Steigende Nachfrage nach Heimplätzen erwartet

Die Abschaffung des Pflegeregresses wird laut Schätzungen des Landes für eine stärkere Nachfrage nach Heimplätzen sorgen. Das vom Bund vorgesehene Geld werde für die Deckung der Zusatzkosten wohl nicht ausreichen, heißt es.

Derzeit leben 9.000 Menschen in den Landespflegeheimen. Je nach Betreuung variieren die Kosten dafür stark, im Durchschnitt liegen sie bei 3.800 Euro pro Monat. Bisher konnte das Land auf das Vermögen einer Person - also Immobilien oder Barvermögen - und deren Einkommen - etwa die Pension - bis zu einem gewissen Grad zugreifen. Auf ersteres, also das Vermögen, muss ab dem Jahr 2018 verzichtet werden - das legt der Beschluss fest, der vergangene Woche mit breiter Mehrheit im Nationalrat getroffen wurde.

Land: Kostenersatzgrenze wird nicht erreicht

Um die Zusatzkosten für die „Leidtragenden“ der Reform, also die Länder, abzudecken, sollen im Gegenzug österreichweit 100 Millionen Euro ausgezahlt werden. „Zu wenig“, sagt etwa Otto Huber, Leiter der niederösterreichischen Landespflegeheime, im Gespräch mit noe.ORF.at. „Wir haben uns das ausgerechnet. Mit Jahreswechsel 2018 erwarten wir Zusatzkosten von 21,7 Millionen Euro pro Jahr.“ Die zugesagten 100 Millionen Euro für alle Bundesländer würden wohl nicht ausreichen, so Huber: „Wenn man unseren Anteil im Bundesländervergleich rechnet, erreicht man damit diese Kostenersatzgrenze nicht.“

Hinzu kommt, dass Plätze in Pflegeheimen nun stärker nachgefragt werden könnten. Hier greift man auf Erfahrungswerte zurück, erklärt Soziallandesrätin Barbara Schwarz (ÖVP). Denn bereits nach der Abschaffung des Kinder- und Ehegattenregresses im Jahr 2008 sei die Nachfrage nach Heimplätzen um etwa 30 Prozent gestiegen. „Ich erwarte schon, dass sich auch jetzt viele Menschen eher dazu entscheiden, in stationäre Pflege zu gehen.“ Das betreffe vor allem jene Menschen, die stationäre Pflege derzeit bewusst nicht in Anspruch nehmen würden, um zu vermeiden, dass ihre Immobilien belastet werden könnten, so Schwarz.

Knappheit an Heimplätzen möglich

Eine weitere Herausforderung ist laut Schwarz jedenfalls die Zahl der vorhandenen Pflegeplätze in Niederösterreich. „Wir haben im Moment einige Plätze, aber nicht sehr viele. Wir werden schauen, wie wir damit umgehen.“ Schwarz spricht von einem „Problem, weil wir für den Neubau eines Pflegeheims mit einer Vorlaufzeit von etwa zwei Jahren rechnen müssen.“

Schwarz will jedenfalls über eine nachhaltige und endgültige Pflegefinanzierung verhandeln. Einiges wie zum Beispiel auch die genauen Auswirkungen auf laufende Verfahren, werde demnach erst besprochen, bestätigt auch Huber. Für ihn ist es „sehr überraschend, dass zuerst ein Gesetz beschlossen wird, und dann erst über die Auswirkungen diskutiert wird.“

Hilfsorganisationen grundsätzlich positiv gestimmt

Die Hilfsorganisationen Caritas, Hilfswerk, Volkshilfe und Diakonie begrüßen gegenüber noe.ORF.at die Abschaffung des Pflegeregresses als Entlastung der Pflegebedürftigen. Einig ist man sich auch darin, dass der Bedarf an Pflege weiter steigen wird.

Der Caritas fehlt in der Debatte allerdings noch eine konkrete Lösung der Gegenfinanzierung, während sich die Diakonie eine „solidarische Finanzierung eines neuen Pflegesystems“ wünscht. Niemand werde Pflege in Anspruch nehmen, wenn sie nicht erforderlich ist, heißt es seitens der Volkshilfe. Beim Hilfswerk schließlich würde man statt über die Kosten lieber über die Qualität der Pflege diskutieren.

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