Immer öfter Fälle von Zwangsprostitution

Fälle von Zwangsprostitution seien „gar nicht so ungewöhnlich“, sagt Oberst Gerald Tatzgern vom Bundeskriminalamt. Die Ermittler registrieren eine Zunahme von erzwungener Sexarbeit in illegalen Etablissements.

Drei Varianten der sexuellen Ausbeutung listete der Ermittler Tatzgern auf. Zum einen gebe es die legale Prostitution in legalen Etablissements, „was aber nicht heißt, dass alle Frauen dort freiwillig dem Geschäft nachgehen“, betonte der Experte. Der „eindeutig illegalen Prostitution“ werde in Räumlichkeiten wie Wohnungen und Massagesalons nachgegangen. In solchen Wohnungen bieten meist drei bis fünf Damen, oft Opfer von Menschenhändlern, Sexdienste an.

„Bis zu 60 Kunden pro Tag“

In diesen illegalen Etablissements nehmen die Frauen bis zu 10.000 Euro im Monat ein, lediglich 200 bis 300 Euro dürfen sie behalten. „Die Ausbeutungsspanne ist relativ hoch“, so Tatzgern. Oft würden die Dienste tagsüber angeboten. „Da brauchen die Kunden zu Hause keine Ausrede suchen, wo sie am Abend hingegangen seien.“ Auf eine Frau kommen manchmal bis zu 60 Kunden am Tag, Chancen für Körperpflege gibt es kaum.

Opfer sexueller Ausbeutung: 29 Prozent kommen aus Rumänien, gefolgt von Frauen aus Bulgarien, Ungarn, Tschechien, der Slowakei und Nigeria.

Die dritte Variante, in die auch der Fall in Niederösterreich passt - mehr dazu in Statt Ehe wartete Zwangsprostitution und Mann sperrte Pflegerin in Keller -, ist die sexuelle Ausbeutung im privaten Bereich. Hier werde häufig das „Loverboy-System“ angewendet. „Der Mann geht mit einer Frau eine echte Beziehung ein und überredet sie dann zur Prostitution. Mit dem Vorwand, die gemeinsame Zukunft zu finanzieren oder ihr Kind oder ihre Eltern zu versorgen. Diese Frauen sind ihren Partnern sehr hörig, es ist sehr schwierig abzuschätzen, wie oft das vorkommt. Sie sehen sich oft erst dann als Opfer, wenn das Ganze für sie unerträglich wird.“

„Opfer stehen unter starkem Druck“

Für die Ermittler ist es schwierig, in den privaten Bereich einzudringen. Die Opfer stehen unter starkem Druck, durch direkte Gewalt oder durch Drohungen gegen ihre Familie, daher würden sie sich kaum anvertrauen. Was die - bis auf wenige Ausnahmen - grundsätzlich männlichen Täter betrifft, so sind diese von 18 bis über 60 Jahre alt und müssen gute Beziehungen zum Herkunftsland der Frauen haben.

Die Behörde versuche den Kontrolldruck sehr hoch zu halten, so Tatzgern. Europaweite Maßnahmen sollen einen Überblick über die Lage geben. Die „Kunden“ zeigen übrigens kaum Verantwortungsbewusstsein. „Diesen Männern ist alles egal, Hauptsache sie kommen zu ihren Sexdiensten“, betonte der Experte. Beim Bundeskriminalamt können daher anonym Hinweise abgegeben werden, auch per E-Mail an menschenhandel@bmi.gv.at.

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