innenminister Erwin Lanc (SPÖ) gab am Abend des 5. November 1978 das Ergebnis bekannt. 1,576.709 Österreicher (49,5 Prozent) stimmten für die Atomkraft, 1,606.777 (50,5 Prozent) votierten dagegen - die Gegner lagen mit nur 30.068 Stimmen vorne. Die Volksabstimmung ging somit denkbar knapp gegen die friedliche Nutzung der Kernenergie in Österreich und damit gegen die Inbetriebnahme des Kernkraftwerks Zwentendorf aus.

40 Jahre Volksabstimmung Zwentendorf Atomkraftwerk

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Innenminister Erwin Lanc verkündet das Ergebnis: 1,606.777 der Abstimmungsberechtigten waren gegen die Inbetriebnahme von Zwentendorf

Waldviertel und Alberndorf als Endlager im Gespräch

Nach dem Zweiten Weltkrieg war in Österreich der Energieverbrauch dramatisch gestiegen, 1958 begann die Standortsuche für ein Kernkraftwerk, 1972 starteten die Bauarbeiten in Zwentendorf. Die Inbetriebnahme verzögerte sich jedoch, auch weil kein Standort für die Endlagerung des Atommülls gefunden wurde. Sowohl im Waldviertel als auch in der Gemeinde Alberndorf (Bezirk Hollabrunn) stemmten sich Bevölkerung und Bürgermeister mit Erfolg gegen einen möglichen Deponiestandort.

Ab 1975 wuchs in Österreich die Anti-Atomkraft-Bewegung. Es kam unter anderem zu einem Protestmarsch auf der Wiener Ringstraße. An vorderster Front war damals Carl Manzano dabei, der heutige Direktor des Nationalparks Donau-Auen. „Wir sind deshalb gegen Atomkraftwerke, weil sie die Gesundheit und das Leben der Bevölkerung gefährden“, so Manzano damals, vor 40 Jahren, im Interview. „Niemand kann uns garantieren, dass es nicht zu einem großen Unfall kommt.“

40 Jahre Volksabstimmung Zwentendorf Atomkraftwerk

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Auch Prominente machten gegen das Kernkraftwerk Zwentendorf mobil, wie etwa der Schriftsteller Peter Turrini, der Liedermacher Georg Danzer und der Nobelpreisträger Konrad Lorenz in einer Pressekonferenz zwei Monate vor der Volksabstimmung im September 1978: „Ich geniere mich zu bekennen, dass ich jahrelang an Zwentendorf vorübergebraust bin, gesehen habe, wie das allmählich wächst und mir nichts dabei gedacht habe. So blöd sind die allermeisten von uns gewesen“, sagte Lorenz.

Zweites größeres AKW in St. Pantaleon-Erla geplant

Argumente für und gegen die Atomkraft dominierten in den Wochen vor der Volksabstimmung das Straßenbild. Am 5. November 1978 wurde der Einstieg Österreichs in die Atompolitik mit einem denkbar knappen Unterschied von rund 30.000 Stimmen gerade noch verhindert. Zwentendorf wäre nämlich nur der Anfang gewesen.

40 Jahre Volksabstimmung Zwentendorf Atomkraftwerk

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Die Diskussionen über das Atomkraftwerk spalten die Bevölkerung

Wie der ORF im Februar 1978 berichtete, war in St. Pantaleon-Erla (Bezirk Amstetten) bei der Einmündung der Enns in die Donau ein weiteres Atomkraftwerk, „doppelt so stark wie Zwentendorf“, geplant. „Wenn schon das Werk an unserem Standort gebaut werden sollte, dann bin ich interessiert, dass es in meiner Gemeinde gebaut wird“, sagte der Bürgermeister von St. Pantaleon-Erla, Florian Himmelbauer. „Wenn schon eine Gefahr sein sollte, dann will ich auch den Nutzen haben.“

40 Jahre nach der Volksabstimmung wird auf dem Kraftwerksgelände in Zwentendorf, das die EVN 2005 gekauft hatte, nun doch Strom erzeugt, nämlich mithilfe von Photovoltaikanlagen. Die Atomkraft ist heute zu einem Thema geworden, das die Bevölkerung nicht mehr spaltet, sondern eint.

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