Vor 75 Jahren: Für den Glauben gestorben

Rudolf Redlinghofer aus Krems war Zeuge Jehovas und hat 1939 aus Glaubensgründen den Dienst in der Deutschen Wehrmacht verweigert. Vor 75 Jahren wurde er von den Nationalsozialisten zum Tod verurteilt und hingerichtet.

In Krems erinnert in der Spitalgasse ein sogenannter „Stolperstein“ an jenen Mann, der am 11. Jänner 1940 für seinen Glauben gestorben ist. Eine neun mal neun Zentimeter große Messingplatte vor dem ehemaligen Wohnhaus Redlingshofers in der Spitalgasse 3, wie ein Pflasterstein in den Boden eingelassen, ein „Stolperstein, der hier verlegt wurde, zum Gedenken an meinen Großvater Rudolf Redlinghofer, der 1940 wegen seiner Gewissensüberzeugung in Berlin-Plötzensee geköpft wurde“, erzählt sein Enkel Wolfgang Schranz.

Kriegsdienstverweigerer Rudolf Redlinghofer aus Krems

Archiv Wolfgang Schranz

Rudolf Redlinghofer aus Krems

August 1939: Der 38-jährige Rudolf Redlinghofer und seine Frau Agnes wohnen in Krems, ihre Tochter Regina ist ein Jahr alt. Aus Glaubensgründen verweigerte der Zeuge Jehovas den Dienst mit der Waffe. Er wurde am 18. August 1939 von den Nationalsozialisten verhaftet und nach Berlin gebracht. Aus dem Gefängnis schrieb er einen ersten Brief an seine Frau, in dem er ihr den Grund für seine Entscheidung darlegte: „Mit der Waffe in der Hand meinem Nächsten gegenübertreten und ihn töten - Nein, das kann ich nicht mit meinem Gewissen und dem Gesetz Gottes in Einklang bringen“.

Ende der 1930iger-Jahre gab es in Österreich etwa 550 Zeugen Jehovas, von diesen 550 „kamen 506 in Haft oder wurden verfolgt oder ihre Kinder wurden ihnen weggenommen, 157 fanden den Tod und allein 50 wurden wegen Wehrdienstverweigerung hingerichtet“ (Wolfgang Schranz). Mittlerweile hat die Republik Österreich klargestellt, dass Redlingshofers Gewissensentscheidung rechtens war.

Im letzten Brief schrieb er: „Der Herr sei mit euch allen“

Am 10. Jänner 1940 erfuhr Rudolf Redlinghofer, dass sein Todesurteil am nächsten Tag vollstreckt werden soll. Er schrieb seinen letzten Brief. „Man sieht, dass die Schrift immer zittriger wird, je länger er geschrieben hat, er beendet seinen Brief gegen Mitternacht: ‚Es ist 12 Uhr - Gute Nacht‘, und dann schreibt er noch an seine Frau: ‚Der Herr sei mit euch allen‘“, sagt Redlingshofers Enkel.

Letzter Brief Rudolf Redlingshofers vor seiner Hinrichtung

Archiv Wolfgang Schranz

Der letzte Brief, den Redlinghofer vor seiner Hinrichtung schrieb

„Ich denke mir, immer wenn ich diese Zeilen lese, wie hätte ich in dieser Situation reagiert? Ich versuche immer, mich in ihn hineinzuversetzen. Was wäre in mir vorgegangen, wenn du weißt, du hast Kinder und Familie, und dann diese Glaubensstärke zu besitzen, seiner Überzeugung wirklich treu zu bleiben - das ist wirklich phantastisch“, so Wolfgang Schranz, der auf einer Website die Erinnerung an seinen vor 75 Jahren hingerichteten Großvater wach halten möchte.

Fabian Fessler, noe.ORF.at

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