Bildhauer Hermann Walenta ist tot

Der Bildhauer Hermann Walenta, der zuletzt in Riegersburg (Bezirk Hollabrunn) gelebt hatte, ist am 24. Dezember im Alter von 96 Jahren gestorben. Er zählte zu den bekanntesten und arriviertesten österreichischen Bildhauern.

"Hermann Walenta gehört zu den wenigen österreichischen Bildhauern und Malern, die nie der hierzulande üblichen Versuchung unterlagen, importierte Modernität biedermeierlich moderiert aufzuwärmen“, sagte einmal der Schriftsteller Michael Scharang über den Künstler, der am Heiligen Abend in Riegersburg verstarb.

Der junge Walenta eine „Gefahr für die Mitschüler“

Hermann Walenta, der neben Josef Schagerl und dem etwas jüngeren Franz Xaver Ölzant zu den arriviertesten der niederösterreichischen (und österreichischen) Bildhauer der älteren Generation zählte, wurde am 23. Jänner 1923 in Drosendorf (Bezirk Horn) geboren. Er besuchte die Volks- und Hauptschule in Sigmundsherberg (Bezirk Horn) und Leopoldsdorf im Marchfeld (Bezirk Gänserndorf), es folgte der Eintritt in die Lehrerbildungsanstalt der Schulbrüder in Wien-Strebersdorf, wo er nach einem halben Jahr wegen „Gefahr für die Mitschüler“ (er begeisterte sich für Leo Tolstoj und den Pazifismus) ausgeschlossen wurde.

Künstler Bildhauer Hermann Walenta

ORF

Hermann Walenta (1923 bis 2018) in einem ORF-Interview im Jahr 1992

Infolge dessen wechselte er an die Lehrerausbildungsanstalt Wiener Neustadt. 1939 bis 1940 war er an der Fachschule für Holzbildhauerei in Hallstatt (Oberösterreich). Von 1940 bis 1941 und, nach kriegsbedingter Unterbrechung, von 1945 bis 1948 studierte er an der Akademie der bildenden Künste in Wien bei Josef Müllner und Fritz Wotruba. Ab 1948 arbeitete er als freier Künstler für kurze Zeit in Alpbach (Tirol), von 1955 bis 1972 in Wien, von 1972 bis 2001 in Drosendorf und seit 2001 in Riegersburg.

Walenta thematisierte den menschlichen Körper

„War noch bis 1949 der menschliche Körper Thema seiner frühen Arbeiten (‚Sitzender‘, Kunststein, 1949), so findet Walenta ab 1950 rasch zur Abstraktion. Seine skulpturalen Werke, basierend auf vielfältigen Materialien wie Stein, Serpentin, ab den 1970er Jahren zunehmend Holz, Bronze, Aluminium, Marmor oder Alabaster bis hin zu Plexiglas und Polyester, entwickeln sich zu organisch-botanischen Formen (‚Gewächs‘, 1953; ‚Flora Mystica‘, 1955), zu morpho- und biogenetischen Gestaltungen, bei denen auch der menschliche Körper thematisiert wird (‚Embryonales‘, 1970; ‚Feminines Morphem‘, 1977; ‚Liegende‘, 1979)“, schrieb der Kunsthistoriker und Kurator Carl Aigner zum 95. Geburtstag Walentas.

Hermann Walenta Betonplastik Drache Wien

Wikimedia Commons/AurelyFrance

Hermann Walenta, Betonplastik „Drache“, Wien-Döbling

Kunst als „Medium des Unbewussten“

Wie überhaupt das Spannungsfeld und Verhältnis von Mensch und Natur etwas Grundsätzliches in Hermann Walentas Werk sind. „Hier wurzelt das Künstlerische im Selbstverständnis des Unbewussten; Walenta begreift Kunst als ‚Medium des Unbewussten‘ im Sinne eines ‚ganzheitlichen Erfassens des Lebens‘ und damit auch der Natur. In seinen verschiedenen Essays zur Kunst heißt es dazu einmal eindringlich: ‚Die Fülle des Lebens aber ist Unvernunft im wahrsten und eigentlichsten Sinn des Wortes, auf der unsere Vernunft als Irrlicht flackert und allzu oft an der Unbändigkeit des Lebens verlischt.‘ Künstlerische Formfindung ist Weltfindung aus dem Spirit des Unterbewussten als eigentliche schöpferische Kraft“ (Aigner).

Nachdenken über das Sein

Dies gilt auch für Walentas Graphiken, Zeichnungen und ab den 1970er Jahren auch zunehmend für seine Ölmalerei. „Biogenese“ (1979) betitelt er ein Ölgemälde. Farbintensiv werden Mythen („Nordischer Totem“, 1980) ebenso thematisiert wie Fragen nach dem Ursprung des Lebens. Die organischen, oft sehr subtil skizzierten Formen erinnern an Synaptisches unseres Gehirns, an Mikrophyten (so auch der Titel eines Werkes von 1996).

Hermann Walenta Vogeltränke Wien Donaupark

Wikimedia Commons/Clemens Mosch

Hermann Walenta, Vogeltränke, Donaupark, Wien-Donaustadt

Das typische, oft in den 1950er Jahren wurzelnde Formenvokabular, eröffnet in der Malerei, in Zeichnung und Grafik für Hermann Walenta die Möglichkeit, neue Seinsfragen zu reflektieren, wobei der Begriff der „Spur“ in visuell-bildnerischer Hinsicht Relevanz erfährt. Ins Kosmische gehend, sind Linien und Striche in seinem Werk so etwas wie Fährten zum Unbewussten, Grapheme mythologischer Weltgewinnung.

Viele seiner Werke befinden sich in öffentlichen Räumen, vor allem in Wien, in privaten und öffentlichen Sammlungen. Ausstellungen wurden gezeigt vom Barockschloss Riegersburg bis Paris, von Wien bis München, von Venedig bis St. Pölten. Walenta nahm an österreichischen und internationalen Bildhauersymposien in den 1960er bis 1990er Jahren teil, er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, u.a. der Kulturpreis des Landes Niederösterreich (1977).

Links: