Prozessauftakt nach Grundwasserkrimi

Im ersten Prozesstag nach dem Grundwasserskandal im Raum Korneuburg haben sich zwei Angeklagte nicht-, die übrigen vier teilschuldig bekannt. Durch undichte Rohre der Firma Kwizda Agro sollen Pestizide ins Grundwasser gelangt sein.

Im Raum Korneuburg waren Pestizide im Grundwasser festgestellt worden, deren Beseitigung umfangreiche, noch immer laufende Sanierungsmaßnahmen erforderten. Staatsanwältin Birgit Sporn trug aus der Anklage vor, dass die Rohre, Kanäle und Abwasserbecken, deren Inhalt gefährlichen Abfall darstelle, keine geeignete Beschichtung aufwiesen, über Jahre hindurch nicht überprüft wurden und die Gruben auch regelmäßig übergelaufen sein sollen. Flüssigkeit sei auch beim Umpumpen in ein anderes Becken ausgetreten.

Behörde nicht informiert

Sporn warf den Firmenverantwortlichen überdies deren Verhalten nach Bekanntwerden einer Verunreinigung im August 2010 vor: „Sie ließen die Bezirkshauptmannschaft (BH) bewusst im Unklaren über das Ausmaß.“

Laut Gutachten seien durch Clopyralid und Thiamethoxam kontaminierte Abwässer mindestens fünf Jahre vor Bekanntwerden, also seit mindestens 2005, ausgetreten. Aufgrund des vorsorglich niedrigen Grenzwerts von 0,1 Mikrogramm Pestizide pro Liter sei es zu keiner gesundheitlichen Gefährdung gekommen, wohl aber zur Qualitätsverschlechterung und Gefährdung eines Gewässers.

Gerichtssaal

ORF

Die Angeklagten im Gerichtssaal

Kwizda: „Unfall selbst gemeldet“

Die Anwältin der bei Kwizda Agro Beschäftigten, Julia Mair, verwies darauf, dass die Firma den Unfall damals selbst gemeldet hatte und danach 11,3 Millionen Euro in die Sanierung gesteckt hätte. „Wir haben alles daran gesetzt, die Fakten zu ermitteln und Maßnahmen gesetzt, um Schäden zu vermeiden“, erklärte der Geschäftsführer.

Dass Mitarbeiter den Schaden im August 2010 als eher geringfügig einstuften, verwunderte Richter Rainer Klebermaß: „Haben Sie die Fotos vom undichten Rohr gesehen? Da brauch’ ich kein Fachmann zu sein!“ Und nachdem man gewusst habe, dass es mehrere Lecks im Abwassersystem gab, „ließ sich Kwizda zwei Jahre Zeit, gegenüber der Bezirkshauptmannschaft alles offenzulegen“, warf der Richter den Angeklagten vor, die Behörde nicht am Laufenden gehalten bzw. zum Teil angelogen zu haben. Dass man bei Offenlegung der Fakten eine Stilllegung befürchtete, bestritt der Geschäftsführer.

Keiner der Angeklagten wollte gewusst oder gehört haben, dass Becken manchmal überliefen. Klebermaß hielt u.a. einem Bereichsleiter vor, aufgrund der Überprüfung der Anlage nach dem Vorfall gewusst zu haben, dass nicht nur das eine Rohr kaputt war: „Sie waren bei allen Besprechungen mit der BH dabei und haben kein Sterbenswörtchen gesagt, wie’s wirklich ausschaut“, vermutete Klebermaß dahin gehende Vorgaben der Geschäftsführung. „Keiner hat irgendwas gesagt über die bekannten weiteren undichten Stellen“, sprach er vom Zurückhalten von Informationen.

Diversion für ehemaligen Werksleiter

Die Befragung aller sechs Beschuldigten wurde am Mittwoch abgeschlossen - mit einem überraschenden Ende: Der Richter bot dem zweitangeklagten ehemaligen Werksleiter eine Diversion an. Der 57-Jährige nahm eine Geldbuße von 2.000 Euro, binnen 14 Tagen zu zahlen, an - ebenso die Staatsanwaltschaft. Er war, da er das Unternehmen im März 2010 verlassen hatte, nur der fahrlässigen Beeinträchtigung der Umwelt angeklagt gewesen und hatte daher mit der Vorgangsweise nach Bekanntwerden des Austritts von Pestiziden nichts mehr zu tun.

Am Donnerstag wird laut Staatsanwaltschaft ein Gutachten erörtert, wobei es um die Verunreinigung des Grundwassers geht. Ein dritter Prozesstag ist am 10. Dezember geplant, an diesem Tag sollte es aus jetziger Sicht auch ein Urteil geben. Wegen vorsätzlicher Beeinträchtigung der Umwelt droht den Angeklagten eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren.

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