Landestheater: Ironischer „Sommernachtstraum“

Mit einem Shakespeare’schen „Sommernachtstraum“ in der ironisch-klamaukigen, genderverspielten Inszenierung von Sebastian Schug hat das Landestheater Niederösterreich in St. Pölten seine neue Saison eröffnet.

Schon vor Beginn hocken Lysander (Jan Walter), Demetrius (Pascal Gross) und Flaut (Michael Scherff) bei geschlossenem Vorhang auf der Bühne und wippen zu trägem Stones-Sound vor sich hin. Nach einer Weile gesellt sich eine mit Fliegenpracker ausgerüstete maskuline Elfe (Helmut Wiesinger) hinzu, die mit Flügerln und blinkender Leuchtkrinoline wie eine zuckerlrosafarbene Biene Maja aussieht.

Landestheater Ein Sommernachtstraum

Alexi Pelekanos

Saisonauftakt im Landestheater Niederösterreich mit Elzemarieke de Vos, Lukas Spisser und Pascal Groß (v.l.)

Nach und nach kreuzt die restliche Belegschaft auf, und das Spiel kann beginnen: Auftrittsapplaus für Oberon (Lukas Spisser in weißen Knieschützern und mit schwarzer Langhaarperücke gibt ihn very sophisticated) und Titania (Marion Reiser).

Drogenzauber und Gendermix - aber kaum Poesie

Eine Zeitlang entwickelt sich die Geschichte sehr amüsant und witzig, und wenn es zu kippen droht, etwa als alle gemütvoll Dowlands „Come again, sweet love“ anstimmen, wird schnell die Ebene gewechselt. Hermia (Lisa Weidenmüller) und Helena (Swintha Gersthofer), die auf der Flucht auch gelegentlich zwischen den Zuschauerreihen hindurchturnt, liefern einander hübsche Zickenduelle, Elzemarieke de Vos als langbeinig-langmähnige(r) Puck(in) konterkariert gängige Erwartungen. Magdalena Helmig spielt den Squenz gleichsam als Hosenrolle, Tobias Voigt ist ein brillant linkischer Zettel, der als gesichtsmaskierter Esel mit aufgeschnalltem Plastikpimmel direkt aus dem Beate-Uhse-Shop ausstaffiert scheint.

Landestheater Ein Sommernachtstraum

Alexi Pelekanos

Shakespeares „Ein Sommernachtstraum“ mit Lisa Weidenmüller, Helmut Wiesinger und Jan Walter (v.l.)

Viel schräger Comedy-Humor und einige Anspielungen („Der Rest ist Schweigen“, zitiert Squenz in seiner ausgewalzten Sterbeszene als Thisbe Hamlet) sorgen für Heiterkeit, den Zauber, der diesem Sommernachtstraum doch auch innewohnen sollte, vermisst man hingegen fast zur Gänze. Schug weiß das offenbar. Warum sonst wäre der von Puck showreif präsentierte finale Song ausgerechnet „You need the drugs“ - als wäre die Herstellung magischer Atmosphäre nur als Abtauchen in den Rausch möglich.

Das Publikum hatte durchaus Spaß, der einigen Besuchern sogar zu weit ging, auf der Strecke blieb weitgehend die Poesie. Immerhin hat Bettina Hering ihre letzte Spielzeit als Intendantin in St. Pölten mit einer Produktion eingeleitet, die für Kontroversen gut geeignet ist.

Ewald Baringer, Austria Presse Agentur

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