Abwanderung: Mitterbach hofft auf Trendwende

Seit Jahren kämpft Mitterbach (Bezirk Lilienfeld) mit Abwanderung und Überalterung. Tourismusbetriebe haben oft Schwierigkeiten, Mitarbeiter zu finden. Jetzt ist aber eine Trendwende in Sicht.

Die Fakten sprechen für sich: Im Schnitt verliert Mitterbach am Erlaufsee alle zehn Jahre 50 Einwohner. Mit 499 wurde jetzt sogar die 500er-Grenze unterschritten. Die Folgen für den Ort an der Grenze zu Mariazell: Überalterung. Der Anteil der über 65-Jährigen liegt hier bei 31 Prozent. Das ist so hoch wie in nur wenigen anderen Gemeinden des Landes.

Ötschergräben zwischen Ötscher und Gemeindealpe. Ein Bild, das früher für Postkarten verwendet wurde.

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Die Ötschergräben zwischen Ötscher und Gemeindealpe in Mitterbach. Ein Bild, das früher für Postkarten verwendet wurde

Bürgermeister Alfred Hinterecker (ÖVP) kennt die Ursachen: „Die höher bildenden Schulen sind weit entfernt." Er verweist dabei auf Lilienfeld und St. Pölten und die Steiermark. „Die jungen Menschen gehen dort zur Schule und kommen, wenn überhaupt, nur noch an Wochenenden zurück. Diesen Trend müssen wir stoppen“, so der Bürgermeister.

Neues Wohnbauprojekt gibt Hoffnung

Nach langen zähen Verhandlungen gelang es ihm, einen Wohnbauträger zu finden, der ein Haus mit zehn Wohnungen in Mitterbach baut. Nach Ostern soll Spatenstich sein. „Das ist insofern wichtig, als wir bisher kein Angebot an Wohnraum hatten. Es gibt Baugründe, die aber von ihren Besitzern nicht verkauft werden, und als Standort für Wohnbauten waren wir bisher zu wenig attraktiv. Da haben wir auf dem Land eindeutig Nachteile gegenüber der Stadt, weil wir Leerstandszahlungen tätigen müssen, wenn Wohnungen nicht gleich vergeben werden und das kann natürlich vorkommen. Aber jetzt haben wir diesen Bann durchbrochen und werden endlich das erste Wohnhaus bauen.“

Bürgermeister Alfred Hinterecker (r.) hofft auf Veränderung. Nach Ostern wird in Mitterbach ein Wohnhaus mit zehn Wohnung gebaut.

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Bürgermeister Alfred Hinterecker (r.) hofft auf Veränderung. Nach Ostern wird in Mitterbach ein Wohnhaus mit zehn Wohnungen gebaut

Mit zehn Wohnungen ist der Plan vergleichsweise bescheiden, wenn man etwa die Landeshauptstadt St. Pölten hernimmt, wo derzeit 1.700 Wohneinheiten entstehen. Aber es sei ein erster Schritt in die richtige Richtung, glaubt Bürgermeister Hinterecker. Die Wohnungen sind schon großteils vergeben, ohne beworben worden zu sein, weitere Bauten könnten folgen, hofft er.

Auch Hoteliers hoffen auch Trendwende

Obwohl das Tourismusangebot in Mitterbach ein ganzjährig gutes ist - umgeben von Gemeindealpe, Ötscher und Ötschergräben, dem Erlaufsee, in unmittelbarer Nähe von Mariazell, verbunden durch die Mariazellerbahn -, war das Image Mitterbachs als Tourismusort in den vergangenen Jahren zusehends verstaubt. Das änderte sich als der Neulengbacher Düngemittelproduzent Robert Karner vor fünf Jahren begann, in Mitterbach zu investieren und Apartementhäuser, ein Fünf-Sterne-Hotel und eine Bar zu bauen.

Düngemittelproduzent Robert Karner investierte vor Jahren in Mitterbach. Jetzt findet er keine Mitarbeiter für seine Herbergen.

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Düngemittelunternehmer Robert Karner investierte vor Jahren in Mitterbach. Jetzt findet er keine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen für seine Herbergen

Durch die Abwanderung findet er aber nur schwer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für seine Luxus-Herbergen. Im Ort hofft man daher, dass die neuen Apartments auch dieses Problem lösen. Karner berichtet nämlich von einigen, die Wohnungen gesucht hätten, um nicht in den engen Personalunterkünften wohnen zu müssen. Die gab es bisher aber nicht.

Robert Karner hofft ebenso wie Bürgermeister Hinterecker darauf, dass die neuen Wohnungen ein Anreiz sind, in Mitterbach zu leben und zu arbeiten und damit den Teufelskreis der Abwanderung zu durchbrechen, der den Ort seit Jahrzehnten im Griff hat.