Urteil gegen „Hakenkreuz-Opfer“ bestätigt

Das Oberlandesgericht hat am Montag das Ersturteil gegen einen Niederösterreicher bestätigt, der einen Überfall fingiert und sich selbst ein Hakenkreuz in die Brust geritzt haben soll. Der Mann und seine Frau blitzten mit der Berufung ab.

Mit der Entscheidung des Oberlandesgerichts bleibt es für den 53-Jährigen damit bei 18 Monaten, die ebenso bedingt nachgesehen werden wie die 20 Monate für seine 65-jährige Ehefrau wegen Verleumdung. Die beiden hatten Nichtigkeit und Berufung angemeldet und blieben bei der Darstellung, dass der Mann im Februar 2016 bei einem vorgetäuschten Verkehrsunfall angehalten, niedergeschlagen und schwer misshandelt worden sei - mehr dazu in Hakenkreuz in die Brust geritzt (noe.ORF.at; 19.2.2016). Diese Angaben hatten sich nach umfangreichen Ermittlungen der Polizei als falsch herausgestellt, wofür das Ehepaar im September des Vorjahres in Wiener Neustadt verurteilt wurde - mehr dazu in Überfall inszeniert: „Hakenkreuz-Opfer“ verurteilt (noe.ORF.at; 7.9.2016).

Opfer einer Hakenkreuzattacke

Sascha Trimmel

Mit diesen Verletzungen kam der 53-Jährige ins Krankenhaus. Er soll sie sich selbst zugefügt haben.

Der Rechtsbeistand der beiden unterstellte dem Landeskriminalamt einseitige Ermittlungen. Die Schuld seiner Mandanten hätte bei der Verhandlung nicht mit der nötigen Sicherheit festgestellt werden können. Der 53-Jährige sagte, sie hätten sich entschlossen, das Haus zu verkaufen, da sie „panische Angst“ hätten, da die Verantwortlichen für den Überfall nicht gefunden worden wären. Auch seinen Job habe er nach 34 Jahren ohne Abfertigung verloren. „Ich habe die Tat nicht begangen, wir sind fix und fertig“, sagt er. „Wir haben unsere ganze Existenz verloren“, beklagte sich auch seine Frau.

Indizien sprechen für Schuld des 53-Jährigen

Das Oberlandesgericht bestätigte ausdrücklich die Schlüssigkeit der Indizienkette. „Das Verfahren zeigt einen völlig sinnlosen Nachbarschaftsstreit und wozu Menschen fähig sind, wenn sich Hass entwickelt“, so der vorsitzende Richter in seiner Urteilsbegründung. Und: „Ich würde gerne, wie wohl auch das Erstgericht, gerne in die Hirnkasterln der Beteiligten sehen.“

Ausdrücklich würdigte er die Ermittlungsarbeit der Polizei, die in alle Richtungen ermittelt habe. Doch bald habe sich herausgestellt, dass sich der Sachverhalt nicht so abgespielt haben könne, wie es das angebliche Opfer geschildert habe. Punkt für Punkt wies das Oberlandesgericht in der Begründung auf die vielen Indizien hin, die für die Schuld des 53-Jährigen sprechen: Etwa, dass keiner jener Autofahrer die zur fraglichen Zeit am angeblichen Tatort vorbeifuhren, einen vorgetäuschten Unfall bemerkt hatten, sich dort auch keine andere DNA fand, dass von den Ärzten keine Kopfverletzung diagnostiziert wurde, die zu der angeblichen Ohnmacht geführt haben könnte. Dass die Schnittverletzungen sehr flach waren und nur dort waren, wo sie sich der 53-Jährige selbst zugefügt haben kann. Besonders schmerzhafte Stellen wurden dabei ausgelassen.

Auch mit dem Eigentum des angeblichen Opfers sei sehr sorgsam umgegangen worden. Für eine Einvernahme durch die Polizei hätte der 53-Jährige sich tagelang nicht gut gefühlt, für Interviews mit Medien jedoch sehr wohl. Und schließlich hätten sich die zur „Fesselung“ verwendeten speziellen Kabelbinder, die nicht frei im Handel erhältlich sind, an der Arbeitsstelle des Angeklagten gefunden.

Frau wegen Verleumdung verurteilt

Seine Ehefrau verdächtigte vor Gericht in ihrer Aussage unter Hinweis auf selbst Gehörtes die Nachbarn, mit denen das Ehepaar seit Jahren verfeindet ist. Die angeblich bei Gesprächen mitgehörten „Geständnisse“ seien jedoch erst Tage danach zur Sprache gebracht worden - und seien gar nicht getätigt worden, wie unbeteiligte Zeugen versichert hatten. Dafür wurde die Frau laut Oberlandesgericht zu Recht wegen Verleumdung und falscher Beweisaussage verurteilt.

Die Streitereien hatten 2012 begonnen: Als man vom Urlaub heimkehrte, waren Garten und Blumen vertrocknet - die Nachbarn hatten nicht wie versprochen gegossen. Es folgten Zivilstreitigkeiten, Anzeigen bei der Polizei, die Installation einer Alarmanlage - und ein angeblicher erster Überfall im Herbst 2015, bei dem der Schichtarbeiter nächtens vom Fahrrad gerissen und ihm ein Hakenkreuz in die Stirn geritzt worden sei. Der verdächtige Schwiegersohn des Nachbarn wurde bereits damals freigesprochen - mehr dazu in Hakenkreuz in die Stirn geritzt (noe.ORF.at; 15.10.2015).

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