Niederösterreicher treiben die EU voran
„Ich fühle mich definitiv als Europäerin, aber ich fühle mich im Herzen auch als Niederösterreicherin“, fasst Barbara Makal aus Leopoldsdorf bei Wien (Bezirk Bruck an der Leitha) kurz und bündig zusammen. Derzeit arbeitet die studierte Richterin im Sekretariat der Rat der Europäischen Union, konkret für Bereiche wie Wettbewerbs- und Unternehmensrecht sowie öffentliche Auftragsvergabe. Zuletzt war sie an der EU-Urheberrechtsreform beteiligt.
Im Gegensatz zu ihrer vorigen Tätigkeit als Richterin in Wiener Neustadt sei die Aufgabe im Brüsseler Verhandlungssaal nicht immer ganz einfach. „Was manchmal schwierig oder nicht ganz so einfach zu erklären ist, ist, dass natürlich auf Grund der Vielfalt und Interessen, die hier zusammenwirken, Kompromisseauf den ersten Blick manchmal komisch anmuten“, erzählt Makal. Aber das sei das Ergebnis dessen, „dass wir einfach versuchen 28 Interessen unter einen Hut zu bringen“.
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Von Schwarzau über New York nach Brüssel
Im Niederösterreichischen Verbindungsbüro ist Franziska Stadelmann aus Schwarzau im Gebirge (Bezirk Neunkirchen) schon seit längerem als Werbeträgerin für Niederösterreich tätig. Sie kam ursprünglich als Praktikantin nach Brüssel. Nach einer Zwischenstation bei der UNO in New York und mehreren Botschaften verschlug es sie wieder in die EU-Hauptstadt.
Beeindruckt ist Stadelmann vor allem von der kulturellen Vielfalt: „Diese Mehrsprachigkeit, diese verschiedenen Kulturen, auf die man tagtäglich trifft, egal ob auf der Post, im Supermarkt oder im Park. So viele Sprachen, die man sonst in Österreich nicht hört, das ist für mich der Reiz an Brüssel."
Grenzenloser Binnenmarkt
Diesen Reiz genießt Christian Weinberger aus Waidhofen an der Thaya schon seit vielen Jahren. Der gebürtige Waldviertler ist höherer Beamter in der Europäischen Kommission und arbeitet dort in der Abteilung für Industrie und Entrepreneurship. „Wir im Haus machen vor allem Wirtschaftspolitik. Da geht es vor allem darum, wie man einen Binnenmarkt schaffen kann, wo man nicht wieder an jeder Grenze ein Dokument vorweisen muss."
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Weinbergers Aufgabe ist also dafür zu sorgen, dass die Waren in Europa möglichst problemlos transportiert werden können. „Damit nicht jedes Mal kontrolliert werden muss, welches Produkt das ist und ob das den Normen entspricht.“ Dafür wurden mit Hilfe von Weinberger etwa eigene europäische Normen entwickelt. Der Waidhofner arbeitet - mit einigen kurzen Unterbrechungen - bereits seit der ersten Ratspräsidentschaft Österreichs 1999 in Brüssel.
Gedanken an Seen und Marillen
Kathrin Scholler ist derzeit Trainee bei der EU-Kommission. Ihren Ausbildungskurs macht die Mostviertlerin in der Abteilung für Entwicklungshilfe. Von ihrer Tätigkeit ist sie hellauf begeistert, ein Anliegen hätte sie aber schon: „Ich wünschen mir, dass sich das mit der Zeit ändert und man auch jüngere Leute häufiger in höheren Positionen sieht."
Heimweh kommt bei den Niederösterreichern in Brüssel nicht so oft auf, man ist schließlich ausreichend beschäftigt. Trotzdem vermisst man ab und zu doch die alte Heimat. „Die schönen Seen, dass man bei uns überall schwimmen gehen kann, das gibt es hier so gar nicht", meint Makal, "hier muss man eineinhalb Stunden bis zum Meer fahren.“ Bei Weinberger sind es wiederum kulinarische Gründe: „Ich fahre jedes Jahr noch immer in die Wachau zum Marillen pflücken.“
Peter Fritz für noe.ORF.at