2018: Landtagswahl bis Stacheldraht
Sendungshinweis
„NÖ heute“, 27. bis 31.12.2018
1. Landtagswahl in Niederösterreich
Am 28. Jänner findet in Niederösterreich die Landtagswahl statt. Es ist die österreichweit erste Wahl nach der Nationalratswahl vom Oktober 2017 und gleichzeitig die erste von vier Landtagswahlen im Jahr 2018. Nach der Polit-Ära von Erwin Pröll tritt Johanna Mikl-Leitner erstmals als Spitzenkandidatin der ÖVP an. Mit 49,6 Prozent der Stimmen verteidigt sie die absolute Mandatsmehrheit. „Unser Kurs des Miteinanders hat gewonnen, danke dafür“, so Mikl-Leitner bei der damaligen ÖVP-Wahlparty.
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Die SPÖ holt mit 23,9 Prozent die zweitmeisten Stimmen. Der sozialdemokratische Spitzenkandidat Franz Schnabl kann damit ein leichtes Plus einfahren. „Ich glaube, es ist ein gutes Zeichen, dass sozialdemokratische Positionen klar gestärkt worden sind“, so Schnabl. Ebenfalls zulegen konnte die FPÖ. Die Freiheitlichen kommen mit Spitzenkandidat Udo Landbauer auf 14,8 Prozent der Stimmen. „Wir sind im Bereich der Verdoppelung und wir sind im Bereich der Verdoppelung, was die Mandate betrifft“, sagt Landbauer in der Wahlsondersendung des ORF NÖ, die bis zu 1,4 Millionen Zuseherinnen und Zuseher mitverfolgen.
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Die Grünen ziehen, nachdem sie den Einzug in den Nationalrat nicht geschafft haben, in Niederösterreich neuerlich in den Landtag ein. Mit einem leichten Minus und 6,4 Prozent der Stimmen verlieren die Grünen jedoch den Klubstatus. „Ich weiß, dass jede Stimme ein klarer Auftrag ist, gute Kontrollarbeit zu machen“, so die Grüne Spitzenkandidatin Helga Krismer. Mit 5,2 Prozent der Stimmen gelingt auch NEOS beim erstmaligen Antreten in Niederösterreich der Einzug in den Landtag. „Je mehr Kontrolle, umso besser, und so wie die Verhältnisse sind, wird das Niederösterreich auch brauchen“, betont NEOS-Spitzenkandidatin Indra Collini.
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Ende März wird die neue Landesregierung angelobt. Martin Eichtinger, Christiane Teschl-Hofmeister (beide ÖVP), Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) und Gottfried Waldhäusl (FPÖ) ziehen als neue Landesräte in die Landesregierung ein. Der langjährige Landtagspräsident Hans Penz (ÖVP) geht in Pension, sein Nachfolger wird Karl Wilfing (ÖVP).
2. NS-Liederbuchaffäre
Für Aufsehen im Wahlkampf sorgt die NS-Liederbuchaffäre rund um die Burschenschaft Germania zu Wiener Neustadt. In der Causa geht es um NS-verherrlichende Texte, die bei der Burschenschaft sichergestellt wurden. Die Staatsanwaltschaft nimmt Ermittlungen gegen vier Beschuldigte auf, die sich für die Zusammenstellung und die Illustration der Liederbücher verantwortlich zeigten. Udo Landbauer, Spitzenkandidat der FPÖ bei der Landtagswahl und stellvertretender Obmann der Burschenschaft, wird als Zeuge geführt. Kurz nach der Wahl legt Landbauer sämtliche Funktionen zurück.
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Ende August werden die Ermittlungen gegen die vier Beschuldigten in der Affäre schließlich eingestellt. „Das Verfahren wurde aufgrund der eingetretenen Verjährung - da beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre - eingestellt, weil der Verlags- und Ausgabezeitpunkt im Jahr 1997 war", so Erich Habitzl, der Sprecher der Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt im August gegenüber noe.ORF.at. Auch der Vorwurf, dass die Liedertexte in der Burschenschaft gesungen worden seien, erhärtet sich nicht. Das diesbezügliche Verfahren wird aus Beweisgründen eingestellt.
Landbauer kündigt daraufhin in einem Interview gegenüber noe.ORF.at seine Rückkehr in die Politik an. Im September wird er im Niederösterreichischen Landtag als geschäftsführender FPÖ-Klubobmann angelobt. Bei seiner Angelobung kommt es vereinzelt zu Protesten.
3. VfGH hebt NÖ-Modell zur Mindestsicherung auf
Der Verfassungsgerichtshof hebt im März die niederösterreichische Regelung zur Mindestsicherung auf. Die Bestimmungen haben pro Haushalt eine Obergrenze von 1.500 Euro sowie bestimmte Wartezeiten vorgesehen. Eine von der Dauer des Aufenthalts in Österreich abhängige Wartefrist für die Mindestsicherung in voller Höhe und eine starre Deckelung der Bezugshöhe bei Haushalten mit mehreren Personen in dem Gesetz seien „unsachlich und daher verfassungswidrig", heißt es in der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes.
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Nach vielen Diskussionen präsentiert die Bundesregierung im Herbst in Mauerbauch (Bezirk St. Pölten) eine österreichweite Neuregelung: Diese sieht einen Bonus für Alleinerziehende und weniger Geld für Menschen mit schlechten Deutschkenntnissen vor. Wie Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ausführt, gehe es darum, Zuwanderung ins österreichische Sozialsystem zu verhindern.
4. Neue Trasse für Waldviertelautobahn
In den Diskussionen über eine Waldviertelautobahn bringt das Land im Mai eine neue Variante ins Spiel. Statt von Nord nach Süd soll die Trasse von West nach Ost verlaufen. Die sogenannte Europaspange soll eine neue Verbindung zwischen Mittel- und Osteuropa schaffen.
Land NÖ
„Es geht um drei zentrale Wachstumsräume, nämlich einerseits Linz, Wels und Süddeutschland, der zweite Raum ist Budweis, Prag und Brünn und der dritte St. Pölten, Wien und Bratislava. Diese drei Wirtschaftsräume wollen wir verbinden und wollen dann Waldviertel und Weinviertel anbinden", so Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner.
5. Heftige Debatte über das Schächten
Im Juli kommt es in Niederösterreich zu einer heftigen Debatte über das Schächten, also das Schlachten von Tieren ohne Betäubung. FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl kündigt eine mögliche Registrierung der Konsumenten an. Die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) und die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) üben scharfe Kritik und sehen sich an die „dunkelsten Zeiten Österreichs“ erinnert.
Landeshauptfrau Mikl-Leitner stellt im Endeffekt gegenüber noe.ORF.at klar: „Dass sich die einzelnen Abnehmer zuerst registrieren lassen müssen, das wird es in Niederösterreich sicher nicht geben." Das Schlachten von Tieren ohne Betäubung bleibt damit laut Tierschutzgesetz weiterhin verboten, nur bei „zwingenden religiösen Geboten oder Verboten einer gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaft“ ist es zulässig.
6. Freigabe des Pannenstreifens und Tempo 140
Mitte Juli wird auf der Ostautobahn (A4) der Pannenstreifen testweise zwischen der Simmeringer Haide in Wien und dem Knoten Schwechat (Bezirk Bruck an der Leitha) für den Verkehr freigegeben. Bei starkem Verkehrsaufkommen steht auf einer Länge von 3,8 Kilometern der Pannenstreifen als zusätzlicher Fahrstreifen zur Verfügung. Im Oktober zieht die ASFINAG eine positive Bilanz. Die Durchschnittsgeschwindigkeit der Pkw sei um vier Kilometer pro Stunde höher gewesen als zuvor bei gleicher Verkehrsmenge auf zwei Spuren, heißt es.
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Ein anderes Pilotprojekt, konkret Tempo 140 auf der Autobahn, tritt Anfang August in Kraft. Zwischen Melk und Oed (Bezirk Amstetten) wird auf der Westautobahn (A1) eine Teststrecke eingerichtet, auf der sowohl in Fahrtrichtung Wien als auch in Fahrtrichtung Salzburg 140 Kilometer pro Stunde erlaubt sind. Eine weitere Teststrecke gibt es in Oberösterreich zwischen Haid und Sattledt.
Kritik an Tempo 140 kommt unter anderem vom Verkehrsclub Österreich (VCÖ). Laut VCÖ würde die höhere Geschwindigkeit einen längeren Bremsweg zur Folge haben, außerdem würde sich der Schadstoffausstoß enorm erhöhen. In einer Zwischenbilanz im November gibt die ASFINAG bekannt, dass der Anstieg der Emissionen „gering“ sei. Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) kündigt an, dass es in Österreich noch weitere Teststrecken geben könnte.
7. Lange Unstimmigkeit bei Kinderbetreuung
In Fischamend (Bezirk Bruck an der Leitha) präsentieren Bund und Länder nach langer Unstimmigkeit eine Einigung in Sachen Kinderbetreuung. Der Bund, der die Fördermittel zunächst auf 110 Millionen Euro kürzen wollte, schießt doch 142,5 Millionen Euro zu. Die Länder müssen künftig mit 38 Millionen Euro pro Jahr mehr zur Kinderbetreuung beisteuern.
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Die Einigung sieht einen Ausbau der Kinderbetreuung, der sprachlichen Frühförderung und ein verpflichtendes Kindergartenjahr vor. Gleichzeitig wird ein Kopftuchverbot im Kindergarten angekündigt. Niederösterreich beschließt im Dezember als erstes Bundesland auch Sanktionen bei Verstößen gegen das Verbot.
8. Wolfsrisse sorgen für Unsicherheit
Der Wolf sorgt in Niederösterreich für eine heftige Debatte. Jäger und Landwirte fordern nach zahlreichen Wolfsrissen im Waldviertel Gegenmaßnahmen. Auch rund um Wien kommt es zu Vorfällen, etwa in Mauerbach (Bezirk St. Pölten), in Kritzendorf und in Hadersfeld bei St. Andrä-Wördern (beide Bezirk Tulln).
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Im Niederösterreichischen Landtag wird ein neues Jagdgesetz beschlossen, das im Notfall auch den Abschuss von sogenannten „Problemwölfen“ vorsieht. Mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und FPÖ wird eine entsprechende Verordnung später im Zuge einer Sitzung der Landesregierung in Kraft gesetzt. Der WWF übt scharfe Kritik.
9. 100 Jahre Landesversammlung
Am 5. November kommt es zu einem denkwürdigen Festakt im Palais Niederösterreich in Wien. Vor 100 Jahren, am 5. November 1918, ist im historischen Landtagssaal zum ersten Mal die Provisorische Landesversammlung zusammengetreten. Damit wurde damals der Grundstein für das heutige Niederösterreich gelegt. „Es war klar, dass es eine grundlegende Veränderung geben wird, die Monarchie war am Ende. Es war allen klar, dass es einen Neubeginn geben muss“, so Historiker Ernst Bruckmüller.
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In ihrer Rede anlässlich des Festaktes bezeichnet Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner die geschichtlichen Ereignisse als „Leitlinie und Grundpfeiler“ für die Herausforderungen am Weg nach vorne. „Werte wie Friede, Freiheit und Demokratie sind keine Selbstverständlichkeit. Wir müssen uns für diese Werte stark machen und sie in die Zukunft tragen", so Mikl-Leitner.
10. Stacheldrahtzaun bei Asylquartier
Ende November sorgt ein Stacheldrahtzaun bei einem Asylquartier für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Drasenhofen (Bezirk Mistelbach) für massive Aufregung. Nach einer Prüfung durch die Kinder- und Jugendanwaltschaft lässt Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner die Jugendlichen ins Kloster St. Gabriel nach Maria Enzersdorf (Bezirk Mödling) verlegen. "Diese Unterkunft ist kein Gefängnis, und daher hat ein Stacheldraht dort sicher nichts verloren“, so Mikl-Leitner.
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In weiterer Folge droht sie dem zuständigen FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl mit einem Entzug der Kompetenzen. Hintergrund ist, dass Waldhäusl in der „Zeit im Bild 2“ sagte, mit der Verlegung für die Jugendlichen nicht mehr zuständig zu sein. Nach einer Regierungssitzung lenkt Waldhäusl ein. „In der Sitzung wurde schriftlich festgehalten, dass der Zuständigkeitsbereich eindeutig bei mir liegt“, so der FPÖ-Landesrat. Die Flüchtlinge werden daraufhin wieder in die Grundversorgung aufgenommen.