Donaufestival „bringt“ das Paradies

Von 28. April bis 5. Mai gibt es Düsteres ebenso wie Erhebendes für Freunde des Abseitigen. Denn am kommenden Wochenende startet das achte Kapitel des Donaufestivals in Krems, seit dessen Neuaufstellung im Jahr 2005.

Unter dem Motto „Vertreibung ins Paradies“ lädt das Team rund um Intendant Tomas Zierhofer-Kin erneut die populärkulturelle Avantgarde in den beschaulichen Ort an der Donau, der ihm zufolge heuer zum Schauplatz des „Warm-Up für den Weltuntergang“ wird, wie er bei der Programmpräsentation im März erklärte - Donaufestival „vertreibt ins Paradies“.

Das erste Wochenende steht dabei ganz im Zeichen der Künstlerinnen von CocoRosie: Die 2003 von den Schwestern Bianca and Sierra Casady gegründete Band wird dabei nicht nur Musikalisches zum Besten geben, sondern verspricht mit einigen der angekündigten Performances zwischen Tanz, Oper und Pop auch Neuauslotungen der Genregrenzen.

Opernklänge im „New Age Musical“

Sierra Casady stellt mit der Uraufführung „Soul Life“ am ersten Festivaltag in der Minoritenkirche ein „New Age Musical“ auf die Beine, das auch zu ihrem Operngesangsstudium zurückführt. Dafür schickt sie mit den einzelnen Stücken eine Seele auf Inkarnationsreise, Unterstützung erhält sie von Cellist Daniel Bensi, den Gitarristen Alexander Stenfert Jurriaans und Doug Wieselman sowie Anne Rainwater am Klavier.

CocoRosie

Jean-Marc Ruellan

CocoRosie

Bianca wiederum gastiert in Zusammenarbeit mit dem Choreographen Bino Sauitzvy mit ihrer Tanztheater-Produktion „Nightshift“ (29. April): Fünf Tänzer verdeutlichen dabei die Isolation eines auf sich gestellten Kindes, was laut Fotosujet in ein „kraftloses Ballett“ mündet. Am Ende steht die Transformation in ein „harmloses Monster“, womit die Überleitung zum dritten Teil des CocoRosie-Projekts vollzogen wird. Die von Bianca geschaffene Kunstfigur tritt den Sprung auf die Leinwand an, wird mittels von Fans eingeschickten Kurzvideos zum „Harmless Monster“ (28. April) und mit Musik der Schwestern auf die Reise geschickt.

Schluss mit der „achten Nacht“

Als Abschluss und gleichzeitiger Höhepunkt der Festival-Kuratierung von CocoRosie, die etwa Laurie Anderson, Rhys Chatham, Sissy Nobby (28. April) oder Scout Niblett (30. April) nach Krems locken, fungiert schließlich „Die achte Nacht“ am Schlusstag des ersten Wochenendes: In zwei Teilen wird am 30. April in der Messehalle ein popmusikalisches Potpourri der extravaganten Art exerziert, an ihrer Seite haben die Schwester etwa Sänger Antony Hegarty, die indische Folkgruppe Rajasthan Roots und Beatboxer Tez.

Service: Bereits am ersten Wochenende bietet das Donaufestival ein umfassendes Programm: Weitere Details

Aber auch abseits dieses Schwerpunkts bietet das Donaufestival mit Gastspielen von Atlas Sound, dem Soloprojekt von Deerhunter-Frontman Bradford Cox, oder Oneohtrix Point Never, der im vergangenen Jahr mit „Replica“ einen eklektischen Befreiungsschlag im Sample-Wald vorlegte, Größen der Szene. Performatives wiederum liefern machina eX, die Theater und Computerspiel für „15.000 Gray“ vermischen und zur Rettung der Welt aufrufen, während Invisible Playground im Freien ihre „Street Games“ abhalten und Gods Entertainment zur performativen Bustour durch die Wachau laden.

„Fischig-Futuristisches“ im Stadtsaal

Im Stadtsaal wird es währenddessen fischig-futuristisch: Das holländische Theaterkollektiv Hotel Modern führt dort an beiden Wochenenden seine Stücke „Shrimp Tales“ und „Seaplane Mothership“ auf, konterkariert dabei einmal mittels 400 Tiefkühl-Garnelen das Leben auf der Erde, um dann wieder eine Science-Fiction-Apokalypse zu illustrieren, wenn der Blick aus der Zukunft zur kruden Utopie auf das Jetzt gerät. Für Letzteres wurde die Gruppe Ende vergangenen Jahres in Holland mit dem VSCD Mime Award ausgezeichnet.

John Bock in der Kunsthalle Krems

Multimediales gibt es in der Kunsthalle Krems, wo John Bock mit einer Installation Vorhandenes und Neues fusioniert und das britische Postpunk-Quartett And Also The Trees Songs ihres neuen Albums „Hunter Not The Hunted“ vorstellt. Von Bock ist im Kino im Kesselhaus am 29. April auch der Film „Im Schatten der Made“ zu sehen, live vertont von Richard Siedhoff, und die Animations-Avantgarde wird von VIS und ASIFA Austria nach Krems gebracht.

John Bock

Celum Imagine/John Bock, 2012/Jan Windszus

John Bock

Eine Liebeserklärung an einen Plattenladen bietet „Sound It Out“ von der Regisseurin Jeanie Finlay, während mit „Inni“ das Erlebnis eines Sigur Ros-Konzerts auf die Leinwand gebannt wird. Musikalische Paradiese im Film stehen wiederum bei der Diskussion „Candyland“ im Fokus.

Körper in Skulptur und Architektur

Ebenfalls an das Visuelle richten sich Ausstellungen, Performances und Installationen von Michael Strasser, der in der Kunsthalle mit „Sites of Desire“ den Körper zwischen Skulptur und Architektur verortet, oder Hans Peter Kuhn, dessen Werk „Aus der Tiefe“ mit kaum wahrnehmbaren Frequenzen Lautsprechermembranen zum Schwingen bringt (Minoritenkirche). Rhythmisch akzentuiert auch Werner Schrödls Installation „Cadence Irregular“ im Schauraum 35/nullnull. Weitere Werke sind von Dan Perjovschi (Kunstraum Stein), Harun Farocki (Galerie Stadtpark) und Jean Marc Ruellan (Forum Frohner) zu sehen.

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