Kriegsspiele und Teilchenbeschleuniger

Ein audiovisueller „Teilchenbeschleuniger“ oder eine Produktion zum Thema Krieg: Am donaufestival in Krems dürfen sich die Besucher wieder auf ungewöhnliche Erlebnisse zwischen Subkultur, Avantgarde und Experiment einstellen.

Aus performativer Sicht sticht dabei das Gastspiel des Rimini Protokolls hervor: Mit „Situation Rooms“ hat es das Kollektiv im Vorjahr nicht nur zum Berliner Theatertreffen geschafft, sondern eine vielschichtige Begegnung mit dem Thema Krieg auf die Beine gestellt. Die von den Theatermachern Helgard Haug, Stefan Kaegi und Daniel Wetzel als „multiples Simultan-Kino“ bezeichnete Produktion lässt die Zuschauer, ausgestattet mit mobilen Bildschirmen und Kopfhörern, in die Rolle zwanzig unterschiedlicher Protagonisten schlüpfen, die mit Krieg oder Waffen zu tun haben.

Projekt Situation Rooms

Jörg Baumann/baumann fotografie

Das Projekt „Situation Rooms“ des Rimini Protokoll

donaufestival Krems

Termin: 24.-26.4. und 30.4.-2.5.2015 Das vollständige Programm wird am 5. März bekannt gegeben.

Musik und optische Finesse wollen der australische Elektronikmusiker Ben Frost und der deutsche Videokünstler MFO alias Marcel Weber verknüpfen: Für sein im Vorjahr erschienenes Album „Aurora“ wurde eine Livedarbietung erarbeitet, „die sich so anfühlen soll, als ob man im Inneren eines Teilchenbeschleunigers ist“, wie Frost betont. Die Verschmelzung aus beklemmenden Klanglandschaften und surreal anmutender Lichtkomposition war erstmals beim polnischen Unsound Festival im Oktober zu erleben.

Mit Büchern gegen Rassismus

Zwischen Online-Aktion, Bücherzirkel und Protest changiert wiederum „The Red Books“ des Künstlers und Philosophen Fahim Amir. Dabei wird das Buch als „performative Behauptung“ entleert und auf sein Äußeres reduziert, das wiederum von etlichen Persönlichkeiten als Statement gegen „PEGIDA und Rassismus in Europa“ genutzt wird, wie es in der Beschreibung des Projekts heißt. Unter anderem trifft man im World Wide Web auf die Chicks On Speed, Lotte Tobisch, Bela B oder Ferris MC, die die mit Slogans verzierten Bücher in die Kamera halten. Beim donaufestival soll die Aktion mit Performances, Interventionen und einem Buchstand präsentiert werden.

Ben Frost

Börkur Sigthorsson

Ben Frost verspricht ein Erlebnis wie in einem „Teilchenbeschleuniger“

Gesellschafts- und konsumkritisch wird es bei den aktionistischen Interventionen von Reverend Billy und seinem „Stop Shopping Choir“, während der US-Amerikaner Michael Portnoy mit „100 Big Entrances“ für Staunen sorgen möchte. Den Brückenschlag zur bildenden Kunst wagt man heuer u.a. mit der Schweizerin Pipilotti Rist, der bereits ab 22. März in der Kunsthalle Krems eine Ausstellung gewidmet ist. Sie wird zudem befreundete Künstler einladen, mit ihr in einer raumgreifenden Videoarbeit in der zentralen Halle zu performen.

Von Rock bis Elektronik

Musikalische Highlights des bis 2. Mai dauernden Festivals sind weiters Auftritte der kanadische Postrock-Band Godspeed You! Black Emperor, der US-Amerikanerin Liz Harris, die als Grouper zu melancholischen Klangreisen lädt, oder der experimentellen Rockband Battles. Der australische Singer-Songwriter Scott Matthew wird Songs seiner im März erscheinenden Platte „This Here Defeat“ vorstellen und mit Arca stattet das aktuelle Liebkind der Elektronikgemeinde Krems einen Besuch ab. Das vollständige Programm wird am 5. März bekannt gegeben.

Planningtorock

promo/Donaufestival

Die englische Performance-Künstlerin Planningtorock tritt am 1. Mai auf

Für den künstlerischen Leiter des Kremser Festivals, Tomas Zierhofer-Kin, ist es die vorletzte Ausgabe, bevor er 2016 auf Markus Hinterhäuser als Intendant der Wiener Festwochen folgt. Seit 2005 hat der gebürtige Salzburger in dem idyllischen Ort an der Donau Musik, Theater, Performance und Kunst auf eine neue Ebene gehoben und oft wegweisende Produktionen in die Schauplätze zwischen Messehallen und Minoritenkirche geholt. Die Latte für seinen Nachfolger liegt jedenfalls hoch.

Links: